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Die belgische Kunstlandschaft ist geprägt von den Strömungen der Avantgarde des 20. Jahrhunderts bis heute. In den 60er und 70er Jahren wurde Belgien, zusammen mit Teilen der Niederlande und dem deutschen Rheinland zu deren weltweit herausragenden Zentrum.

Antwerpens „Wide White Space“, gegründet von der Kuratorin und Kritikerin Anny de Decker und dem kürzlich verstorbenen Künstler Bernd Lohaus, die MTL Galerie von Fernand Spillemaeckers in Brüssel, der schließlich mit der bedeutenden Amsterdamer Konzeptkunst Galerie Art & Project zu einer Galerie mit Sitz in Antwerpen fusionierte, sowie Konrad Fischer und Alfred Schmela in Düsseldorf, Parnasse in Wuppertal, etc., waren sämtlich Galerien, die nicht nur mit Künstlern wie Broodthaers, Panamarenko, Buren und Beuys in Verbindung gebracht werden, sondern auch mit den amerikanischen Konzeptualisten von Carl Andre über Joseph Kosuth bis Sol LeWitt, die zu dieser Zeit in den USA noch kein Publikum hatten.

1969 wurde, nach einem Abendessen im Hause des Sammlers Hubert Peeters, in Antwerpen der Kunstraum A 37 90 89 gegründet, dessen Koordination Kaspar König oblag, und der Künstler wie Ben Vautier, Carl Andre, Joseph Kosuth, Marcel Broodthaers und James Lee Byars einlud. Anny De Decker zufolge hegten Isi Fiszman und James Lee Byars damals die Hoffnung, A 37 90 89 könne zu einem „Institut “ in der Nachfolge von Broodthaers „Musée d’Art Moderne Départment des Aigles“ werden.

A 37 90 89 erhielt regelmäßig Besuch der deutschen Künstlergruppe „Lidl“, gegründet von Jörg Immendorff und Chris Reinecke. „Lidl“ widmete sich „para-künstlerischen“ Aktivitäten wie Sport, was im Kontext der Olympischen Spiele in München 1972 als Parodie zu verstehen war. So organisierte Lidlsport beispielsweise ein Fußballspiel zwischen A 37 90 89 und „Lidl“, so wie ein Fahrradrennen von Brüssel nach Antwerpen.

Unsere Entscheidung, im Mai 2010 eine Filiale im belgischen Antwerpen (CN ANTWERP) zu eröffnen, war stark inspiriert von diesen Hintergründen, sowohl von ihrer ernsthaften, kreativen und pionierhaften, als auch von ihrer spielerischen Seite. Wir freuen uns daher sehr, dass die belgischen Künstler, deren Arbeiten Sie hier versammelt sehen – viele davon inzwischen Freunde – unserer Einladung nach Köln gefolgt sind.

Natürlich gibt es auch in Belgien keinen einheitlichen Stil in der Bildenden Kunst. In VON DORT AUS stehen figürliche Malerei, abstrakte Bilder, minimalistische Lichtarbeiten, fast verschwindende, fluoreszierende Wandmalerei, Objektkunst, gegenstandslose Skulptur und einiges mehr nebeneinander.

Im Eingangsbereich, der hervorragend gerahmt ist von einer Fenster- und Wandinstallation von Carla Arocha und Stéphane Schraenen, befindet sich, was man klassisch mit Belgien verbindet: Der flämische Katholizismus, bitterböse dargestellt von Jan van Imschoot. Memento Mori und Design lassen grüssen.

Vaast Colson baut einen "gotischen" Bogen, in dem unzählige leere Champagnerflasche stecken. Mittelalter trifft Partykultur. In Belgien ist es nicht unüblich immer wieder mit der modernen Straßenbahn um alte Kirchen und Gebäude herumzufahren.

Dahinter, in bester Manier des späten 19. Jahrhunderts, Gemälde von Karin Hannsen, die aber geselliges Leben in einem Feriencamp der 50er Jahre in den USA darstellen. Der Blick nach hinten wird durch einen Kautschukvorhang von Isabelle Copet unterbrochen, der arabeske Formen zeigt; im Untergeschoss hängt eine ähnliche Arbeit, die eine Brüsseler Spitzendecke darstellt. Daniel Dos Santos abstrakte Wandarbeiten, die Bezug nehmen auf den rheinischen Minimalismus eines Palermo oder Knoebel, leiten über zum zweiten Schwerpunkt der Ausstellung. Postminimalistische Positionen, zeitgenössische postavantgardistische Werke vom Feinsten.

Nur zwei Scheinwerfer ergeben ein dominantes, aber gleichzeitig zurückhaltendes farbiges Wandbild von Ann Veronika Janssens. Luc Tuymans leeres Dia auf einer Glasscheibe thematisiert eine Kernfrage, die nicht erst seit Günther Förgs frühen EUR Gelände Fotos existiert: die Leere. Wie geht man mit ihr um? Wie erträgt man sie?

Joëlle Tuerlinckx hat eine Wandmalerei für eine Ecke konzipiert. Eine Zaubertrankähnliche Mischung aus Leim, Pigmenten und diversen anderen "Giftstoffen" diente als Material. Daneben hängen Papierarbeiten nach gleichem Prinzip sowie die Titelseite der FAZ, die das Unglück des AKW in Fukushima zeigt: Leider walten auch hier ungeahnte Kräfte im Unsichtbaren.Die der elektronischen Musik nahestehenden Abstraktionen von Dennis Tyfus schließen den Raum mit einem Lächeln.

Im Untergeschoss befindet sich auch eines der Highlights der Ausstellung: ein frühes Bild von Luc Tuymans und eine Gruppe neuer Bilder von Walter Swennen, die von spielerischer Lockerheit sind.Ives Maes ist nicht nur der Meister des "aerodynamischen" Rahmens, sondern auch ein photographischer Chronist, der oft nach deren Ende der Vergessenheit anheim gegebenen Weltausstellungen der letzten 100 Jahre. Xavier Marys Skulpturen aus billigen Baumarkt Plastikverkleidungen könnten an die frühen Kartonskulpturen von Heimo Zobernig anknüpfen.

Wir wüschen Ihnen viel Vergnügen! Christian Nagel und Saskia Draxler

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VON DORT AUS
Nieuwe Kunst Uit Belgie Ii / Art Nouveau De La Belgique II