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Die am 24. Mai 2017 eröffnete Sammlungsausstellung in der Neuen Galerie Graz widmet sich einem unbestritten zeitlosen Unterfangen: Porträts gehören zu den ältesten Themen der bildenden Kunst und haben im Vergleich zu anderen künstlerischen Gattungen nie an Aktualität verloren. Besonders im Zeitalter von Facebook, Selfie und Co. gewinnt das Porträt an (neuer) Bedeutung. „In der Kunstgeschichte ist das Porträt allgegenwärtig, doch es hängt auch mit unserer ganz individuellen Lebenssituation zusammen. Mit der Ausstellung wird nicht nur an die porträtierten Persönlichkeiten die Frage gestellt: ‚Wer bist du?‘. Die Besucherinnen und Besucher werden beim Betrachten der Porträtkunst auch zur Reflexion über ihre eigenen Rollenverhalten im täglichen Leben angeregt“, sagt Kurator Günther Holler-Schuster, der die Ausstellung gemeinsam mit Kuratorin Gudrun Danzer, Neue-Galerie-Leiter Peter Peer sowie Joanneums-Direktor Wolfgang Muchitsch eröffnet hat.

Wer bist du? Porträts aus 200 Jahren präsentiert auf zwei Etagen rund 400 Werke, in 15 Themenbereichen geordnet. Viele der ausgestellten Arbeiten – von der Malerei über die Skulptur bis zur Grafik, zur Fotografie und zum Video – wurden seit Jahrzehnten nicht mehr, teils noch nie gezeigt. In der Ausstellung vertreten sind nun Arbeiten von national und international renommierten Künstlerinnen und Künstlern wie Tony Cragg, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Maria Lassnig, Roy Lichtenstein, Egon Schiele, Cindy Sherman oder Andy Warhol. „Die sehr aktive und intensive Zusammenarbeit der unterschiedlichen Abteilungen des Universalmuseums Joanneum haben diese umfangreiche Ausstellung erst ermöglicht“, freut sich Kuratorin Gudrun Danzer über die erfolgreiche Eröffnung. Das Ergebnis ist nun bis September 2017 in der Neuen Galerie Graz zu sehen.

Seit Menschen Bilder machen, zeichnen, malen oder formen sie auch Porträts – Bildnisse von ihren Mitmenschen und von sich selbst. Die neue Sammlungsausstellung der Neuen Galerie Graz hat sich die Aufgabe gestellt, unterschiedlichste Porträt- und Menschendarstellungen in einem Betrachtungszeitraum von über 200 Jahren auf ihre vielfältigen Bezüge sowie ihre kulturhistorischen und gesellschaftlichen Aussagen hin zu befragen. Ein Großteil der gezeigten Werke stammt aus der Sammlung der Neuen Galerie Graz. Darüber hinaus werden etliche Leihgaben ausgestellt, etwa von der Stadt Graz, der Karl-Franzens-Universität oder dem Grazer Rathaus. Die Namen der Künstler/innen reichen vom Lokalen bis zum Internationalen. Die bemerkenswerten großformatigen Gemälde und Druckgrafiken der amerikanischen Pop-Art, die 2016 als Schenkungen der Sammlung Suschnigg ins Haus kamen, sind nun erstmals zu sehen und bilden einen inhaltlichen Schwerpunkt der Ausstellung.

Verschränkung von Zeiten, Kunst und Alltäglichem In rund fünfzehn Sälen und dem Stiegenhaus des gründerzeitlichen Museums widmet sich die Ausstellung Themen wie dem Herrscher- und Adelsporträt, dem bürgerlichen und privaten Porträt, dem Standesporträt, der Verbindung von Porträt und Territorium, dem Künstler- und Selbstporträt, dem Masken- und Rollenspiel, dem Aufbrechen des geschlossenen Menschenbildes und dessen Segmentierung nach dem Zweiten Weltkrieg, der Auflösung des Bildes in Schrift, Sprache und digitale Daten, dem medialen und seriellen Porträt sowie dem interaktiven Porträt. „Der große Betrachtungszeitraum von über 200 Jahren ermöglicht es, gegenwärtige Phänomene historischen gegenüberzustellen und umgekehrt, wodurch sich ungeahnte Erkenntnismöglichkeiten ergeben“, führt Kurator Günther Holler-Schuster durch die neue Ausstellung. Kann Andy Warhols Red Lenin (1987) dem Bildnis des Grafen Saurau von Heinrich Füger (1797) neue Aussagen entlocken? Welche Gemeinsamkeiten und Gegensätze gibt es zwischen Josef Kriehubers Porträtlithografien der österreichischen Gesellschaft um 1850 und Andy Warhols Siebdruckserie Ladies and Gentlemen von 1975? Beim Besuch der Ausstellung treffen die Besucher/innen oft auf ungewohnte Kombinationen. Dabei wird klar, dass die Geschichte der Darstellung der Menschen letztlich auch die Geschichte ihrer selbst ist, die auf den Bildwerken auch durch Details wie Kleidung, Frisur, Schmuck usw. sichtbar wird. „In der Ausstellung ist die Verschränkung von Kunst und Alltag deutlich spürbar“, wie es Günther Holler-Schuster beschreibt.

Selbstdarstellung damals und heute
Die Schau, die insgesamt keiner linearen Chronologie folgt, sondern immer wieder bewusst eine Verschränkung von Zeiten anstrebt, spannt den Bogen von der klassischen Porträtkunst des 19. Jahrhunderts bis hin zur Gegenwart. Darüber hinaus ist jedes der gezeigten Werke mit einem eigenen QR-Code versehen, der die Besucher/innen zu den Biografien der porträtierten Persönlichkeiten führt. Unter dem Hashtag #museumsselfie sind die Besucher/innen dazu eingeladen, Selfies mit den ausgestellten Arbeiten auf der Foto-Plattform Instagram zu teilen. „Indem wir das omnipräsente Smartphone als Medium in die Ausstellung integrieren, möchten wir auch zum Nachdenken über Aspekte der Selbstwahrnehmung und Selbstdarstellung im Zeitalter der digitalen Medien anregen“, erklärt Gudrun Danzer. Wer bist du? Porträts aus 200 Jahren ermöglicht damit einen kritischen und intimen, aber vor allem einen frischen Blick auf das facettenreiche Genre der Porträtkunst.