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Die Galerie Biedermann präsentiert Arbeiten von fünf kalifornischen Künstlern. In einer Zeit der euphorischen Feier des Figurativen, der Gier nach Geschichten und der Überfülle zeigt die Ausstellung Bilder der Reduktion, der Ruhe, Bilder von emotionaler Aura und ästhetischer Schönheit, eine Malerei, die Raum gibt für Assoziation, Erzählung, Erinnerung im Kopf des Betrachters. In diesen Arbeiten erfüllt sich - jenseits des Zeitgeistes oder besser: ihn antizipierend! - in neuer Frische der Zusammenhang von Abstraktion und der Ungebundenheit des Geistes. Die Werke sind ausgewählt von Petra Giloy-Hirtz.

Hassel Smith: Als „West Coast underground legend“ gilt Hassel Smith (geboren 1915). Seit Mitte der vierziger bis Anfang der fünfziger Jahre ist er einer der einflussreichsten Lehrer an der California School of Art (heute San Francisco Art Institute), zusammen etwa mit Clyfford Still, Richard Diebenkorn und Gastprofessoren wie Mark Rothko oder Ad Reinhardt. In den sechziger Jahre geht Hassel Smith mit seiner Familie nach England, kehrt aber immer wieder nach Kalifornien zurück, als Gastdozent an die University of California in Berkeley, an die University of California in Los Angeles, in Davis oder an das San Francisco Art Institute. In Kalifornien sind auch seine wichtigsten Einzelausstellungen. Vertreten ist er in zahlreichen renommierten Sammlungen wie dem Los Angeles County Museum, dem San Francisco Museum of Modern Art, dem Whitney Museum New York oder der Tate Gallery London. So ist Hassel Smith bekannt – und zugleich merkwürdig ver-kannt, was offenkundig mit dem kulturellen Milieu der Westküste – im Gegensatz zu dem in New York zusammenhängt. In Europa (ausgenommen England) war seine Arbeit nie zu sehen.

Marcia Hafif „I think I can be considered a West Coast artist, if one wants. I don’t know if I am New York, Californian or European as far as that goes…”, sagt Marcia Hafif, die in Kalifornien geboren (1929) ist. Sie sucht die systematische Erneuerung der Malerei durch ein radikales Programm: Seit den siebziger Jahren begründet sie in Serien eine Ordnung der Malerei, wie ein Archiv nach Form, Farbe und Technik. From the Inventory heißt die Werkreihe, also: Bestandsaufnahme, Studium der Gattung. Das formale Experiment bringt Überraschendes hervor: bisher fünfzehn Serein, Malerei zwischen asketisch, spröd, dem Verschwinden des Individuellen und altmeisterlich pastos. Die Ausstellung zeigt Arbeiten aus der Serie Sea Garden, die aus der Kenntnis der Tradition der europäischen Malerei schöpfen, die das Licht einfangen und die Stimmungen, Eindrücke von den Spiegelungen des Sees, in feinen Pinselstrichen und Schraffierungen, die von ferne wie ein monochromes Objekt in zartem Ton anmuten und aus der Nähe die „vielen“ Farben offenbaren, Rot und Blau, Gelb und Weiß.

Lawrence Carroll Lawrence Carroll – in Australien geboren (1954), Teilnehmer der documenta IX in Kassel 1992, hat in Kalifornien studiert und lebt in Los Angeles, in New York und Venedig. Seine Arbeiten sind Malerei und Skulptur zugleich in reduzierten Formen und einfachen Materialien: rohes Holz, alte Planen, die Leinwände aus Stücken genäht, Öl und Wachs, die Farbe immer Weiß, ein gebrochenes, ja schmutziges Weiß. Sie sind gebaut wie Möbelstücke: Kästen, Kisten, Schachteln, gestapelte Bretter, Bänke - flach über dem Boden schwebend, aus der Wand ragend, auf der Erde liegend, in die Ecke gesetzt. Der Raum ist einbezogen. Sie wirken bescheiden in ihrer „Armut“, fragil, pur. Ihre Unvollkommenheit und Nicht-Perfektion, die merkwürdige Spannung von grob und verwundbar, von rein und verschmutzt, von Sorgfalt und Makel, all die Spuren der Zeit, als seien sie der Witterung und anderen Widrigkeiten des Lebens ausgesetzt, geben ihnen eine emotionale Aura und Wärme. Carrolls Arbeiten haben zu tun mit seiner Biographie, mit den Dingen, die er findet, die er benutzt und denen sich die Zeit einprägt, die er mit ihnen verbringt. Sie haben die „Komplexität eines Traumes“, wie er sagt – und: „go, make your own history!“

Mark Harrington Mark Harrington, 1952 in Kalifornien geboren, auch er knüpft an die Abstraktion der Moderne an und er erfrischt sie mit neuen Techniken, Farben und Materialien. Es ist eine konzeptuelle Arbeit, die sich im Rahmen einer klaren Ordnung entfaltet. Allen Bildern gemeinsam sind strukturale Gleichförmigkeit und die Wiederholung der Form: horizontale Linien und Diptychon – das heißt, jedes Bild erschafft seine Einheit aus zwei nebeneinander oder übereinander gefügten Teilen. Statt eines Pinsels ziehen Werkzeuge in einem aufwendigen Prozeß des Auftragens und Abschleifens Spuren in die Schichten von Farbe. So entstehen Bildtafeln raffinierter „Zeichnung“ in unverkennbarer Handschrift von kleinem bis monumentalem Format in außergewöhnlicher Farbigkeit.

Lucas Reiner Lucas Reiner, 1960 in Los Angeles geboren, wo er heute lebt und arbeitet, malt Bilder in Öl und Wachs auf Leinwand. Mit der „Los Angeles Tree“ Serie präsentiert er scheinbar „Reales“ – übrigens singulär in seinem Werk, das sonst ungegenständlich ist. In Sujet, Pinselstrich, Farbe und Licht sind diese Bilder den alten Meistern verwandt und haben doch nichts zu tun mit traditioneller Landschaftsmalerei. Es sind Bäume – einzeln wie Portraits – ohne den Erdboden und ohne den Horizont, wie sie der Künstler sie in der Großstadt wahrnimmt (und zunächst in einem Photo bannt): zurecht- gestutzt im Strom des Verkehrs, geschunden, von melancholischer Schönheit.

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