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Winfred Gaul zum 90. Geburtstag / Malerei als offenes System
17.05.2018 - 14.07.2018
Eröffnung am 17.05.2018 19:30 Uhr
Es spricht: Dr. Kuno Schlichtenmaier

Winfred Gaul von seiner Werkentwicklung her verstehen zu wollen, geht an seiner Intention vorbei. Zum einen war seine Hinwendung zur immer wieder totgesagten Malerei bereits eine Absage an Fortschritt oder Rückschritt. »Für mich … liegt die Faszination der Malerei … gerade in der Tatsache begründet, dass niemand mehr von ihr etwas Neues erwartet«, um den Überraschungsmoment auszukosten, mit dieser an sich innovativen Erkenntnis mitten in die Avantgarde zu platzen. Zum anderen unterstrich Gaul damit einen Freiheitsdrang, der ihn »innerhalb der Grenzen meines Mediums … wie ein Fisch im Wasser« fühlen ließ, um sich »der tödlichen Umarmung des Erfolgs sowie der Versklavung durch das eigene Image« entwinden zu können. In der Konsequenz besann sich der Proteus unter den modernen Künstlern auf die Grundelemente der Malerei, um seine Bildwelt stets neu zu erfinden: Zeichnung, Farbe, Malinstrument, Malgrund. Was in der Philosophie eines Karl Popper die Falsifikation als Methode war, galt auch für Winfred Gaul in seiner Infragestellung der Malerei als »vorläufiges Ergebnis«. Zufällig erschien Poppers »Logik der Forschung« (1934) 1959 in englischer Übersetzung, als Gaul sich vom Informel löste, um fortan jede Stilphase zu konterkarieren. Man kann dem Werk schrittweise folgen von prä-informellen Strukturen und dem Informel über die Wischbilder, Reduktionen, Farbmanuskripte und Überschreibungen (»poèmes-visibles«, »-découpés«) bis zu den Signal-/Verkehrsbildern, zum Hard Edge und zur Idee des »Recycling«, der »Zeichenmarkierungen« und »Farbmarkierungen«. Das verkennt aber die Lust am Neubeginn, das Spiel mit der Serie, das Anders-, Quer- und Nochmaldenken und vor allem: das Loblied auf die Malerei. »Schließlich«, so Gaul, bin ich nicht Künstler geworden, um mich und andere zu langweilen«. Die Galerie Schlichtenmaier zeigt das Werk Winfred Gauls in seiner Vielfalt, gemäß seinem Credo von der Malerei als einem offenen System.

Biografie
1928 geboren am 9. Juli in Düsseldorf
1948 Bildhauerlehre
1949–50 Studium der Kunstgeschichte und Germanistik an der Universität Köln
1950–53 Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart bei Willi Baumeister und Manfred Henninger
1953 Rückkehr nach Düsseldorf-Kaiserswerth; erster Paris-Aufenthalt
1955 eigenes Atelier; Anschluss an die Gruppe 53
1958 Preis des Kulturkreises Bundesverband der Deutschen Industrie
1959 Teilnahme an der documenta II
1961 Aufenthalt in Italien
1962 Aufenthalt in New York; an der Autobahn Mailand-Monza errichtet er seine ersten Verkehrszeichen
1963 QUIBB-Manifest
1964 Villa Romana-Preis, Florenz
1964–65 Gastdozent an der Staatlichen Kunstschule in Bremen
1965/66 Visiting Lecturer at Bath Academy and Regional College of Arts in Hull
1977 Teilnahme an der documenta 6
1984 das Land Nordrhein-Westfalen ernennt ihn zum Professor h.c.
1994 Verleihung des Lovis-Corinth-Preises
2003 gestorben am 3. Mai in Düsseldorf-Kaiserswerth