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Wolfgang Neumann (geb. 1977) ist ein konsekrierter Name im Bereich der Neuen deutschen Malerei. Seine Bildwelten entstehen aus dem Bewusstsein heraus, dass der mediale Bilderfluss in unserer Zeit unüberschaubar und für den Einzelnen schon gar nicht mehr kontrollierbar ist. Zugleich weiß der Künstler um den Einfluss der digitalen (Massen)Medien auf die tradierten Seh-Erfahrungen, die durch das Bildschirmsehen verändert oder gar in Frage gestellt werden.

Der Maler setzt dementsprechend in seinen überwiegend in Mischtechnik gefertigten Gemälden auf Irritation, welche sich dem Betrachter beim Anblick einer Kunst vermittelt, die ganz im Sinne tradierter Malerei über das Handwerk der Pinselführung auf den verlängerten Zeitakt und auf den Verzicht der Atemlosigkeit setzt, zugleich aber mit dem zeitaktuellen Monitor-Blick kokettiert.

Im abwechselnd eng und großzügig monumental raumgewährenden Rahmen der Bilder von Wolfgang Neumann finden sich Gestalten aus der Geschichte, aus dem politischen Zeitgeschehen oder aber sie sind aus vorgefundenem Medien-Bildmaterial inspiriert. Andere wiederum entspringen Neumann’schen Traumwelten und kommen in antithetischem Habitus zu den medialen Klischeefiguren daher. Die Figuren stehen oder reihen sich registerartig neben- beziehungsweise übereinander im Bildraum. Manchmal sind sie in fragmentarische Handlungs- oder aber eigenwillige Gesinnungs-Zusammenhänge („Superheld“ Obama und Antiheld Goebbels) eingebunden. Dann wiederum bleiben sie in ekstatischer Selbstbezogenheit isoliert oder aber sie verharren als „nietnagle Minusgestalten“ (Neumann) verfangen in einer Zufallsvernetzung. Dazwischen wimmelt es von klischeehaften, mal mehr oder minder auffälligen Verweiszeichen – Tarnanzug, Facebook-Icon, Totenkopf à la Mister Burns –, welche beim Betrachter ein vielfältiges gedankliches Andocken erlauben und dazu auffordern, das Gemälde auch mal nur spielerisch zu interpretieren.

Neumanns Haltung ist hauptsächlich der Ironie, unterfüttert von Trash und Skurrilität, verpflichtet. Aus dem Blickwinkel ironischer Abstandshaltung ist auch für den Betrachter die Entfernungsbeobachtung möglich, welche ihm die Realität im Zerrspiegel ästhetischer Reflexion wahrzunehmen erlaubt – ein künstlerischer Standpunkt der „sehr ernst gemeinten Realitätsver(un)sicherung im virtuellen Zeitalter.“

Neumann bewegt sich malerisch-stilistisch im weitgesteckten Rahmen zwischen figurativem Realismus und Surrealismus mit Anleihen aus Comic und amerikanischer Post-Pop-Moderne.

Ein mannigfaltiges, mit dem Pinsel in kraftstrotzenden Farben aufgewirbeltes visuelles Vokabular aus den unterschiedlichsten Bereichen des Realen und Medial-Virtuellen, das selten frei von Störungen und „logischem Schalten“ ins Bild gefügt ist, vermittelt in der Ausstellung eine fabulös eigensinnige Welterkundung , die ob ihrer Skurrilität und provokativer Nur-scheinbar-Leerlauf-Logik in heutiger Zeit doch seltsam vertraut daherkommt.

Irmgard Sedler

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Wolfgang Neumann
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