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Der Kolibri ist der einzige Vogel, der nicht nur vorwärts, sondern auch rückwärts und seitwärts fliegen kann. Während der Nahrungsaufnahme fliegt er auf der Stelle. Zwei Arbeiten in Wolfgang Stahrs Ausstellung zeigen die beiden Phasen eines Flügelschlags, der mit bis zu 50 Mal pro Sekunde mit bloßem Auge nicht zu erkennen ist. Die Fotografie überwindet die Trägheit des Auges, sie hält die Zeit an und macht die Flügel sichtbar. Wolfgang Stahr hat mit normaler Brennweite fotografiert, der Abstand zu den Vögeln ist damit nicht perspektivisch verkürzt. Die Vogelbilder seiner neuen Serie sind keine klassischen Tierportraits. Die beiden Fotografien eines fliegenden Kolibris bilden vielmehr den Ausgangspunkt einer Serie, die das Wesen der Fotografie, sowie unsere Vorstellungen von Exotik und Wildnis zum Inhalt hat.

Dies beweisen auch zwei andere Arbeiten der Ausstellung: „Birds“ und „Hummingbirds“. Beide nehmen das Thema auf andere Art wieder auf. „Birds“ zeigt ein Schild, eine Art Wegweiser zu den Vögeln. Über das fotografische Bild wird ein Widerspruch zwischen der Freiheit der „wilden“, nicht zähmbaren Tiere und der rigiden Form des Pfeils aufgeworfen, der eine eindeutige Richtung vorzugeben scheint, aber – abhängig von der jeweiligen Perspektive – ebenso nach links wie nach oben zeigen könnte. „Hummingbirds“ verweist auf die Aktualität der Sehnsüchte, die mit der seltenen Vogelart verknüpft sind. Das fotografierte Kolibri-Plakat erinnert in Anmutung und Farbigkeit eher an paradiesische Fantasien der 1960er Jahre obwohl eindeutig das Jahr 2010 zu lesen ist. Weniger farbenprächtig ist die optische Erscheinung der tropischen „Blackbirds“ (dt.: Amsel). Sie ähneln eher Staren als der europäischen Amsel. Die Nähe zu Menschen macht ihnen nichts aus, sie suchen sie sogar und lassen sich auf den Handel „Futter gegen Foto“ ein.

Hummingbirds, Blackbirds – das klingt verheißungsvoll nach Liebe, Romantik, Exotik, nach einem Versprechen von handzahmer Wildnis. Als einen weiteren Projektionsort für Fantasien kann man auch die Übersichtsaufnahmen der Landschaften lesen, der natürlichen Lebensräume der Vögel. Unzählige Exemplare müssen sich im Bild befinden, sichtbar sind sie nicht.

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Wolfgang Stahr
BIRDS
Raum für Freunde im Kunstverein Wolfsburg