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Wenn die Tatsachen mit der Theorie nicht übereinstimmen – umso schlimmer für die Tatsachen! lautet eine Aussage, die Hegel zugeschrieben wird. Das Misstrauen gegenüber Darstellungen von Wirklichkeit ist so alt wie die Geschichte der Moderne. Dennoch haben Verschwörungstheorien und konkurrierende Lesarten politischer Vorgänge seit dem 11. September 2001 eine neue Hochkonjunktur erfahren. Vermutungen, Schuldzuweisungen, Fiktionen und Fakten bildeten im Winter 2001 ein besonders aufgeheiztes Klima, welches ausschlaggebend für die Entscheidung war, diesem Thema eine Ausstellung zu widmen. Angesichts einer Überfülle an Information scheint der Einzelne mehr denn je darauf angewiesen, sich aus dem Spektrum medialer Angebote eigenständig ein kohärentes Weltbild zu destillieren. In der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst in Berlin versammelte ein kuratorisches Team (Rainer Kamlah, Astrid S. Klein, Christiane Mennicke, Michaela Schweiger, Annette Weisser) 12 künstlerische Positionen, die sich dieser Herausforderung auf unterschiedliche Weise stellen. Gemeinsam ist den Arbeiten der Wunsch, „hinter die medialen Fassaden der gegenwärtigen (westlichen) Gesellschaften zu blicken und die Kraft der Subjektivität gegen die Netzwerke der Macht in Stellung zu bringen.“

Die Ausstellung präsentiert spektakuläre Arbeiten wie auch leisere Zwischentöne: „Bis auf weitere gute Zusammenarbeit“, eine Arbeit von Cornelia Schleime aus dem Jahr 1993, die auf ihren eigenen Stasi-Akten basiert, wird erstmals in Dresden gezeigt, während Anke Limprechts „Lehrfilm zur Rekonstruktion von Stasi-Akten“ die mühsame Arbeit des Wiederzusammensetzens zerstörten Aktenmaterials zeigt. Die Dresdner Künstlerin Ulrike Gärtner hingegen geht den Spuren eines Doppelagenten der fünfziger Jahre nach und verwebt seine Geschichte mit dem historischen Schmuggel und der Einwanderung von Seidenraupen.

Erstmals in Dresden gezeigt wird u. a. auch die ursprünglich als Wettbewerbseitrag für den Seetor-Wettbewerb in Dresden entwickelte und erstmals auf der Frieze Art Fair in London präsentierte „Public Fountain LSD Hall“ von Klaus Weber, ein öffentlich zugänglicher Brunnen, in dem mit homeöpathischen LSD versetztes Wasser sprudelt und Alexandra Mirs „First Woman on the Moon“: Sie zeigt die „erste Frau auf dem Mond“, eine Videoarbeit, die nicht nur die erste Mondlandung durch die US-Amerikaner in Frage stellt, sondern auch den Mythos Raumfahrt mit eigenen Bildfindungen unterwandert.

In der erweiterten Fassung – expanded version – der Ausstellung in Dresden stoßen 11 KünstlerInnen und Künstler hinzu: War der Berliner Teil dominiert von der Auseinandersetzung mit US-amerikanischen Positionen, eröffnet die Dresdner Ausstellung eine Perspektive auf weitere aktuelle und historische Phänomene von Geheimhaltung und medialer Sichtbarkeit, unter anderem im ehemals geteilten Deutschland.

Die Ausstellung präsentiert auch neue Arbeiten der KünstlerInnen aus dem kuratorischen Team der „World Watchers“, ebenso wie einen Beitrag von STAFETA, einem Projekt junger KünstlerInnen im Kunsthaus.

Der bereits erschienene Katalog mit Beiträgen von Sianne Ngai, Stephan Gregory, Eva Schmidt u.a. wird um eine Dokumentation der in Dresden präsentierten Arbeiten erweitert. Pressetext

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World Watchers - Demokratie.Information.Subjekte
expanded version
Kooperation: Kunsthaus Dresden; NGBK Berlin

Künstler: David Hulfish Bailey, Julie Becker, Eberhard Bosslet, Alice Creischer, Öyvind Fahlström, Katja Fredriksen / Sebastian Poerschke, Ulrike Gärtner, Jana Gunstheimer (STAFETA ), Helgard Haug, Eva Hertzsch / Adam Page, Darius James, Rainer Kamlah, Ben Katchor, Astrid S. Klein, Anke Limprecht, Mark Lombardi, Aleksandra Mir, Henrik Olesen, D. A. Pennebaker, Cornelia Schleime, Michaela Schweiger, Klaus Weber, Annette Weisser