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In ihren Videoinstallationen setzt sich die israelische Künstlerin Yael Bartana (geb. 1970) mit dem Verhältnis von Individuum und Gesellschaft auseinander. Eine signifikante Rolle spielen in diesem Zusammenhang ihre Herkunft und die spezifische politische Situation in der Region ihrer Heimat. Dabei können einzelne Ereignisse des Nahostkonflikts Ausgangspunkte ihrer Arbeiten sein (wie z.B. die Evakuierung der Gilad-Kolonie als Referenz für ihre Projektion Wild Seeds). Aber auch die tagtägliche Präsenz der teilweise bürgerkriegs-ähnlichen Verhältnisse ist als Subtext in vielen Aufnahmen der Künstlerin gegenwärtig. Häufig sind es die latent schwelenden Aggressionen wie in Low Relief II – eine gemeinsame Demonstration von israelischen und palästinensischen Jugendlichen und deren zum Zeitpunkt der Aufnahmen noch eher friedlichen Interaktionen mit den Soldaten –, die ihren Videos eine eigenartige Spannung verleihen. Weiter gilt Yael Bartanas besonderes Interesse den Mechanismen staatlicher, religiöser und anderer sozial bedingter Ausnahmezustände, wie sie sich etwa in Gedenk-, Fest- und Feiertagen manifestieren. “Staatlich organisierte Gedenkveranstaltungen, Zeremonien und militärische Feiern definieren die Tradition und prägen die nationale Identität. Sie sind wirkungsvolle und deshalb gefährliche Phänomene, die Muster der Loyalität und der Unwissenheit erhalten. Mich interessiert die Dynamik des Staates, der eine bestimmte Anschauung diktiert, und des Individuums, das sich zu ihr bekennt.“ (Yael Bartana)

Ein eindringliches Beispiel hierfür ist ihre Arbeit Trembling Time, die von einer Autobahnüberführung in Tel Aviv am Gedenktag für Gefallene der israelischen Kriege gedreht wurde. Beim Ertönen der Sirenen kommt der gesamte Verkehr zum Erliegen und die Menschen steigen für die Dauer einer Schweigeminute aus ihren Autos. Trotz der Sachlichkeit, die nicht zuletzt durch die statische Kameraeinstellung erzeugt wird, wirkt die gesamte Szenerie gespenstisch. Durch einfache Verfahren wie Zeitlupe und Überblendungen sowie dem suggestiven Einsatz von Ton gelingt es Yael Bartana, die bedrückende Stimmung des Moments noch zu steigern. Dies gilt auch für viele andere ihrer Videos, die auf den ersten Blick wie soziologische Studien wirken und erst bei näherem Betrachten verdeutlichen, wie die Künstlerin durch die Wahl des Ausschnitts, besonderer Blickwinkel und der Wiederholung einzelner Szenen eine sehr subjektive Atmosphäre erzeugt.

Obwohl Yael Bartana an vielen internationalen Gruppenausstellungen und Biennalen teilgenommen hat, ist die Ausstellung im Kunstverein ihre erste umfassende Einzelausstellung in Deutschland, die einen repräsentativen Überblick über ihre bisherigen Arbeiten gibt.

Die Reihe wird ermöglicht durch die Sparda-Bank Hamburg, Kooperationspartner des Kunstvereins.

Von April bis November werden für die Präsentations- und Veranstaltungsreihe Drei Geschäfte. Mode, Bücher & Musik ein Modegeschäft aus Köln, ein Buchladen aus Berlin und Musikfachleute aus Hamburg im Erdgeschoss des Kunstvereins jeweils für mehrere Wochen einen Mode-, Buch- und Plattenladen installieren. Dabei werden folgende inhaltliche Fragestellungen fokussiert: Wie verändert sich die Präsentation und Vermittlungsform der Betreiber durch die Kontextverschiebung von einem Geschäft zu einem Ausstellungsraum? Wie reagieren die Eingeladenen auf die räumlichen und institutionellen Vorgaben des Kunstvereins? Was hat es auf sich mit dem wechselseitigen Interesse von Kunst, Theorie, Mode und Musik? Wo liegen die Unterschiede in Produktion, Präsentation und Distribution? Lassen sich die ideellen und wirtschaftlichen Ökonomien dieser Bereiche vergleichen? Bei allen drei Geschäften steht dabei die diskursive Distribution ihrer “Waren“ im Vordergrund.

Nach dem Modegeschäft “Heimat“, das von Anfang April bis Ende Mai den Auftakt der Reihe bildete, hat nun der Berliner Buchladen, Verlag und Veranstaltungsort “b_books“ eine Dependance auf Zeit im Kunstverein eingerichtet:

b_books empfiehlt: - Kollektivität under THE influence: melodramatische Autopoiesis - Leben wie in Büchern und Filmen Just-in-Time - Filmen wie im Leben und Bücher Gegen-die-Zeit - verkaufen – machen – konsumieren

Der Laden b_books existiert in Berlin mittlerweile seit zehn Jahren. Eine gewisse Lust am Text und Erfahrungen mit kollektiver künstlerisch-politischer Arbeit (minimal club, A.N.Y.P., Klasse Zwei, InnenstadtAKTIONEN, A-Clip, Zigaretten Rauchen) haben letztlich zu einer Form geführt, die einen spezialisierten, an den eigenen Interessen orientierten Buchladen, einen Verlag/Vertrieb (b_books) und einen Veranstaltungsraum (montagsPRAXIS) miteinander verbindet. Ökonomisch sind die Arbeitsfelder eng verknüpft und bilden einen sozialen Raum, der sich in verschieden Konstellationen temporär mit dem Kunstbereich, politischen Projekten und Orten wie der Volksbühne, dem Arsenal und Eiszeit Kino kurz schließt. Die Veranstaltungsreihe montagsPRAXIS umfasst Filmvorführungen, Lesungen und Diskussionen und hat meist einen improvisierten Charakter. Im Oktober 2002 hat b_books das einwöchige Filmfestival PRIME TIMEdéclassement organisiert und sich in letzter Zeit verstärkt mit der Produktion von Filmen beschäftigt.

Pressetext

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Yael Bartana
DREI GESCHÄFTE. MODE, BÜCHER & MUSIK
2. Bücher: b_books, Berlin