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„Zero ist die Stille. Zero ist der Anfang.“ (aus dem Zero-Manifest, 1963)

Mit der Ausstellung ZEROplus vereint die Berliner Galerie 401contemporary künstlerische Positionen, die im Geist der Zero-Bewegung entstanden sind. Idee der Ausstellung ist ein generationsübergreifender Dialog: Klassische Arbeiten des Zero-Mitbegründers Otto Piene und des dem Zero-Umfeld entstammenden Adolf Luther stehen dabei reduziert-poetischen resp. ironisch-konzeptuellen Werken von Künstlern der mittleren Generation – Jakob Mattner und Fritz Balthaus - sowie jüngeren Statements von Zilvinas Kempinas und Jonas Burkhalter gegenüber.

Die ZERO-Bewegung bildete sich Ende der 50er-Jahre um Heinz Mack, Otto Piene und Günther Uecker in Düsseldorf und dauerte offiziell bis 1966 an. Sie revolutionierte die Kunst der Nachkriegszeit mit einer neuen, puristischen Bild- und Formensprache: Serielle Bildordnungen, vibrierende Lichtstrukturen, monochrome Flächen und dynamische Raumkonstruktionen lösten die traditionelle Komposition ab. In Verbindung mit einer internationalen Avantgarde um Yves Klein und Piero Manzoni markierte ZERO einen künstlerischen Nullpunkt und Neubeginn, der mit der vorherrschenden expressiven Gestik informeller Malerei radikal brach. Als Gestaltungsmittel verwendeten die Künstler nicht nur Farbe,sondern Feuer, Wasser, Licht und Rauch sowie technische und industrielle Werkstoffe wie Nägel,Aluminiumplatten, Glas, Spiegel und Leuchtkörper. ZERO verkörperte einen Zeitgeist, der der modernen Wirklichkeit gerecht werden und eine neue Lebensnähe ausdrücken sollte. ZERO hat damit einen wesentlichen Beitrag zu parallelen und späteren künstlerischen Entwicklungen geleistet und ist gerade in den letzten Jahren wieder verstärkt in das Blickfeld junger Künstler gerückt.

Otto Piene (geb. 1928) thematisiert mit seinen Rauchzeichnungen, Raster- und Feuerbildern, Lichtballetten und Sky-Events Licht, Raum und Bewegung. Natur, Kunst und Technik werden dabei miteinander verschmolzen. Für seine Rauchzeichnungen ließ Piene Ruß von Kerzen durch ein Raster auf Papier dringen, um Licht und Dunkel zu versinnbildlichen.

„In allen meinen Arbeiten werden einfache Naturkräfte artikuliert. Meine Sensibilität und mein Bewusstsein bilden den Filter, durch den hindurch die Elemente wirken. (…) Nicht Reflexe des Banalen, sondern Wünsche und Visionen eines universellen Lebensgefühls, das die Gegenwart mir eingibt, projizieren meine Bilder und Objekte. Sie konnten in der Zone Zero reifen. Jetzt nehmen sie Gestalt an und bekunden einen NEUEN IDEALISMUS.“ (Otto Piene, 1963)

Adolf Luther (1912-90) gehört zu den radikalen Vertretern der Lichtkunst der 60er-Jahre. Mit seinen gläsernen Lichtschleusen und Hohlspiegelobjekten thematisierte er Licht als Energie im Raum, als Gegensatz zur materiellen Welt – eine Erscheinung, die den Bereich zwischen Bildobjekt und Betrachter einnimmt und an keinen Bildträger fixiert ist. Im Gegensatz zu ZERO verstand er Licht nicht als ästhetisches Phänomen, sondern als Voraussetzung für Sichtbarkeit. Ein leerer Raum war für ihn nicht als leer, sondern besetzt mit Licht, das er durch Rauch, Glas und Spiegel aufzeigte.

„Meine Objekte wollen raumgreifend sein, im Raume stattfinden, Teil des Raumes sein, ihn artikulieren und aktualisieren (…). Um die Aktualisierung des Raumes zu bewerkstelligen, waren Raum-Medien zu entwickeln. Sie durften nicht mehr der Formenwelt angehören. (…) Diese Bedingung erfüllt nur ein unstoffliches, materieloses Medium, also Energie. Also Licht. (…) Die Untersuchungen an der Auffindung geeigneter Hilfsmedien zu seiner Sichtbarmachung haben meine Aktivität bestimmt.“(Adolf Luther, 1971)

Jakob Mattner (geb. 1946) schafft Skulpturen, die sich allein aus Licht und Schatten zusammensetzen.Fragile, geometrisch geformte Glasscheiben sind auf Augenhöhe an der Wand fixiert. Durch deren Beleuchtung entstehen immaterielle, planetarisch anmutende Lichtkompositionen, die an das Vokabular des russischen Konstruktivismus erinnern. Die Flüchtigkeit dieser Erscheinungen verleiht ihnen eine kosmisch-poetische Dimension.

„Einige meiner Arbeiten sind so gemacht, dass sie die Strukturen unserer Welt verlassen und universale Strukturen aufzeigen. Die universale Struktur wird zum Inhalt des Bildes.“ (Jakob Mattner, 2005)

Fritz Balthaus (geb. 1952) arbeitet mit Raum und Licht, um Wahrnehmungsprozesse offenzulegen. Mal analytisch-präzise, mal ironisch leichthändig deckt Balthaus mediale Mechanismen auf, mit denen Dinge als Bilder zur Erscheinung gebracht werden. So versucht ein Autofokus-Projektor vergeblich, ein diagerahmtes Stück Luftpolsterfolie scharfzustellen und produziert dabei – angesichts der dreidimensionalen Form – doch nur immer wieder ein neues, unscharfes Bild.

Der litauische Künstler Zilvinas Kempinas (geb. 1969) verwandelt mit minimalen Mitteln Räume in poetische Energiefelder. Seine seriell angeordneten geometrischen Strukturen aus Magnetband oder Silbernadeln werden durch Licht und Bewegung künstlicher oder natürlicher Art dynamisiert – ein Effekt, den der Betrachter durch das Umwandern der Skulpturen noch erhöht. Kempinas‘ abstrakte Formationen, die an die Wahrnehmungsexperimente von Op Art und kinetischer Kunst erinnern, spielen trotz ihrer visuellen Reduktion mit Naturerscheinungen wie Wind, Sonne oder Regen.

„Der Wind der Ventilatoren ist ein unsichtbares Element, aber man fühlt es mit seinem ganzen Körper im Raum. Man begreift sofort, dass der Wind der Ventilatoren die Skulptur trägt. Es ist kein Sockel, keine Schnur, kein Seil, noch nicht mal ein Boden – sondern ein unsichtbares Material. (…)Ich Illusionen und dekonstruiere sie zugleich.“ (Zilvinas Kempinas, 2008) Der Schweizer Künstler Jonas Burkhalter (geb. 1983) beschäftigt sich mit Raumbedingungen und der Umkehrung von Zwei- und Dreidimensionalität. Für seine Arbeit „Ohne Titel“ (2006) grundierte er eine Leinwand zunächst, um darauf zu malen – entschied sich dann aber dafür, sie zu vakuumieren, so dass sie in den Hohlaum des Keilrahmens gedrückt wurde: In der Tradition Lucio Fontanas verweist die Leinwand so auf den Raum hinter dem Bild und wird zum dreidimensionalen Objekt.

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ZEROplus
Kuratoren: Gesine Borcherdt, Ralf Hänsel

Künstler: Otto Piene, Adolf Luther, Jakob Mattner, Fritz Balthaus, Zilvinas Kempinas, Jonas Burkhalter