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Zum Gesamtprojekt

Die Skulptur-Biennale Münsterland - Kreis Borken 2005 zeigt Skulpturen und Projekte zum Thema „Latente Historie -Verborgene Geschichte“. Die Künstler setzen sich dabei in ihren Arbeiten mit öffentlich zugänglichen Orten und/oder Ereignissen auseinander, die historisch zwar wichtig sind, deren Bedeutsamkeit aber kaum mehr im Bewusstsein der Menschen ist. Ein Ziel der Biennale in Borken ist es, mit künstlerischen Mitteln diese Orte und Ereignisse zu thematisieren. Folglich geht es um künstlerische Fragestellungen und Akzentuierungen, nicht um eine Illustrierung von Geschehnissen oder eine denkmalartige Verortung von Gebäuden und Plätzen. Ein weiteres Ziel ist es, aktuelle Positionen der zeitgenössischen Kunst im öffentlichen, zumeist landschaftlich geprägten Raum vorzustellen. Acht Städte und Gemeinden aus dem gesamten Kreis Borken nehmen an der Biennale im Kreis Borken teil: Ahaus, Borken, Gronau, Reken, Schöppingen, Stadtlohn, Velen und Vreden.

Die endgültige Auswahl der für die "Skulptur-Biennale Münsterland 2005 - Kreis Borken" tatsächlich zu verwirklichenden Kunstwerke fand durch das mit namhaften Fachvertretern besetzte Kuratorium der Biennale statt. Die Jury hat schließlich insgesamt 15 Projekte ausgewählt, die bis zur Eröffnung der Biennale am Sonntag, 28. August 2005 realisiert wurden. Hauptkriterium für den Juryentscheid des Kuratoriums war die herausragende künstlerische Qualität unter Beachtung der besonderen Themenvorgabe. (Zu den Gremien gehörten u.a. Prof. Dr. Frank Günter Zehnder, Prof. Timm Ulrichs, Dr. Hermann Arnhold, Dusan Brozman, Prof. Marianne Eigenheer, Lily van Ginneken, Prof. Dr. Richard Hoppe-Sailer, drs. Ron Manheim, Martina Siegwolf, Dr. Josef Spiegel, Prof. Dr. Ferdinand Ullrich) Die ausgesuchten Projekte verstehen sich als schlüssige und überzeugende Verbindung von künstlerischer Arbeit und der „verborgenen Geschichte“ in einem gestalteten Landschaftsraum. Ein zusammenfassender Überblick wurde am Ende der Einzelauswahl vorgenommen, um unterschiedliche künstlerische Positionen zu einem stimmigen Ausstellungsgesamtbild zusammenzufassen.

Die für die Biennale im Kreis Borken realisierten Arbeiten reichen von integrierten Skulptur-Medien-Projekten und reorganisierende Landschaftsarbeiten bis zu eher konzeptionell orientierten Werken. Reflektiert werden damit wichtige zeitgenössische Positionen des erweiterten aktuellen Skulpturbegriffes. Neben Künstlern aus der gesamten Bundesrepublik Deutschland sind Künstler aus den Niederlanden, Japan, Irak und Bosnien-Herzegowina vertreten.

Der Katalog erscheint zur Eröffnung im Verlag Dumont, Köln. Die Katalogtexte zu den einzelnen Künstlern und zum Gesamtprojekt stammen von: Renate Puvogel, Marcus Lütkemeyer, Matthias Reichelt, Dr. Gregor Jansen, Andrea Hoffmann, Burkhard Spinnen, Christoph Tannert, Dr. Josef Spiegel, Thomas Mense, Dr. Katja Blomberg, Dr. Michael Fehr, Dr. Sabine Maria Schmidt, Prof. Dr. Ferdinand Ullrich, Prof. Dr. Pierangelo Maset, Prof. Jürgen Claus, Dr. Stefan Rasche und Prof. Dr. Frank Günter Zehnder.

Künstler und Standorte der Skulpturen:

Mohamed Abdulla - *1965 Bagdad, lebt in Maastricht. Latente Historie - Latente Skulpturen (Verschiedene, teilweise wechselnde Standorte: Ahaus, Borken, Schöppingen, Gronau, Vreden)

In der Vergangenheit wurden viele Skulpturen und Kleindenkmäler in Region zerstört oder umgesiedelt. Viele von ihnen gelten heute als verschollen. Die Erinnerung an sie verblasst, da oft lediglich nur noch leere Sockel oder Bildstöcke mit Fragmenten vorhanden sind. In seinem Projekt „Latente Historie – Latente Skulpturen“ hat Mohammed Abdulla zunächst die Geschichten solcher Skulpturen gesammelt. Vor dem Hintergrund dieser – vielfach nur mündlich überlieferten – Historie hat der Künstler neue Skulpturen entwickelt, die nun an den Standorten der Fragmente oder Restsockel zusammen mit diesen aufgestellt sind. Die neu entstandenen Skulpturen sollen im Laufe der Zeit untereinander ausgetauscht werden. So kann sich ein gesamter Reigen neuer Skulpturen an mehreren geschichtlich überlieferten Standorten im Kreis Borken entfalten.

Markus Ambach: - *1963 Darmstadt, lebt in Düsseldorf. park.bahnhof.reken (Reken Alter Bahnhof)

Die Arbeit besteht aus der strukturellen Umbildung des gesamten Gebietes um den historischen "Bahnhof Reken" in Form eines informellen Landschaftsparks. Sie setzt die hervorstechende Entstehungsgeschichte des Ortes landschaftlich in Szene. Das Projekt thematisiert den Zwischen-Ort in dem Siedlungsareal zwischen Stadt und Randgebiet, Fabrik und Wohnsiedlung und die durch die Ansiedlung der Fabrik ausgelöste ungewöhnliche Abwanderung aus der Stadt an den Rand der Stadt. Es entsteht mit „park.bahnhof.reken“ ein neuer so genannter „Passagen- und Interimsraum“ als lebendiges Denkmal. Das Projekt zeigt neben der spezifisch erfahrbaren Geschichte, die es aus dem Raum des zeitweise Brachliegenden für eine gewisse Zeit herausschält, beispielhaft auch alternative Nutzungsmöglichkeiten im stadtplanerischen Umgang mit historischen, rück gebauten Flächen auf.

Danica Dakic - *1962 in Sarajevo, lebt in Düsseldorf. Bon Accord: 37°C (Schöppingen Schöppinger Berg Bergparkplatz am Engelstandbild)

Eine runde Skulptur aus schwarzem Granit wird mit umweltfreundlichem Strom konstant auf Körpertemperatur von 37° C erwärmt. Sie dient als öffentliche Sitzplattform und ist auf dem „Schöppinger Berg“ in der Nähe des dort zu findenden Engelsstandbildes platziert. Die Skulptur bezieht sich in allen künstlerischen Bestimmungsgrößen - Material, Form, Umgebung und Konzept - auf die direkte kulturlandschaftliche Umgebung, in der sie ihren Standort hat. Der Name des Granits ist „Bon Accord“ („Guter Einklang“). Der besondere Standort der Skulptur am höchsten Punkt der Region wurde ausdrücklich gewählt, um die Perspektiven von Landschaft, Ökologie, Wirtschaft ineinander zu verschmelzen. Die gewählte Form der Skulptur lässt an eine überdimensionale Schallplatte denken: ihre Rillen haben viele Dinge gespeichert, die aber vielleicht nicht mehr ohne weiteres hörbar oder erfahrbar sind. Jederzeit bleiben sie jedoch als Potential vorhanden. Die Skulptur schafft einen Ort des Verweilens und der Versenkung. Er kann auch Anlass sein, über die eigene, verborgene Lebensgeschichte nachzudenken.

Ulrich Genth & Heike Mutter - 1972 Tübingen & 1969 München, leben in Köln. Die solide Wirklichkeit des Bedingten (Hubschrauber) (Vreden Berkelufer Nähe Bauerhausmuseum)

Die Skulptur aus Massivholz hat die Gestalt eines Hubschraubers. Dieser ruht auf Schwimmkufen am Wasser im Uferbereich der Berkel in Vreden. Ein Bauernhaus-Museums-Ensemble steht im Hintergrund. Der Rotor des Helikopters dreht sich langsam, als wäre das Fluggerät soeben gelandet oder kurz vor dem Start. Die Skulptur stellt die typische Urform des Hubschraubers in ein Spannungsfeld zwischen wirklicher physischer Gegenwart und bildlich eingeleiteter Abstraktion. Auf diese Weise wird die ästhetische Form des Hubschraubers dem Zusammenhang und den Bedingungen ihrer ursprünglichen Bestimmung enthoben. Sie wird nun überhaupt erst als reine Form wahrnehmbar. Der besondere Standort vor der museumsartig verdichteten Freilichtarchitektur der Hofgebäude lässt die Skulptur und die Ästhetik der Umgebung unmittelbar in ein Bezugsfeld treten: das Projekt spricht von einer „Szene“. Der Betrachter kann diese mit eigenen Gedankenverbindungen und Emotionen füllen.

Christian Hasucha - *1955 Berlin, lebt in Berlin. heute - eine fünfjährige Intervention (Velen-Ramsdorf alte Bundesstraße B 67 – jetzt L 581 zwischen Velen und Ramsdorf)

Die etwa 3 Meter hohe Skulptur aus Beton mit dem Schriftzug „heute“ verankert für das Bewusstsein der mit den verschiedenen Verkehrsmitteln vorbeifahrenden Passanten den Zeitübergang von Gegenwart und Vergangenheit. Weil nicht genau vorausgesagt werden kann, wann und wo sich Geschichte ereignen wird, sich aber im Prinzip überall ereignen kann, ist folglich jeder Ort möglicherweise mit „latenter Historie“ behaftet. Diese künstlerische Intervention verdeutlicht, wie „Geschichte“ sich bildet, indem etwas gegenüber etwas anderem in der Wahrnehmung „hervorgehoben“ wird. Im Verlauf der Zeit werden zudem – je nach Häufigkeit der Vorbeifahrten des Einzelnen – Verstärkungen im Bewusstsein der Passanten angeregt. Zur künstlerischen Interventionen gehören gleichzeitig Maßnahmen zur Verbreitung des Hinweises, dass der Schriftzug exakt fünf Jahre lang stehen wird. Fünfjahres-Zeiträume werden in der Psychologie der Wahrnehmung als die Fristen angesehen, für die Wünsche und Ziele am besten vorgestellt werden können, innerhalb derer aber auch das Erinnerungsvermögen am wenigsten verblasst.

Franz John - *1969 in Marktleugast b. Bayreuth, lebt in Berlin. Die Salztangente (verschiedene Standorte zwischen Gronau über Ahaus und Vreden Richtung Bocholt)

Geschichtlich spielte das Salz - spätestens seit dem Mittelalter - eine indirekte, aber sehr wichtige Rolle in der Region des westlichen Münsterlandes. In der Gegenwart werden im Kreis Borken Salzvorkommen industriell abgebaut. Die Arbeit „Salztangente“ ist als Konzept, touristischer Weg und landschaftlich, künstlerische Markierung angelegt. An bestimmten Stationen entlang der unterhalb der Erdoberfläche lagernden Salzvorkommen sind Felder aus Stäben gesetzt. Sie machen in der Art der Liniengeflechte auf geologischen Karten die unterirdischen Lager und ihre räumlichen Beziehungen an der Oberfläche der Landschaft für den Betrachter sichtbar. An jeder Station lassen sich weiterhin über einen Schilderpfahl Informationen zum Kunstcharakter des Projekts, sowie besondere Themenschwerpunkte zum Salz und zur Geschichte dieses Rohstoffes finden. Ferner werden topographische Angaben zum Ort und den darunter liegenden Salzlagerstätten angebracht.

Kirsten Kaiser - *1961 in Hamm, lebt in Münster. Wo bist du Maria? (Stadtlohn Hilgenbergkapelle)

Die Silhouetten-Skulptur aus Kunststoffmaterialien „wo-bist-du-maria.de“ nimmt die Geschichte der seit dem späten 19. Jahrhundert verschwundenen Madonna der Hilgenbergkapelle in Stadtlohn wieder auf. Durch farbliche Akzente der durchscheinenden Kugeln wird in der Ansicht schemenhaft eine Figur sichtbar. Es ist nur eine Silhouette, die der gestohlenen Maria ähnelt. Sie ist durch den Farbkontrast für den Betrachter erkennbar, aber nicht greifbar. Auf der extra eingerichteten Internetseite www.wo-bist-du-maria.de können gleichzeitig Dokumente und neue Informationen zum vielleicht möglichen Verbleib der verschwundenen Madonna der Hilgenbergkapelle in Stadtlohn gesammelt und verglichen werden. So wird ein Stück verborgene Geschichte neu aktualisiert und in einen neuen, weiterführenden Erzählzusammenhang eingebettet.

Thomas Kilpper - *1956 in Stuttgart, lebt in Berlin. Castoren zur Halfpipes (Ahaus Berufsorientierungszentrum BOZ)

Jüngere und stark kontrovers in der öffentlichen Diskussion stehende Wirklichkeit nimmt das Konzept der künstlerischen Intervention „Castoren zu Halfpipes!“ von Thomas Kilpper (Berlin) auf. Seine Skulptur kopiert als offene Rundform die Form von Lagerbehältern für atomaren Restmüll. Gleichzeitig kann und soll die Skulptur als Plattform für Skater und ihre Freizeitaktivitäten genutzt werden. Kilpper macht damit auch beispielhaft deutlich, wie im bereits Vorhandenem andere Möglichkeiten, auch die einer weitergehenden und anderen Nutzung angelegt sind. Er verweist damit – ohne erhobenen Zeigefinder – auf die Chancen einer Veränderbarkeit.

Laurens Kolks - *1976 Zwolle, lebt in Rotterdam. Phantomgarten – Jeder hat ein Recht auf eine übersichtliche Welt (Ahaus Schloss Ahaus Parkseite des Schlosses)

Diese Installation überträgt Sehweisen und künstlerische Gedanken der Barockzeit in den architektonischen Übergangsraum zwischen dem barocken Schloss Ahaus, der Schlossgräfte und dem Schlosspark. Die heute in Schloss und Park nur noch sehr entfernt als verdichtetes Gefüge von perspektivischen Sichtachsen erkennbaren Besonderheiten der barocken Ideen werden mit zeitgenössischen künstlerischen Mitteln wieder deutlich gemacht. Mit künstlichen Wasserflächen, optischen Täuschungen, Steuerung der Blickrichtungen und nur vorgeblichen Horizonten werden für das Auge des Betrachters Innen- und Aussenraum, Bild und Wirklichkeit ineinander überblendet. Damit wird das sonst nur unterschwellig noch erfahrbare barocke Konzept wieder deutlich vernehmbar: der barocke Garten- und Architekturstil ist ein Werkzeug, um die Landschaft und letztendlich auch den Kosmos auch geistig bewohnbar zu machen. Das Projekt vermittelt dem Betrachter die barocke Grundidee, dass man in dieser Epoche daran glaubte, die Natur vollständig zu erfassen durch ihr vollständiges Einfangen in einer systematischen Geometrie.

Tazro Niscino - *1960 Nagoya, lebt in Köln. Der sechste Turm (Borken Innenstadt Marktplatz)

Der „sechste Turm“ auf dem Marktplatz von Borken ist eine aus üblichen Baucontainern errichtete verschachtelte und für den Besucher begehbare „Burgformation“. Sie ist als „Wiederaufnahme“ der typischen Formen einer Burg angelegt. Daraus können auch die typischen Raumgefühle in einer Burg für den Besucher ausgelöst werden. Auf diese Weise zitiert und ironisiert das künstlerische Raumgebilde die architektonischen Wirklichkeiten einer sich mit Stadtmauern und Burgrelikten „mittelalterlich“ gebenden Stadtansicht in der Gegenwart. Als Teil des Kunstprojektes nutzt jede der an der Biennale teilnehmenden Städte und Gemeinden jeweils einen der inneren Räume der acht Container als Infocenter.

Rehberg, Silke - *1963 in Ahlen, lebt in Sendenhorst. Präsenz in Evidenz (Gronau Kreuzung Amtsvennstraße / Enschederstraße)

Mit den aus Ton gebrannten Porträtskulpturen von Personen der momentanen Gegenwart wird die meist als „schwergewichtig und vergangen“ gewohnte imposante Bildsprache des Denkmals auf eine spielerische und doppeldeutige Weise in diesem Projekt wieder aufgenommen. Oft fährt der Betrachter an solchen geschichtlichen Denkmälern vorüber, ohne sie überhaupt zu bemerken. Die Skulpturenserie „Präsenz in Evidenz“ versucht nicht, solche Orte wieder neu zu beleben. Sie beschreibt vielmehr das heutige Verhalten gegenüber unerkannt vorhandener Geschichtlichkeit. Die Köpfe dieser Skulpturen rechnen mit dem vorbei huschenden Auge. Keiner hält an, alles fließt vorbei, mittendrin einige, eher „allgemeine“ Gesichter aus dem Kreis Borken. Dem Personenkult der Vergangenheit im Denkmalsbereich setzt die Künstlerin eine zeitgemäße, „demokratische“ Auffassung gegenüber.

Jan Philip Scheibe - *1972 in Lemgo, lebt in Hamburg. Er macht seine Engel zu Winden (Schöppingen Schöppinger Berg Windrad gegenüber Engelstandbild Engelstandbild)

Eine große Schrift in Leuchtbuchstaben vor einem großen Windrad auf dem Schöppinger Berg zitiert mit dem Satz „Er macht seine Engel zu Winden“ das Alte Testament (Psalm 104,4). Der Standort ist vor dem Windrad, das dem Schutzengel-Standbild auf dem Berg von der Perspektive her am nächsten und gleichzeitig auch genau gegenüber steht. In der Nähe des Engel-Standbildes ist ein Schalter, mit dem die Leuchtschrift von dem Besucher für eine bestimmte Zeit angeschaltet werden kann. Diese Licht-Installation fordert den Betrachter auf, sich auf die unter vielen Blickwinkeln spürbar werdenden perspektivischen, landschaftlichen und gefühlsbestimmten Anregungen und Veränderungen aus der besonders verdichteten Situation dieses weithin ins Auge fallenden Ortes einzulassen und zu konzentrieren.

Stefan Sous - *1964 Würselen/Aachen, lebt in Düsseldorf. Sanssouci (Borken Haus Pröbsting)

Die Arbeit „Sanssouci“ dekonstruiert mehrere Wohnwagen und setzt die Teile zu einer unter dem Zeichen der „formfreien Anhäufung“ stehenden Skulptur neu zusammen. Die Teilfragmente und ihre ursprüngliche Herkunft bleiben deutlich erkennbar. Es entsteht eine gestaltlose Bildung, die als Form gleichzeitig auch kraftvolle Hinweise auf weiteres Anwachsen oder Wuchern enthält. Der Ausgangspunkt „Wohnwagen“ ist dabei bewusst gewählt worden, um eine Urform von Siedlungsbildung sowohl als archaische Form wie als zukünftige Möglichkeit zu zitieren. Die Skulptur nimmt Bezug einerseits auf das in unmittelbarer Umgebung stehende Herrenhaus Pröbsting und den in direkter Nachbarschaft befindlichen Campingplatz. Der Wandel von Wohnformen im Zuge gewachsener Mobilität und veränderter Lebensumstände ist ein Thema dieser Arbeit, die mit ironischen Brechungen unterlegt ist, wie bereits der anspielungsreiche Titel deutlich macht.

Urban Art / Anne Peschken & Marek Pisarsky – 1966 in Montreal und 1956 in Ruda Slaska 9, leben in Berlin und Myslibórz/Polen. Die Wanderboje – mobile Markierungsskulptur für Orte mit Geschichten (Startort Stadtlohn danach verschiedene Standorte nach jeweiligem Bedarf und Anforderung)

Die Arbeit „Wanderboje“ ist ein ortsübergreifendes Projekt an den verschiedensten Standorten in den acht beteiligten Städten der Biennale. Die Wanderboje ist nicht nur Skulptur sondern auch ein „interaktives Markierungswerkzeug“. Das bojenartige Aussehen der Skulptur markiert mögliche geschichtsträchtige Orte und schafft zugleich Aufmerksamkeit. Durch Signalfarbe, Licht- und Tonimpulse, die von ihr ausgehen, sensibilisiert sie die Wahrnehmung. Die Skulptur ist transportierbar auf einem Anhänger angebracht. Sie ist gleichzeitig auch ein mobiles, solar betriebenes Kommunikationszentrum mit Laufschriften. Dort können Informationen, Kontakte und Geschichten zum Thema der Biennale von allen Besuchern über eine besondere in das Projekt eingebundene kommunikative Kopplungsstelle eingegeben werden. Die Skulptur kann dadurch, dass sie von Zeit zu Zeit den Standort ändert, eine auffallende Bauart hat und ihre Funktion immer erweitert wird, mit einer fortwährend „frischen“ Wahrnehmung rechnen. Durch diese ständige Erneuerung der Botschaften und die Nichtdauerhaftigkeit der Stellorte kann diese Skulptur nicht einfach nach einer gewissen Zeit als kaum mehr wahrgenommenes Gebilde mit dem Umgebungsraum verschmelzen.

Rolf Wicker - *1965 in Ravensburg, lebt in Berlin. Wanderkapelle (wechselnde Standorte – aktueller Standort ist jeweils über die eigene Homepage www.wanderkapelle.de abzufragen)

Die Skulptur orientiert sich an der typischen Bauart solcher Kleindenkmale aus dem Bereich der Volksfrömmigkeit, die gerade im Münsterland noch vielfach zu sehen sind. Die Formen sind dabei auf das Wesentliche verdichtet. Gleichzeitig wird jedoch auch die kennzeichnende Anmutung dieser Architekturform für den Betrachter vollkommen wiedergegeben. Im Unterschied zum üblichen, fest errichteten Kapellengebäude jedoch bleibt die Skulptur voll transportabel. Der vorübergehende und bewegliche Charakter des Kunstwerks ermöglicht auch ungewohnte Standorte, an denen Kleindenkmäler wie eine Kappelle üblicherweise nicht angetroffen werden. Zugleich wird mit dieser Arbeit der Gedanke der Prozession aufgegriffen – mit dem Unterschied – dass in diesem Fall nicht die Menschen zur Kapelle kommen, sondern die Kapelle zum Menschen. Über den jeweils aktuellen Standort der Wanderkapelle gibt eine eigens dafür eingerichtete Homepage Auskunft. Sie ist unter www.wanderkapelle.de im Internet erreichbar.

Pressetext

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4. Skulptur-Biennale 2005 Borken
biennale@kreis-borken.de

KünstlerInnen: Mohamed Abdulla, Markus Ambach, Danica Dakic, Ulrich Genth, Christian Hasucha, Franz John, Kirsten Kaiser, Thomas Kilpper, Laurens Kolks, Heike Mutter, Tazro Niscino, Anne Peschken (Urban Art ), Marek Pisarsky (Urban Art ), Silke Rehberg, Jan Philip Scheibe, Stefan Sous, Rolf Wicker

4. Skulptur-Biennale 2005 Borken - homepage

Die meisten Biennale-Projekte sind auf mehrere Jahre bis 2010 angelegt.