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Die Programme der 58. Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen: Wettbewerbe und Filme zum Oberhausener Manifest

Die 58. Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen zeigen an sechs Festivaltagen rund 470 kurze Produktionen aus knapp 50 Ländern. 140 Beiträge laufen in den fünf Wettbewerben. Rund um den thematischen Schwerpunkt, den 50. Jahrestag des Oberhausener Manifests, zeigt das Festival 81 Arbeiten der Unterzeichner und ihres Umfelds. Weitere Sonderprogramme sind unter anderem den Künstlern und Filmemachern Roee Rosen (Israel), Ilppo Pohjola (Finnland), Vera Neubauer (Tschechien/Großbritannien) und Linda Christanell (Österreich) gewidmet.

Mavericks, Mouvements, Manifestos: Zwei Programme zum Oberhausener Manifest

Zum 50. Jahrestag widmen die Kurzfilmtage dem Oberhausener Manifest zwei Filmprogramme mit insgesamt 81 Arbeiten. Damit macht das Festival erstmals in diesem Umfang die filmischen Positionen und Arbeiten der Unterzeichner des Manifests sichtbar, ebenso wie ihr zeitgeschichtliches Umfeld und, mit Arbeiten der nachfolgenden Generation, ihren Einfluss auf die Entwicklung des deutschen Films. In einer Sonderreihe präsentieren die Kurzfilmtage 24 teilweise eigens für diesen Anlass restaurierte Filme der Unterzeichner. Eine zweite Programmreihe umfasst 57 Arbeiten sowohl der Unterzeichner wie auch ihres Umfelds und der unmittelbar nachfolgenden Filmemacher, ergänzt durch fünf weitere filmische Erneuerungsbewegungen aus dieser Zeit in Frankreich, Japan, Schweden, Ungarn und den USA. Das Oberhausener Manifest ist zweifellos das wichtigste Gruppendokument des deutschen Films. 26 junge Münchener Filmemacher erklärten im Februar 1962 in Oberhausen "Papas Kino" für tot und reklamierten die Lizenz zur Schaffung des neuen deutschen Spielfilms.

In insgesamt 14 Programmen haben die Kurzfilmtage Filme zusammengestellt, die die formalen und inhaltlichen Horizonte in der absoluten Frühzeit des späteren "Jungen deutschen Films" sichtbar werden lassen: Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte (z.B. Es muß ein Stück vom Hitler sein von Walter Krüttner, Brutalität in Stein von Alexander Kluge und Peter Schamoni), ein bestimmtes Verständnis der Moderne (z.B. Das magische Band von Ferdinand Khittl, Kahl von Haro Senft, 1961 der erste deutsche Kurzfilm nach dem Krieg, der für den Oscar nominiert wurde), Gegenwartsbeobachtungen (z.B. Notizen aus dem Altmühltal von Hans Strobel und Alfred Tichawski, Granstein von Christian Doermer). Arbeiten wie Edgar Reitz's Kino 1. Geschwindigkeit oder Wolfgang Urchs Animation Das Unkraut zeigen, dass diese Generation auch ästhetisch nach neuen Wegen und der Loslösung von der Formelhaftigkeit des kommerziellen Films suchte, gegen den sie sich stellten.

Gleichzeitig stellen die Kurzfilmtage diese Arbeiten in den Zusammenhang anderer filmischer Erneuerungsbewegungen. 1959 wurde in Ungarn das Balázs Béla Stúdió als Experimentierfeld jenseits des offiziellen Kinos gegründet, in dem unter anderem István Szabós frühe Kurzfilme entstanden. In den USA forderte die New American Cinema Group um Jonas Mekas in ihrem First Statement 1961 die radikale Veränderung des US-Kinos. Mehr als 80 japanische Filmschaffende fanden sich 1964 zur Eiga geijutsu no kai (Filmkunstgesellschaft) zusammen, um das Dokumentarkino zu erneuern. Schon 1953 hatte die Groupe des Trente in Frankreich, zu der unter anderem Alain Resnais und Jean-Luc Godard gehörten, ihr Manifest veröffentlicht. In Schweden schließlich formierte sich Ende der fünfziger Jahre eine Gruppe um den Museumsgründer Pontus Hultén, die sich die Verbindung von bildender Kunst und Experimentalfilm auf die Fahnen geschrieben hatte.

Die Filmprogramme sind Teil des Projekts "Provokation der Wirklichkeit", mit dem die Kurzfilmtage das Jubiläum des Manifests würdigen. "Provokation der Wirklichkeit" wird gefördert von der Kulturstiftung des Bundes.

Die Wettbewerbe

Insgesamt wurden aus ca. 6.500 Einreichungen 140 Arbeiten aus 39 Ländern für die fünf Wettbewerbe der Kurzfilmtage ausgewählt. Eine Liste aller für die Wettbewerbe ausgewählten Arbeiten steht hier: www.kurzfilmtage.de/wettbewerbe/auswahl

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Internationaler Wettbewerb

Der Internationale Wettbewerb ist mit 58 Arbeiten, ausgewählt aus knapp 5.000 Einreichungen, der größte und älteste des Festivals. Stark vertreten sind wieder die außereuropäischen Länder, wie Ägypten, Argentinien, Brasilien, Paraguay, die Philippinen, Indien oder Vietnam, erfreulich ist auch die ungewohnt starke Präsenz ost- und südosteuropäischer Länder mit Beiträgen aus der Slowakei, Kroatien, Rumänien, Russland und Polen. Mit sechs Produktionen sind die USA das am besten vertretene Land. Aus Deutschland kommen zwei Arbeiten im Internationalen Wettbewerb, Oliver Husains Item Number und Sylvia Schedelbauers Sounding Glass.

Die "Sprechstunde" einer Schamanin in Burma (The Dragon Beach, Aada Sigurlina/Wai Mar Nyunt), das Gespräch eines jungen ägyptischen Paars im Café (Café Regular, Cairo, Ritesh Batra), das abstrakte und farbenfrohe Spiel mit dem Filmmaterial (Conjuror's Box, Kerry Laitala) oder Mariä Verkündigung, dargestellt von Laienschauspielerinnen (Marian Ilmestys, Eija-Liisa Ahtila): Der Internationale Wettbewerb bildet die formale und inhaltliche Vielfalt der Kurzfilmproduktion weltweit ab und zeigt die Stärke des Kurzfilms, in der Konzentration auf Details und scheinbare Nebensächlichkeiten neue Blickwinkel auch auf komplexe Themen zu eröffnen.

Am 27. April zeigt ARTE eine Kurzschluss-Sondersendung zu den Kurzfilmtagen mit einer Auswahl von Filmen aus dem Internationalen Wettbewerb.

Die Jury des Internationalen Wettbewerbs Steve Anker, Filmkurator-, pädagoge und _historiker, USA Birgit Hein, Filmemacherin und Professorin, Deutschland Karina Karaeva, Kuratorin, Russland Kawai Masayuki, Videokünstler, Japan Roee Rosen, Künstler, Israel

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Deutscher Wettbewerb

Für den Deutschen Wettbewerb wurden 27 Arbeiten aus 1.411 Einreichungen ausgewählt. Zwei davon sind auch im Internationalen Wettbewerb zu sehen.

Zwei große Themen zeichnen sich im Deutschen Wettbewerb ab: die Rückkehr des Tanzfilms nach Oberhausen und die Frage nach der Wahrheit in den Bildern. Mit The Humping Pact (Dmitry Paranyushkin/ Diego Agulló) ist eine speziell für die Zeche Zollverein entwickelte Performance dabei, getanzt wird auch in Not Heaven But Sky (Willehad Grafenhorst/Fine Kwiatkowski), Plan B (Jasmine Ellis) und in Self Portrait With a Deer (Saana Inari). Auffallend viele Arbeiten hinterfragen, wie die Realität heute vermittelt wird. Gibt es das wissenschaftliche Centrifuge Brain Project (Till Nowak), das die denkfördernde Wirkung von Jahrmarktskarussells untersucht, wirklich? Was verraten die von Istanbuler Bürgern erfundenen Katzengeschichten in KEDI (Stefan Neuberger) über ihre Erzähler? Ergeben die Geschichten über einen gewissen Carl in Poesie des Zufalls (Daniel Lang) das Bild einer realen Persönlichkeit? Mit Hilfe der verschiedensten Ansätze hinterfragen die Filmemacher unsere Erwartungen an die Mechanismen dokumentarischer Bilder, wie wir sie täglich, vor allem im Fernsehen, gezeigt bekommen.

Am 3. und 4. Mai zeigt 3sat jeweils eine Auswahl von Filmen aus dem Deutschen Wettbewerb.

Die Jury des Deutschen Wettbewerbs Jan Distelmeyer, Autor, Potsdam Karola Gramann, Kuratorin, Frankfurt am Main Andreas Siekmann, Künstler, Berlin

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NRW-Wettbewerb

268 der 1.411 Einreichen für den Deutschen Wettbewerb sind Produktionen aus Nordrhein-Westfalen und wurden für diesen Wettbewerb gesichtet. Ausgewählt wurden 11 Arbeiten.

Auffallend im NRW-Wettbewerb ist, dass hier mehrheitlich sehr junge Filmemacher vertreten sind. Gleich zwei Arbeiten stammen sogar aus Medienprojekten mit Schülern. Der Film Christina (Lina Marie Mackeprang/Kevin Nicklas/Amy Wittenberg), das intensive Portrait einer Schülerin, die mit Problemen kämpft, stammt aus dem Projekt KunstFilmSchule der KHM Köln mit der Kölner Gesamtschule Holweide. Borschemich (neu) von Christine Uschy Wernke ist Ergebnis eines Projekts der Duisburger Initiative dok you und zeigt, wie ein Junge damit fertig wird, dass sein ganzes Dorf dem Tagebau weichen muss. Auch Glück (Irfan Akcadag) findet sein Thema hier in NRW: das Portrait eines türkischen Migranten und seiner Vorstellung vom Glück, gefilmt von seinem Sohn. Stark vertreten sind auch Mischformen aus Dokumentarfilm und Animation, z.B. Daphne und Noa (Simon Steinhorst), Borschemich (neu) oder Sterben nicht vorgesehen (Matthias Stoll).

Die Jury des NRW-Wettbewerbs Barbara Fischer-Rittmeyer, Int. Frauenfilmfestival Dortmund/Köln Natascha Gikas, Kino im Deutschen Filmmuseum Frankfurt/Main Jens Schneiderheinze, Cinema Münster

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14. MuVi-Preis für das beste deutsche Musikvideo

Aus 210 Einreichungen wurden 10 Clips für den MuVi-Preis ausgewählt.

Nach wie vor werden in Deutschland zahlreiche Musikvideos produziert. Die Mehrzahl hat sich jedoch endgültig den kommerziellen Produktionszusammenhängen entzogen, die das Genre früher dominiert haben. So sind die meisten Arbeiten im diesjährigen MuVi-Preis ohne Beteiligung von Produktionsfirmen entstanden - Musiker arbeiten direkt mit Filmemachern zusammen oder gestalten ihre eigenen Clips wie bei Try (Jolly Goods) oder uni acronym (Carsten Nicolai). Bei den Abspielflächen bleibt das Internet die primäre Verwertungsplattform für die Musikvideos im MuVi-Preis. Überraschend beim 14. MuVi-Preis ist, dass die Konzentration auf Berlin als Produktionsstandort weniger ausgeprägt ist. Waren im letzten Jahr noch 9 von 10 Arbeiten Berliner Produktionen, so stammen diesmal fast die Hälfte aus Hamburg (Fratzengulasch, Mickey Mouse & the Goodbye Man), Köln (Ghostfile#10) und Offenbach (Uuotnissa).

Die Jury des MuVi-Preises Ralph Christoph, c/o pop, Deutschland Daniel Miller, Mute, Großbritannien Pleix, Frankreich

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Kinder- und Jugendfilmwettbewerb

Aus 466 gesichteten Filmen wurden 41 für den Kinder- und Jugendfilmwettbewerb ausgewählt. Die Kinder- und Jugendprogramme der Kurzfilmtage werden am 20. April 2012 gesondert vorgestellt.

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58. Internationale Kurzfilmtage Oberhausen

Künstler/Filmemacher: Jolly Goods  (Tanja Pippi & Angy Lord), Carsten Nicolai, Katharina Duve / Timo Schierhorn, Roee Rosen, Ilppo Pohjola, Vera Neubauer, Linda Christanell, Federico Adorno, Josephine Ahnelt, Phillip Barker, Antoine Barraud, Lena Bergendahl, Hisham Bizri, Cecile Brun, Adam Butcher, Daya Cahen, Sutanoy Chaudhury, Seoungho Cho, Kiri Dalena, Lucy Davis, Claire Doyon, Gonzalo Egurza, Kevin Jerome Everson, Ivan Faktor, Mike Gibisser, Jonas Matzow Gulbrandsen, Hana Jusic, Aryan Kaganof, Aya Kawazoe, Aurelie Kunert, Kerry Laitala, Laida Lertxundi, Ivo Lopes Araújo, Juan Sebastian Lopez Maas, Shahar Marcus, Pablo Marin, Trinh Thi Nguyen, Aada Sigurlina, Lucia Nimcova, Daniel Ojari, Katrin Olafsdottir, Akusoa Adoma Owusu, Sascha Pohle, Elodie Pong, Jennifer Rainsford, Ilkka Rautio, Jani Ruscica, Eder Santos, Sylvia Schedelbauer, Valery Shevchenko, siska, Piotr Sulkowski, Andrey Ushakov, Chang- Jung Wu, Rut Karin Zettergren, Michael Zupraner, Laurent Allaire, Clara Bodéen, Thais De Campos, Victoria Fernandez, Ville Katajala, Iva Mihalic, Alaa Mosbah, Jana Plecas-Zanic, Ronja Svenning Berge, Tina Tisljar, Diego Agullo, Rainer Bellenbaum, Hanna Bergfors, Mareike Bernien, Udita Bhargava, Mariola Brillowska, Stefan Butzmühlen, Guillauume Cailleau, Eli Cortinas, Jana Debus, Cristina Diz, Jasmine Ellis, Hannes Gieseler, Christoph Girardet, Willehad Grafenhorst, Eva Heldmann, Oliver Husain, Yannick Kaftan, Gudrun Krebitz, Fina Kwiatkowski, Saana Inari Lähteenmäki, Daniel Lang, Matthias Müller, Stefan Neuberger, Till Nowak, Dmitry Paranyushkin, Deborah S. Phillips, Sylvia Schedelbauer, Kerstin Schroedinger, Jan Soldat, Yara Spaett, Stefan Ciupek, Dennis Couzin, Fabian Danger, Ray Demski, Elsa Kremser, Rita Macedo, Brett Orloff, Michael Schmidt, Jonathan Schorr, Anja Schütze, Moana Vonstadl, Clemens Walter, Irfan Akcadag, Daniel Burkhardt, Pia Hellenthal, Marina Klauser, Jie Lu, Lina Marie Mackeprang, Gunar Meinhold, Kevin Nicklas, Charlotte Ann- Marie Rolfes, Ahmad Saleh, Simon Steinhorst, Matthias Stoll, Christine Uschy Wernke, Amy Wittenberg, Monika Fäßler, Sinje Irslinger, Jakob Jendryka, Anna Knolle, Dustin Steinkühler, Josephine Ahnelt, Maike Backhaus, Jerry Carlsson, Jasmine Ellis, Saskia Gubbels, Nikolaus Hillebrand, Hangyeol Kim, Juhani Koivumäki, Tessa Langhans, Lina Marie Mackeprang, Kevin Nicklas, Eka Papiashvili, Lieza Röben, Hye- young Ryu, Leslie Supnet, Kyne Uhlig, Amy Wittenberg, Chang- Jung Wu, Carsten Böhnke, Jana Debus, Ray Demski, Esther Duysker, Edwin Emmens, Christian Löhr, Frode Sobstad, Daniel Franke, Ilinca Höpfner, Cedric Kiefer, Gudrun Krebitz, Jörg Langkau, Deveroe A. Langston, Laura Keil, Moana Vonstadl, Ewelina Aleksandrowicz, Andrzej Wojtas, Marlo Boelens, Christian Doermer, Bernhard Dörries, Ralph Eue, Hilmar Hoffmann, Katrin Hoffmann, Sebestyen Kodolanyi, Max Linz, Ineborg Marszalek, Ronald Martini, Yuma Matsukawa, Hansjürgen Pohland, Jared Rapfogel, Wolfgang Urchs, Yoshio Yasui

Preisträger:
Großer Preis der Stadt Oberhausen: Michael Zupraner
Zwei Hauptpreise: Sascha Pohle, Kevin Jerome Everson
ARTE-Preis für einen europäischen Kurzfilm: Eija-Liisa Ahtila
Preis der Jury des Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen: Wu Chang-Jung
Preis der Internationalen Filmkritik (FIPRESCI-Preis): Ritesh Batra
Preis der Ökumenischen Jury: Clarissa Campolina, Ivo Lopes Araujo, Luiz Pretti
Förderpreis der Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen: Lucy Davis
ZONTA-Preis: Elodie Pong
Preis für den besten Beitrag des Deutschen Wettbewerbs: Oliver Husain
3sat-Förderpreis: Mareike Bernien / Kerstin Schroedinger
Preis für den besten Beitrag des NRW-Wettbewerbs: Charlotte Anne-Marie Rolfes
Förderpreis des NRW-Wettbewerbs: Simon Steinhorst
Preis der Kinderjury des Internationalen Kinder- und Jugendfilmwettbewerbs: Corinne Ladeinde
evo-Förderpreis der Kinderjury des Internationalen Kinder- und Jugendfilmwettbewerbs: Mirjam de With
Preis der Jugendjury des Internationalen Kinder- und Jugendfilmwettbewerbs: Julia Ducournau