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Die zweite Ausgabe der neuen Ausstellungsreihe 6 ½ Wochen vereint Arbeiten von Bogomir Ecker, Sebastian Riemer und Thomas Ruff, die sich einem gemeinsamen Gegenstand widmen: Pressefotos aus aufgelösten Zeitungsarchiven. Sie sind der Ausgangspunkt ihrer ganz unterschiedlichen Reflexionen über das fotografische Bild.

Mit der fortschreitenden Digitalisierung sind viele fotografische Zeitungsarchive von Zeitungen obsolet geworden und verschwunden. Doch ihre einzelnen Objekte sind in der Form von 20 x 25 cm großen Presseabzügen wieder in die künstlerische Auseinandersetzung zurückgekehrt: die Gespenster der Vergangenheit, Kriege und Katastrophen, längst vergessene Stars und Kuriositäten werden nun als Objekte in digitalen Auktionshäusern und Plattformen im Internet gehandelt. Ihre zahlreichen Retuschen, die in den 1920er bis 1970er Jahren durch den damals groben Zeitungsdruck nicht sichtbar waren, treten nun in aller Deutlichkeit hervor.

Das Augenmerk der drei Künstler richtet sich dabei auf ganz unterschiedliche Aspekte: Thomas Ruff, der sich in früheren Arbeiten bereits dem Zeitungsfoto gewidmet hat, überblendet die verschiedenen Schichten des Bildes, die fotografische Vorderseite mit der Rückseite des Abzuges, die mit den unterschiedlichsten Bildunterschriften, Stempeln und Notizen versehen ist. Ruff macht sichtbar, dass es sich bei ihnen einst um mediale, zirkulierende, politische Objekte gehandelt hat.

Bogomir Ecker sammelt Fotografien seit mehreren Jahrzehnten – mit der spezifischen Perspektive auf „Idyllen und Desaster“. Zunächst waren sie für ihn nur Referenz und Inspiration seiner skulpturalen Arbeit, seit einigen Jahren stellt er diese Abzüge in mehrteiligen Tableaux zusammen, so dass die Bilder wie in einer Art filmischem Schnitt eine eigene, autonome größere Erzählung ergeben, die teilweise mit Eckers übermalten Zeitungen kombiniert werden.

Sebastian Riemer ist der jüngste Künstler im Bunde, doch arbeitet er bereits seit 2013 mit diesem spezifischen Material. Sein Blick gilt in besonderer Weise dem bildhaften Charakter der Fotos, ihren surrealen Qualitäten. Durch ihre Transformation ins große Format arbeitet Riemer den extremen Eingriff der Retusche ins Bild, ihre fast vollständige Übermalung und Neukomposition heraus – als würde dahinter René Magritte Regie führen.

Jenseits aller Medientheorie machen diese Arbeiten auf spielerische Weise deutlich, dass das (amerikanische) Pressefoto jener Jahre ein Medium der fließenden Übergänge gewesen ist, und irgendwo zwischen Informationspflicht, Propaganda, Schaulust und Voyeurismus anzusiedeln ist. Und auch wenn es irgendwann mal etwas mit sichtbarer Wirklichkeit zu tun hatte, so hat sich unser sozialer Gebrauch dieser Bilder die transportierte Realität immer zurecht geschminkt.