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Die Städtische Galerie Nordhorn zeigt vom 20. April bis 8. Juni 2008 die Ausstellung „Ad absurdum – Zeitgemäße Apparate”

Das Absurde stellt die Welt in Frage. Schärfen absurde Phänomene nicht erst unsere genormte Wahrnehmung? Oder ist unser Alltag ohnehin von zahllosen Absurditäten durchdrungen? Und welche Rolle kann das Absurde noch in der Kunst spielen? Diesen Fragen geht das Ausstellungsprojekt „Ad absurdum“ nach, das vom 20. April bis 8. Juni parallel in der Städtischen Galerie Nordhorn und im Museum MARTa Herford gezeigt wird. Während in Herford unter historischer Perspektive Werke von der klassischen Moderne bis zur Gegenwart präsentiert werden, entwickeln in Nordhorn junge Künstler eigens für die dortige Ausstellung „zeitgemäße Apparate“. Sie verändern und dekonstruieren Räume und Mechanismen, lassen Installationen entstehen, deren mechanischen und maschinellen Abläufe ohne nachvollziehbare Funktion ins Leere laufen, und stellen Vertrautes in solch ungewöhnliche Zusammenhänge, dass es ins Bedrohliche kippt.

In Maschinen, Installationen, Zeichnungen und Videos wird nicht nur die Erwartungshaltung des Betrachters demontiert, sondern durch ihre Absurdität treten für einen Augenblick Sinn und Wirklichkeit, Funktion und Fiktion auseinander. Es entsteht einerseits ein Raum der Sinnleere, andererseits aber auch ein Ort für Sinnfragen. Welche Unterschiede und Parallelen existieren bei den Absurditäten in der Kunst und der Gesellschaft? In welchen Mechanismen und Abhängigkeiten stecken sie?

„Zeitgemäß" sind diese „Apparate“ also, weil die Kunst auch immer als eine Reaktion auf die gesellschaftliche Situation zu verstehen ist. Diese Zusammenhänge untersuchen in Nordhorn folgende Künstler: Micol Assaël, Julien Berthier, Michael Beutler, Baldur Burwitz, Andreas Fischer, Sebastian Hempel, Nik Nowak, Michael Sailstorfer, Christian Schnurer, Andreas Slominski, Sonja Vordermaier und Reinhard Wanzke.

In Herford wird die Ausstellung bis zum 27. Juli 2008 unter dem Titel „Ad absurdum – Energien des Absurden von der klassischen Moderne zur Gegenwart“ mit Arbeiten u. a. von Joseph Beuys, Marcel Duchamp, Robert Filliou, Martin Kippenberger, René Magritte, Meret Oppenheim, Francis Picabia, Dieter Roth, Kurt Schwitters u. a. gezeigt. Zum Kooperationsprojekt erscheint ein ausführlicher gemeinsamer Katalog. Gerne erfüllen wir Ihre Wünsche nach Abbildungsmaterial. Weitere Informationen finden Sie auch im Internet unter www.staedtische-galerie.nordhorn.de

Die Künstler

Micol Assaël, 1979 in Rom geboren, lebt und arbeitet ebendort und in Berlin. Sie hat in den vergangenen Jahren an zahlreichen Ausstellungen u.a. an den Biennalen in Berlin (2006), Venedig (2003 und 2005) und Moskau (2005) teilgenommen. Assaël erschafft beunruhigende Installationen, die vorhandene architektonische Strukturen verändern. Sie konstruiert neue Räume oder arrangiert bestehende um. Bei der Biennale in Venedig 2003 kleidete die Künstlerin einen Raum vollständig mit Eisen aus und versah ihn mit starken Ventilatoren. Durch den reduzierten Gebrauch von Möbeln und Technik, wie alten Stromgeneratoren, zur Schau gestellten elektrischen Leitungen und anderen Apparaturen, erinnern die von Assaël bearbeiteten und angepassten Räume oft an surreal aufgeladene Gefängniszellen, Exekutionskammern oder Kühlräume.

Julien Berthier, 1975 geboren in Besançon, lebt und arbeitet in Paris. Er beteiligte sich 2005 u.a. an der Ausstellung „Lichtkunst aus Kunstlicht“ im ZKM, Karlsruhe, 2006 in der Villa Merkel in Esslingen an „Fliegende Kühe und andere Kometen“ und aktuell an der Ausstellung „Prêt-à-porter“ im Kasseler Kunstverein. Julien Berthier thematisiert in seinen Arbeiten das Verhältnis des Menschen zum Apparat und stellt den Glauben an den immer weiterschreitenden Fortschritt und die unendliche Mobilität in Frage. So enttäuschen seine Geräte jede Erwartung an sie – sie haben keine Funktion. Berthier konstruiert Apparate und Maschinen, die scheinbar Arbeitserleichterungen bringen könnten. Doch seine Konstruktionen entpuppen sich letztlich als „nutzlos“, sind sie doch extrem ineffizient, wie zum Beispiel das 20-minütige pneumatisch-hydraulische Anheben einer Person um 1,5 Meter mittels eines Gummiballons und eines Pumpgenerators.

Michael Beutler, 1976 in Oldenburg geboren, studierte Kunst an der Städelschule in Frankfurt und an der Glasgow School of Fine Art. Michael Beutler hat in den vergangenen Jahren u.a. in der Kestnergesellschaft Hannover („Made in Germany“ 2007), im Lenbachhaus München („Perspektive 07“, 2007) und im Essener Museum Folkwang (2008, „Fusion//Confusion“) ausgestellt. Der Künstler lebt in Berlin. Seine Installationen entstehen meist vor Ort. Die Werke bestehen aus einfachsten Materialien, die der Künstler häufig sogar mit selbstgebauten Werkzeugen herstellt. Am Ausstellungsort besorgt Beutler sich auch die dafür benötigten Materialien. Für diese „Herstellungsapparaturen“ verwendet er einfache, mechanische Methoden, so z.B. Hocker mit Wellpappevorrichtung zur Kräuselung von Küchenaluminiumfolien oder Holzkonstruktionen zur Biegung von Maschendraht. Diese maschinenartigen Objekte gehören häufig zum ausgestellten Werk und die durch die Verarbeitung verfremdeten Gegenstände werden in neue architektonische Zusammenhänge gestellt.

Baldur Burwitz, geboren 1971 in Otterndorf, lebt und arbeitet in Hamburg. Er studierte an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig bei Raimund Kummer und Bogomir Ecker. Burwitz war Stipendiat der Stadt Hamburg und stellte u.a. 2006 in Esslingen („Minimal Illusions“) aus. Burwitz beschäftigt sich mit der Situation des Ausstellens von Kunst, indem er unter unauffälliger Zuhilfenahme der Ausstellungsbesucher selbstreferenzielle Systeme erschafft. Seine Werke entstehen also oft erst während der Ausstellungseröffnung. So brachte Burwitz z. B. bei einer Vernissage die Besucher so stark zum Schwitzen, dass er mit den Ausdünstungen und einer entsprechenden Anlage schließlich einen Tischspringbrunnen in Betrieb nehmen konnte, der während der gesamten Ausstellungsdauer in einem geschlossenen Kreislauf lief.

Andreas Fischer, 1972 in München geboren, lebt in Düsseldorf. Dort war er 2003 Meisterschüler von Georg Herold. Seine Arbeiten waren u. a. 2005 auf der "Ars Electronica" in Linz zu sehen, 2006 im Kunstverein Aschaffenburg ("Es war alles noch viel schlimmer") oder 2007 bei den "New Talents" der Art Cologne und im KIT Kunst im Tunnel in Düsseldorf. Mit anarchischer Lust lötet und schraubt, programmiert und installiert Andreas Fischer seine beweglichen Skulpturen, die in der Regel aus elektrischem und elektronischem Abfall bestehen, den er mit wenigen Eingriffen zu neuem Leben erweckt. Dabei entstehen Maschinen und Apparaturen, die über kleine Motoren und Lautsprecher ein ebenso berührendes wie erschreckendes Eigenleben entwickeln. In jüngster Zeit verbindet er diese Arbeiten mit einem verstärkten Interesse an Sprachbildern und Wortkonstrukten, die er gleichermaßen dekonstruiert und mit neuen Assoziationen auflädt.

Sebastian Hempel, geboren 1971, lebt in Dresden. Nach einer Lehre als Steinbildhauer, studierte Hempel an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden Bildhauerei. 2007 stellte der Meisterschüler von Prof. Ursula Sax u.a. in der Motorenhalle Dresden („Die Elektrifizierung der Gehirne“) und im Künstlerhaus Dortmund („Perplex“) aus. In seinen Arbeiten greift Sebastian Hempel die Möglichkeiten auf, durch verschiedene Bewegungszustände Einfluss auf die räumliche Wahrnehmung und sinnliche Erfahrung der Rezipienten zu nehmen. So lässt der Künstler z.B. Tennisbälle springen, Styroporkügelchen schneien oder Fußböden sich bewegen, so dass der Betrachter, auch wenn er nur still davor steht, in die Bewegung der Arbeit einbezogen wird.

Nik Nowak, 1981 in Mainz geboren, lebt in Berlin. Der ehemalige Meisterschüler von Lothar Baumgarten (UdK Berlin) stellte in den letzten Jahren u. a. im Studio des Neuen Berliner Kunstvereins (2005), 2006 in der Universität der Künste, Berlin und in der Städtischen Galerie Nordhorn („Wucherungen und Wandnahmen“) sowie 2007 in der Hamburger Galerie White Trash Contemporary aus. Die Werke von Nik Nowak zeichnen sich durch ihren Dialog zwischen Malerei und Musik, Zeichnung und Objekt aus. Immer wieder spielen Nowaks Werke mit der Aggressivität jugendlicher Alltagsgegenstände, so z.B. sein hochgerüsteter „Mobile Booster“, ein fahrbarer, ohrenbetäubende Beats erzeugender Ghettoblaster mit riesigen Motorradreifen, oder auch eine aus verkleideten Feuerlöschern gebaute, elegant schwarze "Rakete".

Michael Sailstorfer, 1979 in Velden/ Vils geboren, lebt in Berlin. Er studierte an der Akademie der Bildenden Künste in München und in London am Goldsmith College. Im vergangenen Jahr nahm Sailstorfer u.a. an der Ausstellung „Neue Heimat“ in der Berlinischen Galerie, den „Perspektiven 07“ im Lenbachhaus in München und an der Ausstellung „Made in Germany“ in der Kestnergesellschaft Hannover teil. Sailsdorfer nimmt alltägliche Dinge aus ihrem ursprünglichen Kontext und dekonstruiert diese. Er zerlegt, deformiert und adaptiert Objekte, setzt sie neu zusammen und deutet sie um. Eine solche Deformation des Objekts unter Ausnutzung und Beibehaltung seiner formalen Qualitäten hat nicht die Zerstörung zur Folge, vielmehr entsteht mit hohem handwerklichen Einsatz spielerisch etwas Neues. Dabei geht es Sailsdorfer um eine Bedeutungsumschichtung. Hintergründige Titel legen zusätzlich Spuren in verschiedene Richtungen.

Christian Schnurer, geboren 1971 in Schwandorf, studierte ab 1995 Malerei und Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in München. Er hat diverse Preise und Stipendien erhalten, u.a. den Debütantenpreis der Bayrischen Staatsregierung (2001) und ein Projektstipendium der Erwin und Gisela von Steiner Stiftung (2005). 2007 stellte er „Donnern Motoren“ in der Münchener Erlöserkirche und im Rahmen von „la boum III“ in Warschau und Breslau aus. Schnurer beschäftigt sich in seinen skulpturalen Arbeiten mit dem oft trügerischen Verhältnis von Alltagsgegenständen und der assoziativen Wirkung ihrer Verwendung. So kippen einfache Bestandteile wie Zündkerzen, Fußschalter, Malerlappen oder Eisenkugeln ins Bedrohliche, wenn sie plötzlich in Zusammenstellungen auftauchen, die an Bomben und Grananten erinnern. Die detailgetreue Nachbildung spielt dabei keine Rolle. Seinen Skulpturen wohnt vielfach ein Gewaltpotential inne, das erst durch die Fantasie oder aber die konkrete Handlung des Ausstellungsbesuchers aktiviert wird.

Andreas Slominski, geboren 1959 in Meppen, lebt in Hamburg und in Werder/Havel. Zu den zahllosen Ausstellungen an denen er sich beteiligte, zählten in den vergangenen Jahren u.a. 2008 „... 5 minutes later“ in den Berliner Kunstwerken und 2007 „Affinities“ in der Deutschen Guggenheim in Berlin. 2006 veranstaltete das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main eine große Retrospektive mit Werken aus den vergangenen 20 Jahren. Slominski zählt international zu den außergewöhnlichsten Gegenwartskünstlern. Er lockt den Betrachter durch ästhetische Täuschungen in die Falle und hält so der zeitgenössischen Kultur mit hintergründigem Humor einen Spiegel vor. Das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag stellt er dabei auf den Kopf, indem er die simpelsten Dinge mit immensem Aufwand verändert und dabei oberflächlich banale Ergebnisse erzielt.

Sonja Vordermaier wurde 1973 in München geboren. Die in Hamburg lebende und arbeitende Künstlerin war 2006 Stipendiatin der Hansestadt. 2007 war sie in der Buchholzer Ausstellung „Take A Walk Outside This Area“ und in der Kunststiftung Erich Hauser in Rottweil in „Schatten 2“ zu sehen. Vordermaiers Arbeiten lassen sich äußerlich kaum einem gleichbleibenden Stil zurechnen, sie hat jedoch eine durchgängige Art, Skulptur zu denken. Generell interessiert sie das plastische Arbeiten an Negativität. In vielen ihrer Werke geht es um Unsichtbares, um schwarze Löcher, doppelte Böden, um verborgene und akkumulierte Energien oder elektromagnetische Felder. Über das Mit- und Gegeneinander von Masse und Material baut sie Spannungen auf, die von der Skulptur aus auf ganze Räume hin ausgreifen.

Reinhard Wanzke, 1956 in Altbach geboren, arbeitet in Frankfurt/Main als Medienkünstler. Er wurde u.a. durch seine Arbeit „vote: yes/no“, einer Installation für Mobiltelefone, Teleschalter und Projektor, bekannt. Dabei konnten Ausstellungsbesucher – ohne dafür zahlen zu müssen – per Handy ihr Votum für „yes“ oder „no“ abgeben. Sie wählten, ohne zu wählen, denn es wurde keine zu beantwortende Frage gestellt, das „Was“ blieb im Dunklen.

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Ad absurdum – Zeitgemäße Apparate
Kurator: Roland Nachtigäller

Künstler:
Micol Assael, Julien Berthier, Michael Beutler, Baldur Burwitz, Andreas Fischer, Sebastian Hempel, Nik Nowak, Michael Sailstorfer, Christian Schnurer, Andreas Slominski, Sonja Vordermaier, Reinhard Wanzke

Stationen:
MARTa Herford
Ad Absurdum - Energien des Absurden von der klassischen Moderne zur Gegenwart
Städtische Galerie Nordhorn
Ad absurdum – Zeitgemäße Apparate