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Mit dieser Retrospektive wird - erstmals in Österreich und in diesem Umfang auch in Europa - das bedeutende Œuvre der 1948 in Harlem/New York, USA, geborenen Künstlerin Adrian Piper entsprechend bekannt gemacht. Gezeigt wird ein breites Spektrum, beginnend mit Malerei und frühen konzeptuellen Werken aus den 1960er Jahren, über die Performances in den 1970er Jahren, bis hin zu aktuellen Arbeiten. Zum ersten Mal in Europa wird u. a. eine große Gruppe von konzeptuellen Werken sowie eine Reihe von Audioarbeiten aus den 1960er Jahren präsentiert.

Adrian Pipers gesamtes Schaffen kann von vielen Aspekten her als einzigartig, unverwechselbar und vor allem auch als vielfältig bezeichnet werden. Sie selbst beschrieb sich einmal als jemand, der "drei Hüte trägt". Im Anschluss an ihr Kunststudium entschied sie sich dazu, Philosophie zu studieren, weil sie sich mit der in der Kunst gängigen laienhaften Heranziehung von philosophischen Lehren und anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen, nicht zufrieden geben wollte. Als akademische Philosophin machte sie sich zudem von ökonomischen Erwartungen an ihre Kunstproduktion unabhängig. Gleichzeitig wird das künstlerische Werk aus den philosophischen Überlegungen Pipers gespeist. Es gibt wohl kaum eine Künstlerin, in deren Werk Immanuel Kant, Aretha Franklin, Marvin Gay und Shiva eine Rolle spielen. Piper war auch eine der ersten KünstlerInnen, die sich in ihrer Arbeit mit Populärkultur, und hier im Besonderen mit der Kultur von Schwarzen und den klischeehaften Vorstellungen darüber beschäftigt hat. Wie Kunst gesellschaftliche und politische Themen erfolgreich kommunizieren kann, d. h. ohne die übliche Abwehrreaktion auszulösen, das zählt zu den zentralen Zielen, die Adrian Piper wie kaum andere KünstlerInnen mit ihrem Werk verfolgt.

Adrian Piper hatte schon relativ früh eine beachtliche Karriere als Konzeptkünstlerin hinter sich. Unter dem Einfluss von Sol Lewitt fand sie einen Weg aus der figurativen Malerei. Die ersten daraus entstandenen Werke sind Installationen aus Klebestreifen, Plastikfolien und anderen Kunststoffen, die rasterförmig am Boden angebracht wurden; eine dieser Installationen wird anlässlich der Retrospektive in der Generali Foundation rekonstruiert. Der Großteil der frühen konzeptuellen Werke sind mittels Text, Zahlen, Zeichnungen und/oder Fotografien angelegte Arbeiten auf Papier - lose Blätter, in Ringordnern gesammelt - in denen eine Auseinandersetzung mit den Aspekten Raum und Zeit stattfindet. Die erste Einzelausstellung von Adrian Piper fand konsequenter Weise in einer Kunstzeitschrift statt. In der Hypothesis-Serie (1968-70) begann sie ihre konzeptuellen Erkundungen mit der Beobachtung ihres eigenen Körpers bei alltäglichen und persönlichen Tätigkeiten zu verbinden.

Ausgelöst durch verschiedene politische Ereignisse, begann Adrian Piper ihre Stellung als Künstlerin, als Frau und als Schwarze in der Gesellschaft zu analysieren. Das Medium der Konzeptkunst wurde ihren Anliegen nicht mehr gerecht, sie strebte vielmehr vor allem danach, ihre Kunst unauffällig in nicht-künstlerische Kontexte einfließen zu lassen. In den siebziger Jahren begann Adrian Piper, Performances im öffentlichen Raum zu konzipieren und auch umzusetzen. Zu den bekannteren Arbeiten dieser Zeit zählt die Performance "Catalysis III" (1976), bei der Piper mit der Aufschrift "wet paint" ("frisch gestrichen") auf ihrem weißen Pullover durch die Straßen von Manhattan spazierte. Ihr Alter Ego des "Mythic Being", eine schwarze männliche Person, die verschiedene Interventionen durchführte, wie z. B. nach weißen Frauen Ausschau zu halten ("Cruising White Women", 1976, Cambridge, Mass.), ist zuvor schon einmal in der Generali Foundation vorgestellt worden.

Seit den 1970er Jahren ist Adrian Piper dafür bekannt, Themenbereiche wie Rassismus, Xenophobie und die Natur des Selbst zu untersuchen. Ihre Arbeiten - Foto-Text-Collagen, Zeichnungen, Performances und (Video) Installationen - sind dabei als Akt politischer Kommunikation konzipiert. In den BetrachterInnen soll eine unmittelbare Reaktion auf die eigenen, oft tief verborgenen Impulse und Antworten zu diesen Themen hervorgerufen werden. Anstatt eine elitäre "Kunstsprache" zu verwenden, versucht sie eine Situation herzustellen, in der die RezipientInnen unmittelbar reagieren können. Piper bezeichnet dieses Konzept als "indexikalische Gegenwart". Zu den ebenfalls sehr populären Arbeiten zählen die sogenannten "Funk Lessons" (1982-84), bei denen Piper die TeilnehmerInnen zum gemeinsamen Hören von und Tanzen zu Funk-Musik und damit gleichzeitig zur Reflexion von rassistischen Stereotypien von Schwarzen eingeladen hat. In ihrer aktuellen Werkgruppe, der "Color Wheel-Serie" (2000) - großen Tableaux zur Übung der Selbsterkenntnis, welche auch auf der Dokumenta 11 (2002) in Kassel zu sehen waren - bedient sich Adrian Piper des Pantone-Farbfächers als Matrix zur Bestimmung der Hautfarbe.

Im Anschluss an die Ausstellung in der Generali Foundation wird die Retrospektive im Institut d'Art Contemporain in Lyon/Villeurbanne, Frankreich (Januar bis Juni 2003), und im Museu d'Arte Contemporani de Barcelona, Spanien gezeigt (Oktober 2003-Januar 2004). Anlässlich der Ausstellung in Barcelona erscheint die Publikation in spanischer und katalanischer Übersetzung.
Pressetext

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Adrian Piper - seit 1965
Kuratorin: Sabine Breitwieser