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After Images ist eine Ausstellung mit Werken zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler, die sich bewusst auf die Zeit des Dritten Reiches und den Holocaust beziehen. Doch keine(r) von ihnen hat diese Zeit selbst miterlebt. Alle sind sie mit Bildern, Filmen und Erzählungen darüber aufgewachsen und wissen, dass sich die historischen Zusammenhänge nicht mehr von ihrer Übermittlung durch Medien und Gespräche lösen lassen. So versuchen sie erst gar nicht, die Ereignisse, die ihrer persönlichen Erfahrung vorausliegen, zu illustrieren oder gar neue Bilder des Grauens zu entwerfen, das sich jeder Darstellbarkeit entzieht. Vielmehr thematisieren sie ihre eigene, notwendigerweise immer durch andere vermittelte Erfahrung dieser Erinnerung.

Piotr Uklanski zum Beispiel stellt unter dem Titel „The Nazis“ eine Aneinanderreihung vieler Fotografien von zum Teil bekannten Schauspielern aus, die für verschiedene Spielfilme in die Rolle eines uniformierten Nationalsozialisten geschlüpft sind. Diese Bilderserie zeigt in beeindruckender Weise, wie sehr die Filmindustrie an unseren Vorstellungen von Vergangenheit mitwirkt. Jake & Dinos Chapman zeigen eine Art Landschaftsmodell mit Straßenkreuzung, auf der viele verrostete Volkswagen miteinander kollidiert sind und sich am Ende zu einem riesigen Hakenkreuz formieren. Deutsche Geschichte als gigantischer Auffahrunfall? Schließlich fotografiert Bernhard Prinz Mitte der 80er Jahre 16 junge Frauen in weißen Blusen, nennt die Serie „Reine Wäsche“ und erweckt so nicht nur den Eindruck von Schönheit und Unschuld, sondern auch den, dass diese Bilder aus den 30er oder 40er Jahren des 20. Jahrhunderts stammen könnten. Schon diese wenigen Beispiele von Nach-Bildern („After Images“) zeigen einerseits, wie stark Geschichte in die Gegenwart hineinwirkt und andererseits wie sehr es sich bei Erinnerungen um Vergegenwärtigungen aus dem Jetzt heraus handelt.

Was die 20 Künstlerinnen und Künstler auszeichnet, ist ihre Sensibilität im Her-ausarbeiten ihrer Erfahrungen von Vergangenheit aus zweiter Hand und ihre Genauigkeit im Ausmessen des Abstands zwischen einer „Geschichte-wie-sie-war“ und einer „Erinnerung-nach-der-Erinnerung“ an diese Geschichte. Die ausgestellten Werke beziehen ihre oft verblüffende Kraft zur Verbildlichung aus dem uns allen gemeinsamen Fundus des sozialen Gedächtnisses. Die Auseinandersetzung mit Vergangenheit bleibt auf diese Weise ein unabgeschlossener und unabschließbarer Prozess.

Zur Ausstellung erscheint im Frankfurter Revolver Verlag ein Katalog mit zahlreichen Abbildungen und deutsch/englischen Texten von Guido Boulboullé, Thomas Deecke, Peter Friese, Detlef Stein, Harald Welzer, James E. Young u.a. Die Ausstellung wurde gefördert von der Bremer Landesbank - Kontakte zur Kunst und der Bremen Marketing GmbH Pressetext

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After Images - Kunst als soziales Gedächtnis
mit Darren Almond (D), Shimon Attie (USA), Christian Boltanski (F), Jake & Dinos Chapman (GB), General Idea (CAN), Jochen Gerz (D), Rudolf Herz (D), Eckhard Karnauke (D), Korpys / Löffler (D), Mischa Kuball (D), David Levinthal (USA), Bernhard Prinz (D), Ellen Rothenberg (USA), Andreas Slominski (D), Luc Tuymans (B), Piotr Ukla_ski (PL), Micha Ullman (ISR), Harry Walter (D), Rachel Whiteread (GB) und Penny Yassour (ISR)
Kuratoren: Peter Friese, Harald Welzer, James E. Young, Guido Bouboullé
Kooperation: Seminar „Bild und Erinnerung nach Auschwitz“