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"Akte Langenhagen", ein Projekt zur Spurensicherung in Kunst und "Verbrechen" unter der Leitung des Wiener Künstlers, Kurators und Architekturtheoretikers Michael Zinganel (Wien/Graz, *1960) besteht aus einem Spurensicherungs-Workshop, Vorträgen, einem Spielfilm- programm sowie zwei Ausstellungen: "Beweisführung I" (Dauer: 2.4. - 18.4.2004) "Beweisführung II" (Dauer: 24.4. - 14.05.2004)

"Akte Langenhagen" wird großzügig gefördert von der Kulturregion Hannover - Stiftung der Sparkasse und Region Hannover sowie vom Land Niedersachsen. Das begleitende Filmprogramm wird in Kooperation mit dem Kino Utopia in Langenhagen gezeigt.

Das Projekt bildet den Einstieg in das Jahresprogramm des Kunstvereins Langenhagen: Unter dem Titel "Die verborgene Tat" beschäftigt sich das Programm 2004 in unterschiedlicher Weise mit der Wahrnehmung von Dingen, deren vermeintliche Wahrheit und Bedeutung im Verborgenen vermutet wird. In fünf Ausstellungen und Veranstaltungen wird unsere Wahrnehmung von sichtbarer und unsichtbarer Realität hinterfragt und reflektiert. Fiktive Verbrechen dienen hierbei als Fallbeispiele für unsere Wahrnehmung, die sowohl durch die Medien, soziale und politische Machtstrukturen als auch durch individuelle Erfahrung geprägt ist.

Michael Zinganel studierte Architektur an der TU Graz, Kunst an der Jan van Eyck Akademie Maastricht und Zeitgeschichte an der Universität Wien. Er lebt als freier Architekturtheoretiker, Kurator und Künstler in Wien und Graz und arbeitet an Ausstellungen und Projekten über Planungsmythologien und Alltagsarchitektur. Zuletzt beschäftigte er sich mit der Produktivkraft des Verbrechens für die Entwicklung von Kunst, Architektur und Stadtplanung. Seine wissenschaftlichen Veröffentlichungen "High Crime" - Gesellschaft, Kunst und Verbrechen, Wien 1998 und "Real Crime" - Architektur, Stadt und Verbrechen, Wien 2003, lieferten die Grundlage für die Konzeption von "Akte Langenhagen" im Kunstverein Langenhagen:

Das Projekt beschäftigt sich mit der Wahrnehmung von Zeichen und deren unterschiedlichen Lesbarkeiten am Beispiel fiktiver Kriminalfälle im Raum Langenhagen. Der Grundgedanke, die eigene Stadt als Detektive zu erkunden, liegt in der Zuschreibung der detektivischen Vorgehensweise, der Fähigkeit, unscheinbare Zeichen zu lesen, zu deuten und auf die Ganzheit der Stadt zu beziehen. Die Spur steht hierbei im Zentrum - die nebensächlichen Details, welche durch die Ergänzung mit individuellen Erfahrungen lesbar gemacht werden und auf die Wahrnehmung und Erfahrung der gesellschaftlichen, architektonischen und städtebaulichen Umgebung zurückwirken. Die Spurensuche des Detektivs wird zur Leitvorstellung für die Lesbarkeit der Stadt.

Diese Vorgehensweise der Deutung eines ausschnitthaften Angebotes weist Parallelen zu der Arbeitsweise von Kunsthistorikern und Polizei- detektiven: Die Deutung von Zeichen und deren Verortung innerhalb ihres Kontextes als Angebote zur Wahrheitsfindung.

In seinem Vortrag "Polizeiliche Spurensicherung als Einführung in die Zeichenlehre" am 26. März 2004 verglich Michael Zinganel anhand von Beispielen aus Polizeiarbeit, Film und bildender Kunst die Felder der Polizeiarbeit mit jenen künstlerischen Produktion. In beiden geht es um das Sammeln, Arrangieren und Deuten von Zeichen. Im ersten Fall um die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit, wie sie sich wirklich zugetragen hat, in der Absicht, einen Schuldigen zu finden und verurteilen zu können. Im zweiten Fall geht es nicht um objektive Antworten, sondern um neue zusätzliche Fragen, was denn hinter dieser vermeintlich objektiven Wahrheit steckt.

Anschließend führte Eckhard Rühe, Kriminaloberkommissar vom zentralen Kriminaldienst der Polizeidirektion Hannover, Abt. Kriminaltechnik, in Methoden der kriminalistischen Spurensicherung ein: "Beweise für ein Verbrechen? - Einführung in Tatortarbeit und Spurensicherung".

Im Anschluss an die Vorträge begaben sich interessierte "Detektive" unter Leitung von Michael Zinganel auf Spurensuche nach "verdächtigen" Zeichen und Objekten in öffentlichen und privaten Räumen Langenhagens. Mit Hilfe polizeilicher Spurensicherung wurden Indizien gesammelt, geordnet und kommentiert. Die sichergestellten Objekte wurden analysiert, interpretiert und zu Erzählungen zusammengefügt.

Dabei werden Bedeutungen konstruiert, die sowohl von persönlicher Erfahrung, als auch von massenmedialer Überformung geprägt sind. Sie spiegeln unsere Vorstellungen von Gesellschaft und der architektonischen und städtebaulichen Struktur, in der wir leben.

Die gesammelten und geordneten "Indizien", einschließlich dem Foto- und Planmaterial ihrer Fundorte, werden durch die Teilnehmer des Workshops in "Beweisführung I" ausgestellt und bilden die Basis für fiktive Geschichten und Fälle, die nun - im Kunstverein - das Publikum interpretiert.

Drei Wochen später wird "Beweisführung I" durch Eingriffe, Reduzierungen und Hinzufügungen von Michael Zinganel "neu geordnet". Besucher und Öffentlichkeit werden erneut um "Mithilfe" an der Aufklärung des unbekannten "Verbrechens" - d.h. an der Deutung von Zeichen beteiligt. "Beweisführung II" wird am Samstag, dem 24. April, um 20:00 Uhr mit einem Vortrag von Dr. Cornelia Vismann, Frankfurt, eröffnet. Unter dem Titel "Vor dem Gericht" geht sie in ihrem Vortrag der Frage nach, wo die Affinität von Gericht und Theater begründet liegt. Dabei erörtert sie das Drama, das in der Antike die Funktion einer Probebühne für das Gericht einnahm. "Beweisführung II" ist bis zum 14. Mai 2004 im Kunstverein Langenhagen zu sehen. Pressetext

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Akte Langenhagen
Ein Projekt zur Spurensicherung in Kunst und Verbrechen
Leitung: Michael Zinganel
02.04. - 18.04.2004 Beweisführung I
24.04. - 14.05.2004 Beweisführung II