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Der Hamburger Künstler Alexander Rischer betreibt Geschichtsforschung der besonderen Art: In klassischer analoger Schwarzweissfotografie präsentiert er historische Gebäude und Kleinarchitekturen wie Außenkanzeln und Taubentürme, aber auch bizarr anmutende Dinge wie Jammerkreuze oder Irrhaine.

Die Objekte wirken mitunter rätselhaft, da man als Betrachter häufig nicht mehr deren ursprüngliche Funktion erkennen kann. Zu was war beispielsweise ein in Stein gehauenes sogenanntes „Nadelöhr“, ein „Seelenloch“ oder ein „Damensattel“ gut? Alexander Rischer findet Antworten auf seinen zahlreichen Recherchereisen. Trotz seines umfangreichen Wissens um Geschichte, Sitten und Gebräuche seiner Motive gibt Rischer lediglich Name, Ort und Jahr in den Bildtiteln bekannt und lässt so dem Betrachter Raum für eigene Assoziationen. Ein Wechselspiel von Bedeutungszuweisung und Bedeutungsentzug beginnt und läßt die Grenzen zwischen Geschichte und Fiktion verschwimmen.

Die Stimmung und die Settings in den Bildern erinnern teilweise an Geschichten von Edgar Allan Poe. Auch der Titel der Ausstellung caput corvi ist jener latent rätselhaften Stimmung geschuldet: Caput corvi ist ein Begriff aus der Alchemie und heißt übersetzt „Rabenhaupt“. Er bezeichnet den schwarzen Niederschlag auf dem Quecksilber, der bei der Herstellung von Quecksilberoxid entsteht. In einem Kreislaufprozess und unter rotem Dampf entsteht das Quecksilber erneut, und der „schwarze Rabe“ verwandelt sich in der Logik der Alchemie wieder in eine „weiße Taube“. Bewusst gebrochen wird diese atmosphärische Aufladung durch eine betont nüchterne Darstellung, die teilweise an eine wissenschaftliche Dokumentation erinnert. Rischer fügt häufig räumlich weit auseinander liegende Motive zu thematischen Reihen zusammen, wie zum Beispiel Taubenhäuser, Rundtürme oder Totenlaternen. Dieses Bilden von Serien oder Typologien sowie das Arbeiten in schwarzweiß erinnert zunächst an das Düsseldorfer Künstlerpaar Bernd und Hilla Becher, die mit ihren Typologien von Wasserbehältern, Hochöfen und Fachwerkhäusern bekannt geworden sind. Im Gegensatz zu den Bechers isoliert Rischer seine Motive jedoch nicht, sondern bezieht bewusst den Umraum mit ein.

Der Kunstverein Hildesheim zeigt eine Auswahl von Alexander Rischers Arbeiten der letzten zehn Jahre. Unter anderem die „Disqualified Round Towers“, eine Serie von Rundtürmen aus Irland. Wodurch sich Rundtürme „disqualifizieren“ können erklärt Rischer in kurzen Texten. Prozessionslauben aus Franken und eine unterirdische Freimaurer Spiegelgrotte aus Flensburg werden ebenfalls zu sehen sein. Für die Ausstellung im Kunstverein ist Alexander Rischer auch in Hildesheim und Umgebung auf Motiv- und Geschichtssuche gegangen. Gefunden hat er unter anderem eine Pyramide im Wald bei Astenbeck und einen mumifizierten Katzenhai in der Kirche von St. Godehard.

Im Rahmen der Ausstellung erscheint ein Katalog.

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Alexander Rischer
caput corvi
Kurator: Elke Falat