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KLEBEBILDER Alfred Resch

Ich will vom ersten Eindruck ausgehen, vom ersten über diese Bilder aufgenommenen Gefühl, und das war der Satz : Das Teilchen und das Ganze.

Obwohl Alfred Resch vom sinnlichen und unmittelbar erfahrbaren Medium Malerei ausgeht, das ist zu sehen, das ist auch zu spüren, erweckt er sofort das Bedürfnis zu philosophieren. Je länger die Betrachtung der Arbeiten andauert, umso deutlicher werden die von ihm dargestellten Gegensätze. Die vielen winzigen Farbpartikel einer Ordnung kommunizieren mit den Teilchen einer anderen Ordnung. Bei seinen Collagen sind es alltägliche Bidgeschichten, die er mitverändert, indem er sie durch Überkleben und Übermalung einer universelleren Gesamtordnung unterwirft. Anders ausgedrückt: seine Teilchen sind schließlich das Ganze.

Als Künstler erlebt man weitgehend eine in Ich und Du, in Innen und Außen, in Geist und Körper geteilte Welt. Aber auch: daß diese Gegensätze nur scheinbare sind, daß sie sogar die Grundlage zur Einheit des Denkens und Lebens bilden. Auch: daß Transzendenz und Immanenz nicht getrennt voneinander zu denken sind. Auf die Bilder von Alfred Resch übertragen heißt das: seine winzigen Bild und Farb- Einheiten bilden zwar über ihre Summe das ganze Bild, aber das Ganze ist immer mehr als die Summe der Teilchen. Man kann an den Satz von der Erhaltung der Energie denken, aber auch an Kommunikationssysteme, wie sie uns die Kybernetik vorführt, Systeme, in denen Menschen und Kosmos als Beziehungsinstanzen gesehen werden. Die Trennung von Körpüer und Geist, jahrhundertelang ein Diskurs zwischen Philosophien unterschiedlicher Auffassungen erscheint in diesem Licht völlig absurd. Er nennt seine Bilder Klebebilder, um auf den Prozeß ihres Entstehens aufmerksam zu machen; eigentlich auf zwei Prozesse: das Malen und das Kleben. Und auch anders auf zwei Prozesse: denn ein Teil der Arbeit ist Kalkül, Konzept, Berechnung , wohingegen mit dem Kleben die Unberechenbarkeit, der Zufall ins Spiel gebracht werden. Wirkungen werden offengelassen. Genauer: er ist bei der Arbeit an einem Bild diesen Prozessen selbst ausgesetzt, den Überraschungen beim Ablösen der Klebestreifen , wenn ihn eine vom konzeptionellen weit übertroffene Umschichtung und Umordnung trifft. Mann könnte sogar sagen es wurde ein faszinierender Mechanismus gefunden, der das Hinterste, die untersten, zuerst gemalten Bildschichten als oberste, vorderste sichtbar werden läßt. Soweit wurde aber noch nichts über die Berwewgungen gesagt, Bewegungen in den Bildraum hinein und über den Bildraum hinaus. Kreuzungen , Überschneidungen die Raumgefühl entstehen lassen, ohne daß er Perspektiven benutzen muss. Er liefert keine Stimmmungen und stimmt den Betrachter doch auf seine Arbeiten ein. Er nimmt die Farben rein und unvermischt, und doch spricht sie nicht vordergründig sinnlich. Er versetzt uns in Licht- und Sternenräume, der Bezug zum Kosmischen, und zeigt uns dennoch weder Lichtquellen noch Materie. Wenn er sagt, Malerei sei für ihn der Versuch, die Dinge faßbar zu machen und Einblicke zu bekommen, so sagt er damit auch: das Leben ist nichts Einfaches, das geringste Ereignis ist komplex genug, wir wissen nur wenig darüber. Die entstehend Sprachlosigkeit lädt aber nicht zum Schweigen ein, ebensowenig zur Meditation. Es werden Bildlösungen und Verbindungen wie Rätsel vorgestellt und überläßt dem Einzelnen damit in Kontakt zu treten.

Friederike Schwab Sept. 1998

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Alfred Resch
Klebebilder