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Andrea Bowers
28.9.2019 - 9.2.2020
Eröffnung: Freitag, 27. September 2019, 19 Uhr

Politisches Engagement und künstlerische Arbeit sind für die US-Amerikanerin Andrea Bowers (geb. 1965, lebt in Los Angeles) nicht zu trennen. Seit über zwei Jahrzehnten steht sie für eine künstlerische Position, die eine durchdachte ästhetische Praxis mit einer scharfen politischen Beobachtung aus einer feministischen Perspektive verbindet. Aktivistischer Widerstand und dessen Übertragung in eine künstlerische Sprache finden sich in ihrem Schaffen in einer gekonnten Balance. Ihre Beschäftigung mit unterschiedlichen Formen gewaltlosen Protests oder zivilen Ungehorsams ist von einem historischen Bewusstsein und einer archivarischen Neugierde gegenüber der Geschichte des politischen Aktivismus und seiner visuellen Sprache motiviert.

Ausgangspunkt von Bowers’ Werken sind oft intensive und langwierige Recherchen gesellschaftspolitischer Verfasstheiten, die archivisch aufgenommen und anschließend in aufwendige und raumgreifende Graphit- und Filzstiftzeichnungen, Installationen, Filme, Buch- oder Wortobjekte umgesetzt werden. So prangert sie etwa die US-amerikanische Migrationspolitik, die Waffengesetze der Vereinigten Staaten und die Abholzung von Wäldern an oder beschäftigt sich mit der Aids-Epidemie, dem Recht auf Abtreibung, der #metoo-Bewegung, gewaltfreien Akten zivilen Ungehorsams oder der Klimaerwärmung.

2005 etwa stößt sie auf die so genannte Army of Three, drei us-amerikanische Frauen, die sich in den 1960er und frühen 1970er Jahren für die (Gesundheits-)Rechte von Frauen, inklusive dem Zugang zu legaler Abtreibung und Geburtenkontrolle eingesetzt haben. Die intensive Recherche und die Interviews mit den Beteiligten setzt Bowers um in eine große Wandinstallation, ein Künstlerbuch und einen Film, welche die an die Army of Three adressierten Briefe von verzweifelten Frauen, Männern, Ärzt*innen oder Familienmitgliedern auf unterschiedliche Weise in den Fokus rücken. Seit 2013 entstehen dagegen Filzstiftzeichnungen, die historische Illustrationen vom Anfang des 20. Jahrhunderts wie z.B. vom Arts and Crafts-Künstler Walter Crane großformatig aufblasen, auf rudimentäre Pappkartoncollagen übertragen und deren originale Spruchbänder mit aktuellen politischen Parolen versehen. 2018 wieder führt ihre Beschäftigung mit der #metoo-Bewegung u.a. zu einem bunt blinkenden Lichtobjekt mit dem Schriftzug „Trust Women“. Diese wenigen Werkbeispiele sind insofern typisch für Bowers’ künstlerischen Ansatz, als sie dem in der Masse untergegangenen Einzelfall ein Gesicht geben, dem übersehenen Individuum oder dem im täglichen Nachrichtenfluss vergessenen Thema Sichtbarkeit verschaffen.

Die Ausstellung in der Weserburg Museum für moderne Kunst präsentiert die erste Überblicksausstellung zum Schaffen von Bowers überhaupt und beinhaltet rund 35 großformatige Wandarbeiten und Filzstiftzeichnungen, Filme und Wortobjekte, Installationen und kleinformatige Werke in Graphit der letzten 15 Jahre. Es handelt sich außerdem um die erste Präsentation der international renommierten Künstlerin in Norddeutschland.

Die Ausstellung wird kuratiert von Janneke de Vries, Direktorin der Weserburg Museum für moderne Kunst. Sie entsteht in Kooperation mit dem Museum Abteiberg, Mönchengladbach.