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In seiner dritten Einzelausstellung bei loop – raum für aktuelle Kunst knüpft Andreas Koch unmittelbar an seine vorhergegangene Ausstellung in den gleichen Räumen an. Wieder ist das Fenster ein zentrales Motiv, wieder benutzt Koch sein häusliches Umfeld, um Untersuchungen über Raum und dessen Wahrnehmung im Allgemeinen anzustellen. Während bei der letzten Ausstellung ein übergroßer transparenter Dialichtkasten den multiperspektivischen Ausblick aus seinem Fenster abbildete, dreht er den Blick nun um. Der Betrachter schaut nun von Außen in das Wohnzimmer und die Küche des Künstlers, welche in relativer Dunkelheit hinter den spiegelnden Fensterscheiben in größter Detailgenauigkeit sichtbar werden. Gleichzeitig spiegeln sich auf den Fenstern die erleuchteten Zimmer der Nachbarn vom Haus gegenüber. Wieder verzichtet Koch auf die Zentralperspektive und knüpft eher an ein fast antikes Bildverständnis an. Der Ausgangspunkt ist die Annahme von Wahrnehmung als einem additiven und sukzessiven Vorgang, der viele verschiedene Blicke mit bis dahin angeeignetem Vorwissen verknüpft.

Kernstück der Ausstellung ist jedoch eine größere Skulptur, die die zweifache Vergrößerung seines Balkongeländers darstellt. Das nun über zwei Meter hohe Geländer versetzt den Besucher der Ausstellung in ein anderes Größenverhältnis, nämlich in das eines dreijährigen Kindes, das sich mit den Händen an die Gitterstäbe klammert und durch diese hindurch auf die Welt nach draußen schaut. Die Skulptur wird zur Sehhilfe, zum einfachen Hilfsmittel, sich aus der gewohnten Perspektive zu lösen.

Durch das Geländer hindurch sieht man einen Film, der die Werke der Ausstellung miteinander verknüpft. Der Blick fällt in einer Hinterhofsituation auf das vorher gesehene Wohnzimmerfenster. Langsam zoomt sich die imaginäre Kamera auf das Fenster zu, über einen Baum hinweg und durch das Balkongeländer hindurch. Doch anstatt weiter in das Zimmer zu blicken, wird die Spiegelung des Nachbarhauses immer stärker und füllt bald den kompletten Bildraum. Die Kamera zoomt in das Spiegelbild zu diesem Haus zurück und diesmal in das dort geöffnete Fenster hinein. Dort gibt es einen längeren Schwenk durch den familiär genutzten Innenraum und dann wieder durch das Fenster hinaus, der Film beginnt von vorne.

Koch benutzt für seine „Filme“ nur Fotomaterial. Um sich in einer Fotografie scheinbar dreidimensional zu bewegen, wird entweder die Bildauflösung an ausgesuchten Stellen erhöht oder es werden im Bild verdeckte Stellen ergänzt. Diesmal erweitert er das Spektrum, in dem er ähnlich wie bei einem einfachen Trickfilm mit verschiedenen Ebenen arbeitet, die sich unterschiedlich verhalten und verschieden schnell vergrößern. Auch den Effekt des Spiegelns als Erweiterungsmöglichkeit des Bildraums setzt Koch nun erstmals ein.

Der Titel der Ausstellung lässt sich also buchstäblich lesen und spielt einerseits direkt auf seine seit der letzten Ausstellung veränderte Lebenssituation mit nun zwei kleinen Kindern an und man könnte die Arbeiten analog zu den vielen Arbeiten von Künstlerinnen die Mutter wurden als „Vaterkunst“ bezeichnen. Andererseits benutzt er, typisch für seinen Ansatz, genau diese Situation, um Generelles über die Wahrnehmung von Welt zu sagen.

Oder man könnte den Titel als Statement zu der allgemeinen Ausstellungsflut im heutigen Berlin begreifen, die alle Beteiligten, Künstler und Betrachter dazu zwingt, einen großen Mut zur Lücke zu beweisen. Ob man eine Ausstellung besucht oder macht, wird weniger relevant. Trotzallem freut sich die Galerie loop – raum für aktuelle Kunst, Sie zu dieser Ausstellung einladen zu dürfen.

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Andreas Koch
Manchmal ist es besser, zuhause zu bleiben