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Eigenwilligkeit und Mehrdeutigkeiten zeichnen die Arbeiten von Anita Leisz aus, die sich der Einordnung in den Kanon künstlerischer Techniken entziehen; ein formal vermeintlich klar definierbares Medium wie das des Comics benutzt sie, um labyrinthische Exkurse zwischen Realität und Fiktion auszuführen. Bei dem in der Secession realisierten Projekt ist im Hauptraum das Modell eines Handskelettes zu sehen, das in der Galerie mit den Unterarmknochen fortgesetzt wird; dort an den Wänden aufgetragene kurze Texte bieten Anknüpfungspunkte für die Erfindung von Geschichten, die sowohl aus den Erfahrungen der Künstlerin wie auch jenen der Besucher ihr Material beziehen können.

Konzeptionell führt die Arbeit damit Ansätze weiter, mit denen die Künstlerin sich in den vergangenen Jahren beschäftigt hat: Ihre "Sprechblasenplakate", die 1995 in Wien unter anderem auf großformatige Werbeplakate geklebt wurden, erzählten keine Geschichte; als leere Flächen luden sie Passanten ein, selbst Inhalte einzuschreiben, Reaktionen auf die teilweise überklebten Werbungen oder andere kurze Graffiti.

Für die Comicfigur Den Rest, mit der sie etwa um die gleiche Zeit zu arbeiten begann, erfand sie ein Leben in Grenzbereichen, das die inkonsistenten und offenen Plots schlaglichtartig beleuchteten, anstatt sein Schicksal detailliert auszubreiten. An ihre Ausstellung in der Wiener Galerie Krobath & Wimmer im vergangenen Jahr schließt einerseits das kulissenhafte der überdimensionalen Skelettteile in der Secession an, vor denen der Besuch der Ausstellung zur Performance geraten kann; andererseits werden hier wie dort abgeschlossene einfache Sätze und Satzfragmente eingesetzt, die allgemeine Erfahrungen vermitteln, ohne an Personen gebunden zu sein. Die Texte funktionieren so als Lager, von dem aus Möglichkeiten von Situationen zwischen Realität und Fiktion zugänglich werden.

Anita Leisz löst damit in der Kunst gängige didaktische Beziehungsstrukturen auf - der Text funktioniert gegenüber dem Kunstgegenstand als gleichwertige Einheit, anstatt ihm als Interpretation oder Titel untergeordnet zu sein. Gleiches gilt für den Katalog: Mit ihrer Arbeit reagiert Anita Leisz auf die Texte der Autoren ebenso wie diese wiederum den Ausgangspunkt ihres Schreibens in den Arbeiten der Künstlerin finden. Damit werden die Fähigkeiten des Erinnerns und Ergänzens bei den Besuchern angesprochen: Sie führen sowohl die räumlich getrennten Teile des Skelettes zusammen wie sie auch die Beziehungen zwischen den verschiedenen Textformen und der plastischen Arbeit herstellen. Interpretation wird damit zum Prozess ohne endgültige Ergebnisse und lässt sich weder räumlich noch zeitlich limitieren.

PUBLIKATION ANITA LEISZ 24 Seiten, 10 Farbabbildungen, 3 s/w-Foto Texte: Matthias Herrmann, Jörn Schafaff, Andreas Spiegl Secession 2000, ISBN 3-901926-23-2

Anita Leisz, geb. 1973 in Leoben, lebt in Wien. Ausstellungen (Auswahl): 1999 Galerie Krobath & Wimmer; Studiocity II, Kunstverein Wolfsburg, Studiocity I, Wien; 1998 Den Rest - Die letzten Ereignisse, Kunstverein Ludwigsburg; 1997 Time Out, Kunstverein Nürnberg; Tunnel Vision, Depot Wien

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Anita Leisz