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Anja Schrey ist diesjährige Kaiserring-Stipendiatin. Sie wurde 1967 in Viersen geboren und studierte von 1992 bis 1998 bei Jan Dibbets an der Kunstakademie in Düsseldorf. Im Jahr 2000 erhielt sie das Ringenberg-Stipendium des Landes NRW, vier Jahre später ein Arbeitsstipendium der Kunststiftung NRW. Seit Frühjahr 2006 lebt und arbeitet Anja Schrey in Berlin.

Die Kunst von Anja Schrey kreist um Vorstellungen und Phantasien von weiblicher Identität. In den vergangenen fünf Jahren hat sich Anja Schrey - neben gelegentlichen Performances - auf überlebensgroße Selbstporträts in der Technik der Buntstiftzeichnung konzentriert. Mit feinen Parallelverläufen und Schraffuren entstehen in akribischer Genauigkeit faszinierende, in ihrer Vereinzelung fremd wirkende Figuren vor weißem Grund. Hinter bewusst gesetzter Posenhaftigkeit verbirgt die Künstlerin ihre Individualität. Ihre Gesten enthüllen stattdessen gesellschaftlich entstandene und medial verstärkte weibliche Rollenzuweisungen. Ist das Gesicht im Profil oder frontal gezeigt, lässt es keine emotionale Regung, keine Stimmung erkennen. Dieser gewollte Habitus der Teilnahmslosigkeit hält den Betrachter - neben der Faszination vor der haptischen Präsenz der Dargestellten - auf Distanz.

In Schreys Figuren verdichten sich unterschiedliche Quellen und Ableitungen: Mediale Bilder, Gesten aus ihren Performances und autoreflexive Modellsituationen im Atelier, welche vor ihrer Ausführung auf Papier von der Künstlerin in einer Fotovorlage konkretisiert werden. Der Prozess des Zeichnens stellt für die Künstlerin gleichzeitig eine Vermittlungs- und Distanzierungsebene zum Gegenstand ihrer Arbeit dar. Bevor sie diese dem Publikum „re-präsentiert“, wieder vorstellt, hat sie eine klärende Auseinandersetzung geleistet. Das Zeichnen stellt für Schrey einen Prozess der „Reklamation“, der Rückforderung dar, durch den sie wieder Kontrolle über ihr Bild und ihr Ich gewinnt.

Mit diesen Darstellungen „konstruierter Identitäten“ eröffnen die Selbstporträts einen Fragenkomplex um die Problematik des Subjekts, des Individuums, des Ich und seiner Integrität. Anja Schrey leistet damit nicht nur einen beachtenswerten Beitrag zu den aktuellen, vielfältigen Äußerungsformen der Identitätsproblematik im Bereich der bildenden Künste. Sie erweitert darüber hinaus das klassische Künstlerporträt um eine neue Variante.

In der Ausstellung in Goslar sind sowohl monumentale, wandfüllende Zeichnungen als auch mittlere Formate zu sehen.

Zur Ausstellung erscheinen ein zweisprachiger Katalog sowie eine Edition.

Ausstellungseröffnung am Samstag, dem 30. September um 18 Uhr in Anwesenheit der Künstlerin, es spricht Dr. Bettina Ruhrberg, Direktorin Mönchehaus-Museum für moderne Kunst Goslar

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