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Anna Lea Huchts Zeichnungen und Aquarelle entfalten eine Welt des Skurrilen und des Märchenhaften. Wir blicken in eine Zauberwelt in der sich Bekanntes und Ungewöhnliches in eigenwilliger Weise verbinden. Vertraut ist dabei das Setting, die Anlage der Räume, die meist von oben wiedergegeben werden. Sie bilden den stabilen Rahmen für allerlei Merkwürdigkeiten – tanzende Derwische, geisterhafte Erscheinungen –, aber auch alltägliche Dinge, die durch ihre Vereinzelung und leichte Form- und Dimensionsverschiebungen eine magische Aufladung erfahren. Irgendein Zauber liegt auf diesen Wunderkammern, so dass man eine Seelenverwandtschaft der Künstlerin mit den Meistern des Surrealismus und des magischen Realismus vermuten könnte. Doch fehlt dieser Traditionslinie zumeist jene Beimischung von Humor, die bei Hucht anzutreffen ist.

Greifbar wird sie in einer Gruppe afrikanischer Kunst-Figuren, die als ethnologische Zitate nun ein westliches Wohnzimmer bevölkern. Halb Mensch halb Maskenwesen inszenieren sie in ihrem Umfeld einen ‚clash of cultures‘, der bei Hucht eine absolute Selbstverständlichkeit gewinnt. Im Stillen mag man sich fragen, welche Rituale da praktiziert werden…, beantworten aber lässt sich diese Frage kaum. Denn nie lassen sich Huchts Kompositionen in eindeutige Bilderzählungen auflösen. Eher ist das Gegenteil der Fall: Durch gegenseitige Befragung erlangen die Einzelobjekte eine strahlende Präsenz – aufgeladen mit dem Pathos des Rätselhaften.

Von daher überrascht es denn auch wenig, dass Hucht die Vereinzelung der Gegenstände in ihren Keramikarbeiten noch einen Schritt weiter treibt. Ab dem Jahr 2007 gestaltet sie erste Plastiken, die im Ergebnis wie Verdichtungen des Formenrepertoires ihrer Bilderwelt erscheinen. Neueste Plastiken wirken wie Mutanten aus Vasen, Kopfformen, Wohnzimmerschmuck und präkolumbischen Formzitaten, die die Dingmagie ihrer Zeichnungen ins Dreidimensionale, in unsere Lebenswirklichkeit, überführen. Damit aber kehrt Hucht die Perspektiven um. Während die Aquarelle und Kohlezeichnungen dem Betrachter die erstaunlichsten Kammerspiele bieten, ruht der Blick nun auf uns. Darin liegt freilich nichts Bedrohliches. Eher verkörpern die mal kompakt-verschlossenen mal träumend in sich selbst ruhenden Köpfe die Magie einer Dingwelt, die Hucht mit großer Intensität beschwört.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Texten von Stephan Berg, Christoph Schreier und Vanessa Théodoropoulou.