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Anne Wodtcke montiert 50 tütenförmige Papierobjekte als „mental sculpture“ in der Münchner Innenstadt im öffentlichen Raum. Hier sind sie quasi „ausgesetzt“, sich selbst überlassen. Derartig aus ihrem gewohnten Zusammenhang heraus gerissen, machen sie neugierig - wer in die Tüten hinein schaut, findet Statements wie „ich kann fliegen!“, „ich stehe kopf!“ oder „schmetterlinge im bauch“ auf dem Boden der Tüten. Mit dem die Aktion begleitenden Flyer fragt die Münchner Künstlerin die Passanten: „Haben Sie heute schon getütet?“

Parallel dazu wird Anne Wodtcke in ihrem Atelier die Zeit- und Ortsangaben der Aktion „mental sculpture“ notieren. Außerdem wird jedes Objekt, ehe es sich selbst überlassen wird, fotografisch dokumentiert.

Die Intervention „mental sculpture“ findet im Rahmen der Gruppenausstellung „Skulpturale Handlungen“ statt, die vom 22.07. bis 18.08.06 in der Galerie der Künstler gezeigt wird (München, Maximilianstr. 42; www.bbk-bayern.de, Tel. 089-220463, geöffnet: Di - So 11.00 - 18.00 Uhr). Es erscheint der Einzelkatalog „SKULPTUR.sein“ mit Arbeiten von Anne Wodtcke sowie Texten von Susanne Prinz und Cornelia Kleÿboldt. Anne Wodtcke wird im Rahmen der Ausstellung u.a. eine neue Edition vorstellen, die Edition „SKULPTUR.sein“; als Schenkung geht ein Exemplar an die Münchner Artothek, die bereits in Besitz der 3-teiligen Fotoserie „escape I“ (2004) ist.

Die aktuellen Arbeiten sind Experimente, die Raum, Zeit und Bewegung ausloten. In ihnen „versuche ich auf konzeptionelle und spielerische Weise, das Thema Skulptur neu zu fassen. Neben Ereignis, Körper, Partizipation interessieren mich die Grenzbereiche zwischen Aktion, Performance und Skulptur“. In dem Moment, wo Passanten den Text lesen, läuft auf zwei Ebenen gleichzeitig ein skulpturaler Prozess ab: Einerseits stellen sie beim Lesen mit ihrem Körper einen Bezug zu dem Papierobjekt her und werden so unwillkürlich Teil der Skulptur werden, und andererseits implizieren die Worte eine skulpturale Handlung im Kopf.

Interventionen im öffentlichen Raum erhalten ihren Charakter des Besonderen, des Intendierten nur durch die bewusste Setzung des Künstlers - sie entstehen im Grunde erst durch die Interaktion mit dem Betrachter. Der Reiz liegt darin, dass man ihnen meist unvorbeitet begegnet. Sie können unscheinbare und alltägliche Formen annehmen, was bereits Duchamp, den „Urvater“ der konzeptionellen Kunst, faszinierte.

Bei Anne Wodtcke sind dies braune Packpapiertüten: Denn das Material ihrer Objekte ist schlicht und einfach industriell gefertigtes, unbedrucktes braunes „Packpapier“, das sie durch Falten, Falzen, Schneiden, Biegen, Knicken, Kleben zu Papiertüten formt. Wie etwa in „what did you say?“ von 2003, einer reliefartigen Wandarbeit aus tütenförmigen Papierobjekten. In deren Innern sind jeweils Namen berühmter Persönlichkeiten der (Kultur-)Geschichte wie Martin-Luther King, Macchiavelli, Trappatoni, Mohammed oder Bush zu lesen.

Anne Wodtcke: geb. in Berlin, lebt und arbeitet in München; Studium an der Akademie der Bildenden Künste München und LMU München (Pädagogik, Psychologie, Soziologie; M.A.); zahlreiche Einzel und Gruppenausstellungen im In- und Ausland; Preise und Stipendien; Werke in öffentlichen Räumen und Sammlungen; Buchautorin (Afrika-Reisen).

Pressetext

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Anne Wodtcke: mental sculpture 2006, München
Intervention im öffentlichen Raum

Orte:
- im Säulengang vor der Artothek München
- Atelier Schmellerstr. 18
- im Rahmen der Ausstellung "Skulpturale Handlungen“, Galerie der Künstler, München