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Die ungewöhnliche Gegenüberstellung von Skulptur, Klang- und Videokunst charakterisiert die erste gemeinsame Ausstellung von Frauke Wilken und Annebarbe Kau im Kunstverein Tiergarten.

Wesentlicher Ausgangspunkt der beiden in Köln lebenden Künstlerinnen ist die physische Erfahrung von Körper und Klang im Raum, eine unmittelbare körperliche Berührung bzw. Berührtheit zwischen künstlerischer Arbeit und Publikum. In einem Feld aus Skulptur, Video, Zeichnung und Sound schaffen die Künstlerinnen einen diskursiven Erfahrungsraum verschiedener künstlerischer Medien und Artikulationsformen, der solche berührenden Momente eröffnet.

Frauke Wilkens großformatige textile Skulpturen entwickeln in ihrer installativen Anordnung eine körperliche Präsenz im Raum, die durch den Einsatz von obligatem Schwarz zu einem extremen visuellen Ereignis wird. Biomorphe Formen erinnern im weitesten Sinn an den menschlichen Körper, wenngleich solch konkrete Zuschreibungen angesichts der abstrakten Formen und der radikalen Farbigkeit unmöglich werden. Vielmehr spielen die teilweise hängenden, teilweise liegenden Skulpturen mit der unmittelbaren Konfrontation, werfen in einem Vexierspiel von Aktion und Passivität Fragen nach taktilen Werten, nach weich oder hart, nach warm oder kalt, aber auch nach lebendig oder leblos auf. Scheinbar in einem Zustand der Metamorphose begriffen beginnen sie nicht nur miteinander, sondern auch mit den sich zwischen Ihnen bewegenden BesucherInnen und dem Galerieraum zu interagieren. In Gruppen oder als Solitäre angeordnet entwerfen Wilkens Skulpturen soziale Diagramme und schaffen abstrakte Chiffren für Intimität und Distanz. Der architektonische Umraum erfährt durch die biomorphen schwarzen Körper eine ebenso abstrakte wie unmittelbare Strukturierung, die von großformatigen Schwarzweißzeichnungen erweitert wird.

Im Gegenüber dazu verbreiten die Klangräume von Annebarbe Kau eine ganz eigene und individuelle Note. In ihren Soundarbeiten macht die Meisterschülerin von Nam June Paik Töne, Klänge oder Stimmen "haptisch" erfahrbar. Diese "Klangskulpturen" nutzen bearbeitetes akustisches Material, sie modifizieren scheinbar alltägliche Geräusche zu eindringlichen Klangkompositionen, die sich in den Raum einschreiben und ihn neu codieren. Eindeutigen Kontexten entrissen breiten sie eine hörbare Entzeitlichung im Raum aus und kontextualisieren wiederum sich selbst im Ausstellungsraum. Die Wahrnehmung von Zeit spielt die zentrale Rolle im Werk von Annebarbe Kau. Ihre Klanginstallationen, aber auch ihre Videoarbeiten und Zeichnungen widmen sich den überhörten Klängen und übersehenen Blicken. Sie rekonstruieren jenen sensiblen Zwischenbereich unserer Wahrnehmung zwischen bewusstem Agieren und unbewusstem Geschehen lassen und führen so zu einem konzentrierten sensuellen Erfahren, das Klang, Bild und Bewegung umfasst.

Im Dialog der künstlerischen Arbeiten von Annebarbe Kau und Frauke Wilken treffen Illusion und unsichtbare Realität aufeinander, Objekte und Klänge emanzipieren sich zu Bildern, die autonom von Kontext und Zeit sind.

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Annebarbe Kau / Frauke Wilken
zum greifen nah
Kurator: Ralf F. Hartmann