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"Über das Weibliche möchte ich sprechen, weil ich in einer männlichen Welt lebe..." (1) bekennt die Künstlerin. Dass diese Kommunikation äußerst intensiv verlief, belegen die über 16.000 Arbeiten, die Annemirl Bauer innerhalb von 20 Jahren schuf. Unsere Präsentation gibt Einblick in die Vielfalt ihres Werkes. Ob es sich nun um Mütter mit Kindern, Paare oder die einzelne Frau in ihrer Vielgestaltigkeit und Schönheit handelt, oder ob es die zahlreichen Möglichkeiten sind, die die Frau als Dienstleistende gegenüber dem Mann einzunehmen bereit ist, immer kennzeichnet kraftvolle Sensibilität ihr Schaffen. So werden auch Gewaltphantasien des Mannes gegenüber der Frau parallel zu Literatur und Kunstgeschichte aus feministischer Sicht interpretiert. Aber auch staatliche Gewalt und Disziplinierung in der DDR werden thematisiert und künden von der Isolation des Einzelnen und seiner Hilflosigkeit.

Das selbst Erlebte verknüpfte sich dabei bei Annemirl Bauer immer mit der Prägung durch die allein erziehende Künstlermutter Tina Bauer-Pezellen und einer intensiven Beobachtungsgabe, die sie ihre und die Lage vieler anderer Frauen in den 70er und 80er Jahren wie durch einen Brennspiegel sehen ließ. Dem jeweiligen Thema angemessen fand Annemirl Bauer eine Formulierungsweise, die ebenso facettenreich ist, wie die Malgründe und Zeichen- bzw. Malmittel, die sie für ihre Kunst nutzte. Eine eigenwillig unvoreingenommene Lebenssicht und Darstellungsweise prägt so ihr Schaffen, das zugleich von sensibel-poetischer Sinnlichkeit und Lebenslust kündet, aber auch einen aggressiv militanten Diskurs zum Thema Mann und Frau auf erstaunlich gelungene Weise künstlerisch auszudrücken vermag.

1993 stellte Sabine Reichel in ihrer provozierenden Streitschrift: "Frustriert, halbiert und atemlos. Die Emanzipation entlässt ihre Frauen" (2) fest, dass man unabhängig vom Geschlecht die Summe seiner "freiwillig gesuchten Lebenswege und Erfahrungen" (3) sei. Bezogen auf die Frauen mündet diese Behauptung in der Erkenntnis "Wenn sie sich dazu entschlossen haben, keine Risiken einzugehen, andere für sich arbeiten und ihr eigenes Innenleben verkümmern zu lassen, dann darf man daraus Schlüsse auf ihre Persönlichkeit und nicht auf ihr "Frausein" ziehen." (4) Die zahlreichen Bilder, Zeichnungen und Texte der Künstlerin belegen, das sie einen Weg gegangen ist, der ihrer unerschrockenen, kampfesmutigen und kreativen Lebensart entsprach. Dennoch hat sie die verschiedenen Möglichkeiten unseres Seins eindrucksvoll darzustellen verstanden. So lernen wir in ihrem Werk sowohl die Frau kennen, die "glanzlos und dumpf, ohne Konturen und ohne Feuer, ein unterwürfiges Opfer" war, "das ihrerseits jemanden in der Schlinge hatte", als auch jene, "die blitzte und funkelte, ... scharfe Kanten, wissende Augen und ein schallendes Lachen" besaß und zugleich "Kämpferin und Trösterin, Provokateurin und Vorbild" (5) war. Ob jedoch ihr Fazit: "Die erste gab's in Massen, die zweite war eine Seltenheit" (6) auch für Sie meine Damen und Herren Gültigkeit besitzt, bleibt dahingestellt. Doch Annemirl Bauer beantwortet diese Frage nicht, vielmehr fordert sie uns mit ihren Bildern und Zeichnungen immer wieder zur Reflexion hierüber heraus.

(1) unveröffentlicht, ohne Datum / (2) Heyne Sachbuch Nr. 19/414, München 1993 / (3) Ebd. S.21 / (4) Ebd. / (5) Ebd. S.11 / (6) Ebd. S12

Text / Kuratorin: Prof. Dr. Brigitte Rieger-Jähner

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Annemirl Bauer
Über das Weibliche ...
Kurator: Brigitte Rieger-Jähner