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Die Ausstellung Serendipity zeigt die neuesten Arbeiten der Künstlerin April Gertler, die ein breites Spektrum an Medien einbeziehen, darunter Collage, Zeichnung, eigene Farb- und Schwarzweiß- Fotografie, gefundene Fotografien sowie Skulptur. Serendipity steht auch für die Erforschung der unglaublichen Kraft des Zufalls: glückliche Fügungen, zufällige Begegnungen, eine gewisse Voraussicht und vielleicht sogar Schicksal.

Die Ergebnisse von Gertlers Untersuchungen in den unterschiedlichen Medien (oftmals bedient sie sich mehrerer in einer Arbeit) sind meist klein und beziehen sich auf Aspekte des Alltäglichen – innere Dialoge, Momente und Kleinigkeiten, die die Künstlerin sieht und hört oder auch selbst hervorruft und in Betracht zieht, während sie durch das Leben geht. Die verschiedenen ausgestellten Arbeiten spiegeln das Alltägliche wider. Doch die Betrachtung des Ganzen lässt die Themen erkennen, die sich durch die Arbeit der Künstlerin ziehen: Feminismus, die Bedeutung von Zeit, die komplexe Dynamik intimer Beziehungen, die Anonymität des urbanen Lebens, Mobilität, Globalisierung, und auch die behutsame Betrachtung des Alterns.

In mehreren Diptychen ist eine Farb-Fotografie der Künstlerin einem gefundenen Bild gegenübergestellt – Gertler erwirbt oft ganze Fotoalben auf Flohmärkten, die sie dann nach Bildern durchforstet. Viele der Bilder stammen aus vergangenen Zeiten. Hier sind die Nebeneinanderstellungen nahtlos, manchmal fast malerisch; jedes Diptychon erscheint als verwischte Erinnerung oder abstrakte Realität. Einzelne Fotografien – wie zum Beispiel das von einer frischen grünen Wiese, mit dem Titel „Four-Clover Heaven“ (Vierblättriger Klee Himmel) – sind visuelle Prüfsteine, die dem Betrachter eine kurze Auszeit bieten, während andere Arbeiten mehr Fragen hervorrufen, wie z.B. die Collagen, die Ausschnitte mit Zeichnungen kombinieren oder auch Kombinationen von Text und Bild sind. In einer anderen Arbeit findet eine farbige Collage Widerhall in einem sich an der Wand darunter ergießenden Meer von bunten Filzkegeln.

Aus diesen ganz unterschiedlichen Elementen kristallisieren sich langsam verschiedene Erzählstränge. Zusammenhalt erfahren sie durch zwei sehr starke Aussagen: an der Stirnwand des Ausstellungsraumes ist ein ausgeschnittener Frauenmund zu sehen, der über einen Regenbogen aus dünnen, farbigen Fäden mit einer großen, auf einem Podest installierten Kristallkugel verbunden ist.An der gegenüberliegenden Wand sieht man das Bild eines Frauenkopfes – eine Fotografie aus den siebziger Jahren, die die Künstlerin vergrößert und bearbeitet hat. Die Augen der Frau fehlen, stattdessen strahlen gezeichnet Linien aus den leeren Stellen hervor. Auf mutige Weise werden hier Zeiträume und Emotionen vermischt. Beide Arbeiten erinnern an die Frauen in den schon zur Ikone gewordenen Fotomontagen des russischen Künstlers Alexander Rodchenko. Es ist sowohl eine Ausstellung über die Fähigkeit sich auszudrücken als auch über die Unbegrenztheit der eigenen Vorstellungskraft.

Für April Gertler ist es die erste Ausstellung, die alle Medien in sich vereint, mit denen sie arbeitet; der Scherpunkt liegt dabei auf der Collage. Im Gegensatz zu den flüchtigen Gelegenheiten, die die Fotografie bietet, strebt die Collage durch Vermischen, Umgestalten und Aneignung eine vielleicht beständigere Form der Möglichkeit an. Serendipity per se. Glücklicher Zufall. Diesem Glauben an einen solchen Zufall wohnt natürlich eine unbändige Hoffnung inne, dass solch ein glücklicher Zufall genau dann auftreten könnte, wenn wir es am wenigsten erwarten.

April Gertler, 1969 in Wiesbaden geboren, lebt und arbeitet in Berlin. Ihre Arbeit wurde sowohl in den USA als auch in Europa gezeigt, unter anderem in der Galerie Image (Aarhus, Dänemark), Visite ma Tente (Berlin), Invaliden1 (Berlin), Galerie Rautenstrauch (Frankfurt) und The City Gallery (Leicester, England). In 2008 war sie Stipendiatin des Pour l’instant, (Niort, Frankreich).

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April Gertler
Serendipity
Kurator: Anja K. Rautenstrauch