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Obdachlosigkeit gehört seit vielen Jahren zu den sozialen Problemen moderner Gesellschaften und ist die Kehrseite der glänzenden Städte, die ihre Wettbewerbsposition im globalen Wettkampf um Investoren und Wachstum ständig verteidigen müssen. Mit der Ausstellung "Architektur der Obdachlosigkeit - BISS zu Gast im Museum der Arbeit" eröffnet das Museum der Arbeit den Ausstellungszyklus zur postindustriellen Stadt. Damit greift das Museum aktuelle Tendenzen in der Diskussion um die Zukunft der europäischen Stadt auf und thematisiert in diesem Rahmen das Ende der industriellen Gesellschaft und die Zukunft von Arbeit, Freizeit und Wohnen im urbanen Raum.

Das Museum der Arbeit zeigt ab dem 09. Juli die Ausstellung "Architektur der Obdachlosigkeit - BISS zu Gast im Museum der Arbeit". Ausgehend von der Frage wie Menschen ohne Obdach sich ihre Umwelt gestalten, haben acht international anerkannte Fotografen Lebensumstände und Lebensräume von Obdachlosen auf der ganzen Welt dokumentiert. Die Idee zur Ausstellung entstand anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Münchner Straßenzeitung BISS, die mit dieser ungewöhnlichen Fotoausstellung auf die weltweite Problematik von Obdachlosigkeit und Armut aufmerksam machen will.

Wolfgang Bellwinkel, Boris Mikhailov, Ulrike Myrzik/Manfred Jarisch, Dayanita Singh, Wolfgang Tillmans und John Vink wurden von der Straßenzeitschrift BISS eingeladen die Welt der Obdachlosen und die unterschiedlichen Formen und Aspekte von Obdachlosigkeit darzustellen.

Mit Aufnahmen des Hamburger Fotografen Andreas Herzau erweitert das Museum der Arbeit die Ausstellung um eine Hamburg-Perspektive. Andreas Herzau zeigt Fotografien aus einer 2003 entstandenen Serie zur Obdachlosigkeit.

Die Ausstellung "Architektur der Obdachlosigkeit", die von Frau Dr. Karin Sagner kuratiert wurde, entstand auf Initiative von BISS - Bürger In Sozialen Schwierigkeiten. Sie wurde erstmals 2003 in der Pinakothek der Moderne in München gezeigt, wobei Frau Dr. Graeve Ingelmann maßgebend Dank gilt. Die Werbeagentur Heye & Partner hat für die Ausstellung in Hamburg, wie zuvor in München, die gesamte Gestaltung der Druck- und Werbemittel übernommen. Die Ausstellung in Hamburg wird von der GWG SAGA unterstützt.

Zur Ausstellung in Hamburg wird der Katalog, der bereits in München erschien, in limitierter Anzahl erhältlich sein. Architektur der Obdachlosigkeit - BISS zu Gast in der Pinakothek der Moderne.

Wolfgang Tillmans zeigt in dieser Ausstellung sechs Arbeiten, die zwischen 1990 und 2000 entstanden. Szenen, in denen Obdachlose tagsüber mit ihrer Habe im Einkaufswagen durch die Stadt unterwegs sind, sich zum Schlafen auf den nackten Asphalt legen oder für kurze Zeit in der Untergrundbahn einen Ruheplatz suchen, finden wir inzwischen weltweit in allen Großstädten. Die drei groß- und drei kleinformatigen Aufnahmen vermitteln uns mit dem Blick auf eine Stadt und deren Straßen nüchtern den städtischen Lebensraum der obdachlosen Menschen.

Boris Mikhailov Case History (übersetzt Krankengeschichte) heißt die 1999 publizierte Fotoserie von Boris Mikhailov. 30 Arbeiten aus dieser Serie sind in der Ausstellung zu sehen. Sie zeigen die erbärmlichen Lebensumstände der Obdachlosen in der Ukraine nach dem Glasnost in schockierender Realität.

Wolfgang Bellwinkel richtet den fotografischen Blick auf ein unverzichtbares Detail der obdachlosen Habe: die Matratze, die Unterlage, die zum Schlafen dient. Die siebenteilige Fotoreihe entstand in München unter Mithilfe von Wohnungslosen, die sich bereit fanden, ihre mobilen Schlafplätze fotografieren zu lassen. Es entstand eine Serie, die durch ihre Schlichtheit und Nüchternheit beeindruckt und durch ihre Ästhetik befremdet.

Ulrike Myrzik & Manfred Jarisch haben Obdachlose und ihre Schlaf- und Wohnplätze im urbanen Raum fotografiert. Ihre zwölfteilige Fotoreihe dokumentiert Schlafplätze von Wohnungslosen in Japan, Hongkong und Thailand und zeigt dabei wie sich die architektonischen Konstrukte der Obdachlosen in die bestehende Architektur der boomenden Großstädte einpassen und teilweise behaupten. Wasserabweisende blaue Mülltüten und brauner Karton dienen dabei als elementare Baumaterialien; Materialien wie sie Obdachlose auch in Europa und in den USA für ihre Unterkünfte heranziehen.

John Vink hat ebenfalls in Asien nach Formen der Obdachlosigkeit recherchiert. Seine elfteilige schwarz-weiß Fotodokumentation von Landlosen bzw. Obdachlosen in Kambodscha ist Teil einer größeren, umfassenderen Reportage, in der sich Vink mit den Massen der durch Krieg und verfehlter Planung land- und obdachlos gewordenen Kambodschanern auseinandersetzt. Diese lassen sich in ihrer Not auf minenverseuchten Gebieten nieder, richten sich provisorisch ein, um dann durch Regierungsbeamte erneut vertrieben zu werden.

Dayanita Singh schildert in ihrer zwölfteiligen, schwarz-weiß Fotogeschichte das Leben des indischen Eunuchen Mona Ahmed, der obdachlos geworden, auf einem Friedhof Unterschlupf gefunden hat. Zwischen den Gräbern der Verstorbenen versucht Mona Ahmed sich notdürftig einzurichten und ein menschenwürdiges Leben zu führen.

Andreas Herzau nimmt die Nachricht, dass eine 75-jährige wohnungslose Frau wegen Herzstillstands im Hamburger Stadtpark tot von einer Bank fiel, zum Anlass einer Spurensuche. Er findet die alltäglichen Stationen dieser Frau: städtische Orte, Schlaf- und Rastplätze, die von den Obdachlosen aufgesucht werden. So entsteht eine Serie, die eindringlich das Leben zwischen Parkbank, Sozialamt und Fußgängerzone dokumentiert. Pressetext

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Architektur der Obdachlosigkeit
Die Straßenzeitung BISS zu Gast im Museum der Arbeit

mit Wolfgang Bellwinkel, Boris Mikhailov, Ulrike Myrzik / Manfred Jarisch, Dayanita Singh, Wolfgang Tillmans, Andreas Herzau, John Vink