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Unter dem Titel „Torcida“ zeigt Armando Andrade Tudela eine Gruppe von neuen Arbeiten. Die minimalistischen Objekte aus Glas, Stahl und Rattan veranschaulichen einfache, geometrische Verfahren und Eingriffe ins Material. Das spanische Adjektiv torcido/a bedeutet „schräg“ oder „schief“. Torcidas werden auch die berühmt-berüchtigten Fan-Gemeinschaften brasilianischer Fußballclubs genannt, die im Stadion ihre Mannschaften anheizen und gegebenenfalls den Spielverlauf beeinflussen (torcer = verbiegen, drehen, verändern). Der Titel deutet auf ein Leitmotiv der Ausstellung, geometrische Formenvariationen und Formen sozialer Gemeinschaften zusammenzudenken.

Vier aus Rattan geflochtene Wandobjekte spielen auf eine wiederkehrende Fragestellung in Andrade Tudelas Werk an: wie scheinbar gleiche formale Mittel und Formulierungen dennoch in diversen historischen und kulturellen Kontexten eine unterschiedliche Grammatik und Bedeutung besitzen können. In der Vergangenheit hat Andrade Tudela diese Frage oft anhand der Unterschiede, aber auch der Gemeinsamkeiten der Moderne und ihrer Entwicklung in Europa und Südamerika verhandelt. Die Verwendung von Rattan deutet auf eine „exotische“ oder „sanfte“, alternative Moderne und auf die romantische oder kolonialistische Vorstellung einer handwerklich-traditionellen und auf natürlichen Produkten aufbauenden „tropischen“ Ökonomie. Gleichzeitig erinnern die Rattan-Objekte an Op-Art oder optische Experimente und zeugen damit von Andrade Tudelas Interesse an Formen der Wahrnehmungserweiterung und an den künstlerischen und sozialen Experimenten der (Gegen-)Kultur der 1960er Jahre.

In einer für die Ausstellung entstandenen Serie geometrischer Studien aus Glas und MDF werden Variationen einer Matrix dekliniert. Diese Objekte sind irgendwo zwischen Studie, Modell und Skulptur einzuordnen und greifen verschiedene Elemente der Ausstellung modellhaft auf, wie die Rahmengröße einer kleinen Serie von Kollagen oder ein an die Wand gelehntes Metallobjekt.

Weniger als die Präsentation eines fertigen Produkts oder die Entwicklung einer spezifischen Formensprache interessiert Andrade Tudela der Sprachcharakter und die Lesbarkeit klassischer Formen der Kunst, z.B. des Minimalismus oder der geometrischen Abstraktion, in ihrer heutigen Rezeption.

Anfang 2010 erscheint der erste monographische Katalog/Künstlerbuch von Andrade Tudela in einer Zusammenarbeit des Berliner Künstlerprogramms des DAAD mit der Ikon Gallery in Birmingham und dem FRAC Bourgogne in Dijon.

Armando Andrade Tudela, geb. 1975 in Lima, Peru, war 2008/09 Gast des Berliner Künstlerprogramms/DAAD. Andrade Tudela hat an der Pontificia Universidad Católica in Lima und am Royal College of Arts in London studiert. In Lima war er an dem Künstlerraum und -kollektiv "Espacio la Culpable" beteiligt. 2004/05 war er Stipendiat der Jan Van Eyck Akademie in Maastricht. 2008/09 hatte Andrade Tudela Einzelausstellungen in der Kunsthalle Basel, im Frankfurter Kunstverein und in der IKON Gallery in Birmingham. Er hat an zahlreichen Biennalen, wie z.B. der Lyon Biennale 2007, und internationalen Gruppenausstellungen, z.B. im Walker Art Center in Minneapolis (2007) und im MACBA in Barcelona (2009), teilgenommen. Für Anfang 2010 sind Einzelausstellungen im MACBA, Barcelona, und im FRAC Bourgogne geplant. Armando Andrade Tudela lebt und arbeitet im französischen Saint-Étienne und in Berlin.

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Armando Andrade Tudela
„Torcida“