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Nach der erfolgreichen Ausstellung „Im Rhythmus der Natur“ im Sommer 2006, einer umfangreichen Präsentation expressionistischer Landschaftsmalerei, setzt das August Macke Haus seine Themenausstellungen fort und stellt nun eine zweite Gattung vor, die im rheinischen Expressionismus eine bedeutende Rolle gespielt hat: das Porträt. Mit rund 40 Gemälden von zwölf Künstlern und Künstlerinnen wird dabei ein reiches und vielseitiges Spektrum expressionistischer Porträtmalerei erschlossen.

Neben August und Helmuth Macke, Heinrich Nauen, Marie von Malachowski-Nauen, Heinrich Campendonk, Hanns Thuar, Paul A. Seehaus, William Straube, und Carlo Mense und F. M. Jansen werden mit Heinrich M. Davringhausen und Walter Ophey Künstler integriert, die sich zeitweise in ganz besonders intensiver Weise mit der Porträtmalerei beschäftigt haben.

Die Porträtmalerei ist eine seit dem Spätmittelalter gepflegte und äußerst beliebte Gattung innerhalb des malerischen Aufgabenspektrums. Kunsttheoretisch mit dem Vorwurf der reinen Naturnachahmung behaftet und entsprechend abgewertet, erfreute sie sich dennoch großer Beliebtheit, weil sie, zumeist als privater Auftrag vergeben, durchaus Möglichkeiten der individuellen Interpretation offen ließ und gleichzeitig eine große technische Perfektion verlangte. In der Moderne wurde das Porträt, neben Landschaft und Stillleben, zum Experimentierfeld neuer, innovativer Darstellungsmodi. Von einer expressiven Dramatisierung, mittels der Farbe bis hin zu einer am Kubismus geschulten formalen Auflösung der Figur reicht das Spektrum der Möglichkeiten zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Bei der Auswahl der Künstler und ihrer Exponate für diese Ausstellung wurden verschiedene Aspekte berücksichtigt: - die Einbindung der vorgestellten Künstler in den Kontext des rheinischen Expressionismus - eine zeitliche Schwerpunktsetzung auf die Jahre vor dem I. Weltkrieg als der eigentlichen Hochphase des rheinischen Expressionismus - ein thematischer und formaler Querschnitt, der z. B. Künstlerselbstporträts, intime Familien- und Freundschaftsbildnisse, sowie repräsentativen Auftragsporträts umfasst und der den Einfluss großer Vorbilder wie Vincent van Gogh oder Henri Matisse ebenso sinnfällig vor Augen führt wie Experimente mit kubistischen oder orphistischen Bildlösungen.

Begegnungen mit der Kunst sind immer individueller Natur. Museen werden aufgesucht, Bilder werden betrachtet weil sie etwas zu erzählen haben – etwas, was jeder Betrachter mit sich, seiner eigenen Situation, seinen heutigen Lebensumständen in Beziehung setzt. Weit über den Zugewinn an Information oder Bildung hinaus entsteht ein Dialog zwischen dem Kunstwerk von damals und dem Menschen, der es heute anschaut.

In ganz besonderer Weise gilt dies für die Porträtmalerei. In der künstlerischen Darstellung eines Menschen vermittelt sich über Zeitgrenzen hinweg in unmittelbarer Weise seine Individualität – so, wie der Künstler sie gesehen und ausgedeutet hat. Ein Bildnis zeigt nicht nur die äußere Erscheinung des Porträtierten, also etwa sein Alter, sein Geschlecht, seine Physiognomie, sondern lässt auch immer etwas über seine persönliche Lebenssituation, sein Temperament, seine gesellschaftliche Rolle oder sein Wesen erahnen. Es entsteht ein Raum für die Assoziationen, Phantasien, Gedanken des Betrachters. Das Bild wird zu einer spannenden Geschichte, der Porträtierte zu einer lebendigen Person.

Deshalb hat das August Macke Haus im Vorfeld seiner Ausstellung zur Porträtmalerei im rheinischen Expressionismus zu einer kreativen Spurensuche eingeladen: Ein Teil der Texte des begleitenden Ausstellungskataloges ist in Form individueller Begegnungen entstanden. Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bonn, von jung bis alt, vom Busfahrer zum Professor, vom Funktionsträger zum Nachbarn wurden eingeladen, sich mit jeweils einem Porträt der Ausstellung intensiv zu beschäftigen und aufzuschreiben, was ihnen dazu in den Sinn kommt. Bilder wurden so neu gesehen – weniger durch die Brille des kunsthistorischen Experten als vielmehr durch ein menschliches Gegenüber, Entdeckungen wurden gemacht, spannende Geschichten erzählt. Insgesamt sind es 35 Bildnisse, gemalt von zwölf Künstlern und Künstlerinnen, die zum Schreiben aufforderten und 35 Texte von Bonner Bürgern, die ihnen im Katalog gegenüber gestellt werden.

Kuratorin: Dr. Martina Padberg

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Augenblicke
Bonner Begegnungen mit Porträts des rheinischen Expressionismus
Kuratorin: Martina Padberg

Künstler: Heinrich Campendonk, Heinrich Maria Davringhausen, Franz M. Jansen, August Macke, Helmuth Macke, Marie von Malachowski-Nauen, Carlo Mense, Heinrich Nauen, Walter Ophey, Paul Adolf Seehaus, William Straube, Hanns Thuar ...