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Der Kuss von Auguste Rodin (1840 Paris – 1917 Meudon) gehört zum Bestand weltweit bekannter Werke, die ähnlich der Sixtinischen Madonna oder der Mona Lisa weit über den europäischen Kulturraum hinaus erkannt werden. Rodins Der Kuss ist als Ikone der innigen Liebe zwischen Mann und Frau Teil des kollektiven Gedächtnisses geworden. Bei genauerem Hinsehen offenbaren sich andere, vielleicht widersprüchliche Aspekte dieser bedeutenden Skulptur.

Die Ausstellung widmet sich mit dem Kuss einer der populärsten Schöpfungen des großen französischen Bildhauers. Mit dem Kuss als Mittelpunkt stellt sie erstmals die Paare und Paarbildungen in den Mittelpunkt und erschließt damit ein zentrales Gebiet in Rodins künstlerischem Schaffen. Rodin hat wie kein anderer Bildhauer das Verbinden und Kombinieren, das „Paaren“ von bildhauerischen Einzelformen zu immer neuen, wechselnden Konstellationen zum Prinzip seiner Arbeit gemacht und damit auch das Hervorbringen immer neuer, wechselnder, changierender Bedeutungen. Dabei hat Rodin immer wieder auf klassische Bildthemen zurückgegriffen wie Pan und Nymphe, Amor und Psyche, Paolo und Francesca, Adam und Eva.

Das einseitige Verständnis von Rodins Der Kuss hat seinen Grund offenbar in den überaus zahlreichen fotografischen Reproduktionen. Zumeist frontal von einem leicht nach links versetzten Standpunkt aufgenommen, suggerieren sie die Hingabe der weiblichen Figur. Jedes dreidimensionale Werk und besonders die Skulptur Der Kuss ist aber für eine mehransichtige Betrachtung gedacht. Beim Umschreiten des Originals offenbaren sich dem Betrachter auch ganz andere Perspektiven: Der Mann weicht zurück, wirkt starr, fast verkrampft, und so überrascht es, wie lange sich auch in der Wissenschaft die einseitige Interpretation des Kusses als Ausdruck innigster körperlicher Liebe halten konnte. Die gängige kunsthistorische Praxis, vor Reproduktionen anstelle vor Originalen zu arbeiten, hat diese häufige „Fehlinterpretation“ zweifellos gestützt.

Die Ausstellung zeigt 35 Plastiken in Marmor, Bronze und Gips aus allen Schaffensphasen sowie zahlreiche Zeichnungen, Aquarelle, Fotogravuren und Fotografien aus dem Musée Rodin, Paris, der Alten Nationalgalerie, Berlin, der Eremitage, Sankt Petersburg, der Ny Carlsberg Clyptothek, Kopenhagen, sowie aus weiteren internationalen Museen. Vertraute Skulpturen erscheinen in dieser Ausstellung in neuem Licht, Rodins Werk tritt uns mit neuer Aktualität vor Augen. Historische Fotografien, im Auftrag des Künstlers entstanden und von ihm autorisiert, vermitteln eine persönlichere, vielfältigere Sicht auf seine Arbeit.

Die in Kooperation mit der Hypo-Kunsthalle in München entstandene Ausstellung wird begleitet von einem beim Hirmer Verlag, München erschienenen Katalog mit Beiträgen von Anne-Marie Bonnet, Roger Diederen, Gabriele Kopp-Schmidt, Mario-Andreas von Lüttichau und Christian Schoen.

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Auguste Rodin. Der Kuß. Die Paare.

Stationen:
22.09.06 - 07.01.07 Hypo-Kunsthalle, München
27.01.07 - 08.04.07 Museum Folkwang, Essen