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Bazon Brock, Kulturkritiker, multimedial arbeitender „Generalist“ und „Künstler ohne Werk“ (B. Brock) zieht anlässlich seines 70. Geburtstags Bilanz und skizziert in seinem elf Stationen durchlaufenden „Lustmarsch durchs Theoriegelände“ elf Topologien, mit denen er sich 50 Jahre lang in Literatur, Theater, Ästhetik, Film, Fernsehen, Hörfunk, Action Teaching und Ausstellungen beschäftigt hat. Den einzelnen Präsentationsorten sind Themen wie „Fininvest | Gott und Müll“ in der Schirn, „Kontrafakte | Karfreitagsphilosophie – Der Faschist als Demokrat“ im ZKM – Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe oder „Leben als Baustelle | Scheitern als Vollendung“ im Von-der-Heydt-Museum in Wuppertal als Schwerpunkte zugeordnet, die sich u. a. an Brocks Wirken in den einzelnen Städten orientieren.

Eine Kunstausstellung unterscheidet sich von einem Theoriegelände der Ästhetik wie ein Chemielabor von einem Messestand für Kunststoffhausrat. Brock arbeitet mit den Künsten, anstatt sie bloß an die Wand zu nageln. Das Brock’sche Kunstdenken eröffnet große Perspektiven. Theoreme wie „Der verbotene Ernstfall“ oder „Gott und Müll“ demonstrieren, wodurch man aus Beliebigkeit Verbindlichkeit schafft und aus Glaubenszweifel eine Ewigkeit baut. Die Kunst lehrt zu verehren, wovor wir uns fürchten; die Museen sind Tempel für kunstbekennende Atheisten. Brock gibt Anleitungen für Fininvests, also Investitionen ins Ende; er baut Rettungskomplets und widerruft das 20. Jahrhundert. Das sind Action Teachings der besonderen Art, deren Ziel es ist, eine bleibende Sammlung von Grabbeigaben für die 68er-Generation mit Wiederauferstehungsanlage zu schaffen.

Die Ausstellung mit elf Themeninseln ist jeweils zur Führung mit Bazon Brock geöffnet. Der „Gewaltmarsch“ findet nachmittags von 16 bis 17 Uhr, der „Lustmarsch“ in den Abendstunden von 18 bis 22 Uhr statt. An jedem Ort wird hoffentlich je ein Freund und ein Feind der Brock’schen Arbeit mit ihm einen Diskurs führen. Veranstalter der Diskurse ist der seit 1988 eingetragene Bonner Verein „Helfen Sie mit, Bazon Brock zu lieben“.

In der Schirn Kunsthalle nimmt Bazon Brock unter dem Titel „Fininvest | Gott und Müll“ Bezug auf seine Frankfurter Aktivitäten zur Experimenta 1, 2 und 3, Performances in den Galerien dato Loehr und Sydow, 10 Jahre Kunstmarkt Besucherschulen, Donnerstagsmanifeste und Bloomsdayfeiern. Bazon Brock zu seiner Frankfurter Theorieinsel „Fininvest | Gott und Müll“: „Der Atompilz, das Gehirn am Stängel, garantiert Ewigkeit; Gott ist nicht mehr eine Frage des Glaubens, sondern der Endlagerungssicherheit. 15.000 Jahre Kulturdauer (kleinste Halbwertzeit) hat bisher keine Macht garantiert, aber wir. Wir bauen Kathedralen für den strahlenden Müll mitten in unseren Städten. Das Containment erproben die Museen, die Rituale entwickeln Performance-Künstler, die Liturgien entnehmen wir der Beteiligung an der universitären Selbstverwaltung. Neue Modelle für die Kathedralen Breitscheider Kreuz, Weinbrenner Platz (Karlsruhe), Düsseldorfer Kö-Teich etc. sind von Winfried Baumann fertig gestellt worden; item Tempelverkleidung für Müllwagen und Ritualgewandung für Müllmänner. Berlusconi macht klar: Kapitalismus ist Fininvest – so nannte er die Dachfirma seiner Unternehmungen. Die Auferstehung durch Untergang war und ist die probate Ideologie der Apokalyptiker; gnostisches Denken beherrscht die moderne Kunst. Also: Investieren wir freudig in unseren Untergang!“

EINMALIGER DEMONSTRATIONSZUG: Im Rahmen der Ausstellung veranstaltet der Kunsttheoretiker und Performer Bazon Brock einen Demonstrationszug mit anschließender Kundgebung zum Thema „Gott und Müll“. Am Montag, dem 3. April 2006, um 14.30 Uhr sammelt sich der Demonstrationszug im Außenraum der Schirn-Rotunde. Der Marsch in der Frankfurter Innenstadt mit anschließender Kundgebung dauert 2 Stunden.

PUBLIKATION: Das Gesamtprojekt wird von Peter Weibel 2007 bei MIT Press in englischer und beim Fink-Verlag in deutscher Sprache veröffentlicht.

BIOGRAFIE: Bazon Brock, geboren 1936, studierte in Hamburg, Frankfurt und Zürich Germanistik, Philosophie, Kunstgeschichte und Politikwissenschaften. Während seines Studiums absolvierte er am Landestheater Darmstadt eine Dramaturgie-Ausbildung. Ab 1959 initiierte er gemeinsam mit Joseph Beuys, Nam June Paik, Hundertwasser und Alan Kaprow erste Happenings. Von 1965 bis 1978 hatte er eine Professur für nichtnormative Ästhetik an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg inne. An der Hochschule für angewandte Kunst in Wien war Brock von 1978 bis 1981 Professor für Gestaltungslehre, von 1981 bis 2001 war er Professor für Ästhetik und Kulturvermittlung an der Universität Wuppertal. Für die „documenta“ in Kassel richtet er seit 1968 Besucherschulen ein. Bazon Brock versteht sich als „hauptamtlicher Beweger“, der in ungewöhnlicher Praxis und Theorie seine Rezeptionsästhetik propagiert und in radikaler Veränderung die Kultur „in den materiellen Lebensprozess zurücknehmen“ will. Als multimedial arbeitender „Generalist“ veröffentlichte er zahlreiche Bücher, Schriften, Manifeste, Projekte für Funk und Film und präsentierte sich bisher mit circa 1600 Action Teachings, audiovisuellen Performances und Happenings in den USA, Japan und Europa. Als sein Hauptwerk gilt „Ästhetik als Vermittlung. Arbeitsbiographie eines Generalisten“ (1977). Sein heutiger Arbeitschwerpunkt liegt auf der neuronalen Ästhetik und Imaging Sciences. Brock ist Mitglied der „Forscher-Familie bildende Wissenschaften“, die sich vorrangig mit der Kulturgenetik beschäftigt, um Konzepte zur Zivilisierung von Kulturen auszuarbeiten.

STATIONEN UND THEMEN

03.03.–14.03. 2006 ZKM – Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe, „Kontrafakte | Karfreitagsphilosophie – Der Faschist als Demokrat“ 25.03.–05.04. 2006 Schirn Kunsthalle Frankfurt „Fininvest | Gott und Müll“ 26.04.–06.05. 2006 Museum Ludwig, Köln „Musealisierung als Zivilisationsstrategie | Avantgarde – Arrièregarde – Retrograde“ 14.05.–25.05. 2006 kestnergesellschaft, Hannover „Selbstfesselungskünstler gegen Selbstverwirklichungsboheme“ 02.06.–13.06. 2006 Von-der-Heydt-Museum, Wuppertal „Leben als Baustelle | Scheitern als Vollendung“ 23.06.–02.07. 2006 Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz „Rettungskomplett – Gorgonisiert euch!“ 15.07.–26.07. 2006 Haus der Kunst, München „Uchronie | Ewigkeitsmanagement“ 31.08.–10.09. 2006 Contemporary Fine Arts Berlin „Eine schwere Entdeutschung | Widerruf des 20. Jahrhunderts“ 19.09.–29.09.2006 Museum der bildenden Künste Leipzig „Pathosinstitut AZ – Opferolympiaden“ 07.10.–18.10.2006 Perforum – Seedamm-Kulturzentrum, Pfäffikon (Schweiz) „Verbotener Ernstfall | Gottsucherbanden“ 16.11.–26.11.2006 Phoenix Art / Sammlung Falckenberg, Hamburg „Kunst als Evidenzkritik – Erkenntnisstiftung durch kognitive Fakes“

Pressetext

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Bazon Brock: Lustmarsch durch das Theoriegelände /
Pleasure March Through Theoretical Territory
Bazon Brock sammelt Grabbeigaben für seine Generation

Erster „Gewaltmarsch“: Samstag, 25. März 2006, 1 Stunde, 16–17 Uhr
Erster „Lustmarsch“: Samstag, 25. März 2006, 4 Stunden, 18–22 Uhr
Einmaliger Demonstrationszug durch die Frankfurter Innenstadt: Montag, 3. April 2006, 14.30–16.30 Uhr

www.bazonbrock.de
www.lustmarsch.de

Stationen:
03.03.06 - 14.03.06 ZKM, Karlsruhe,
„Kontrafakte - Karfreitagsphilosophie. Der Faschist als Demokrat“
25.03.06 - 05.04.06 Schirn Kunsthalle Frankfurt
„Fininvest - Gott und Müll“
26.04.06 - 06.05.06 Museum Ludwig Köln
„Musealisierung als Zivilisationsstrategie - Avantgarde. Arrièregarde – Retrograde“
14.05.06 - 25.05.06 Kestner Gesellschaft, Hannover
„Selbstfesselungskünstler gegen Selbstverwirklichungsboheme“
02.06.06 - 13.06.06 Von der Heydt Museum, Wuppertal
„Leben als Baustelle - Scheitern als Vollendung“
23.06.06 - 02.07.06 Neue Galerie, Graz
„Rettungskomplett - Gorgonisiert euch!“
15.07.06 - 26.07.06 Haus der Kunst, München
„Uchronie - Ewigkeitsmanagement“
31.08.06 - 10.09.06 Contemporary Fine Arts, Berlin
„Eine schwere Entdeutschung | Widerruf des 20. Jahrhunderts“
19.09.06 - 29.09.06 Museum der Bildenden Künste Leipzig
„Pathosinstitut AZ - Opferolympiaden“
07.10.–18.10.06 perforum, Pfäffikon / Schweiz
„Verbotener Ernstfall - Gottsucherbanden“
16.11.06 - 26.11.06 Phoenix Art / Sammlung Falckenberg, Hamburg
„Kunst als Evidenzkritik - Erkenntnisstiftung durch kognitive Fakes“