press release only in german

Die aktuellen Arbeiten von Beate Gütschow zeigen zeitgenössische urbane Szenerien: Architektonische Ensembles und infrastrukturelle Funktionseinheiten fügen sich zu streng arrangierten fotografischen Tableaux zusammen. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass der Beton brüchig geworden ist: Aus den Rissen in den Bodenplatten wächst Unkraut, verrostete Fahrzeugteile sprechen von Funktionsuntüchtigkeit und bröckelnde Baumonumente des 20. Jahrhunderts dokumentieren verblassende Ideale.

Beate Gütschow entdeckt ihr Material überall auf der Welt: Etwa in den Metropolen, in denen sie ausstellt, an Orten, in denen Museen stehen, die sie besucht, aber auch in Städten wie Zagreb oder Sarajevo, in denen die ambitionierten Bauvorhaben des real existierenden Sozialismus futuristisch anmutende Gebäude hinterlassen haben. Die Künstlerin hat die kühnen Ideale der Moderne und ihre in die Jahre gekommenen Realisationen fotografiert, die Kompositionen aus diesen Versatzstücken wirken jedoch wie Visionen einer Welt in zwanzig oder dreissig Jahren. Über der kühlen Eleganz ihrer utopischen Entwürfe liegt eine Ahnung von Apokalypse. Die zerfallenden Gebäude sind keines Falls mit den Sentimentalbauten der Romantik zu verwechseln, in der das formale Element Ruine als geschichtsphilosophischer Verweis auf das Goldene Zeitalter gedeutet werden kann. Die Trümmer von Beate Gütschow zeigen vielmehr optimistische Bauten, die aus Geldnot zerbröckeln ehe sie zu Ende gebaut sind oder die in umkämpfenden Regionen als zerschossene Rohbauten die Demarkationslinien kennzeichnen.

Die am Computer entstandenen Fotos hinterfragen formal wie inhaltlich die Repräsentation der Moderne. Die Komposition dieser neuen Arbeiten ist dennoch nicht an kunsthistorischen Vorbildern orientiert, sondern ein freier Kommentar. Das Gitter als Gestaltungsprinzip gibt die Grundstruktur der Arbeiten vor. Die ausgewählten Einzelteile sind so unbestimmt wie möglich, ihre Herkunft bleibt unklar. So entstehen Bilder, die sich mehr als deutlich als Utopien, als Nicht-Orte ausgeben und die ihre Konstruiertheit erkennen lassen. Die Fotografien von Beate Gütschow thematisieren auch den Status fotografischer Bilder als falsche Stellvertreter: Als Simulakren heben diese das System des Kopierens oder Imitierens selbst aus den Angeln. Die Arbeiten demonstrieren, dass das Foto nie Re-Präsentation bzw. Wiedervergegenwärtigung ist, denn trotz eines möglichen Wiedererkennens durch den Betrachter geht verloren, wer und wo die wahren Objekte sind.

Anna-Catharina Gebbers

Pressetext

only in german

Beate Gütschow