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Bernd Trasberger setzt sich in seiner Arbeit oftmals mit der Veränderung der urbanen Gestaltung im geteilten Nachkriegsdeutschland auseinander. So auch in seiner zweiten Einzelausstellung Stunde Null in der Galerie Lena Brüning.

Der Galerieraum, ein perfekter Kubus, wird einschließlich Fußboden und Decke komplett und nahtlos von den dünnen Linien eines schwarzen Rasters auf weißem Grund überzogen. Dieses Raster ist eine Referenz an die Collagen der italienischen Gruppe Superstudio aus der Serie La Vita / Supersuperficie von 1971. Dort wird die Oberfläche der Welt von einem Raster bedeckt gezeigt, das als Projektionsfläche und als Möglichkeit für einen utopischen Lebensentwurf steht. In der Galerie übernimmt das Raster die Funktion einer Leerstelle, eines Raumes, der losgelöst von Zeit und Raum existiert und in dem immer wieder aufs Neue alles möglich ist. Überall dort jedoch, wo das Raster auf ein Element des echten Raumes stößt, wie Türen, Fenster oder Beleuchtung, endet es unvermittelt und hebt so die Eigenheiten des Galerieraums hervor.

Die Titel gebende Arbeit der Ausstellung ist die Digitaluhr Stunde Null. Sie stammt von der Fassade eines DDR-Gebäudes der Humboldt Universität in Berlin und wurde nach dem Fall der Mauer abgeschaltet, da der dazugehörige Technikraum nicht mehr gewartet wurde. Der Ausdruck „Stunde Null“ stammt eigentlich aus der Planungssprache von Organisationen wie dem Militär. Er bezeichnet allgemein die ausschlaggebende Uhrzeit, zu der eine neuartige Ereigniskette abzulaufen beginnt und fand Anwendung auf den 8. Mai 1945 und den frühesten Abschnitt der unmittelbaren Nachkriegszeit in Deutschland. Wäre die Uhr keine Digitaluhr, sondern hätte sie Zeiger, würde sie den Moment des Mauerfalls markieren und die Stunde Null des wiedervereinigten Deutschland anzeigen.Die vom Verfall bedroht Uhr wurde von Bernd Trasberger geborgen und restauriert. Alle Ziffern in dem alten Gehäuse leuchten jetzt gleichzeitig in Regenbogenfarben und permanent, sodass sie nicht nur potentiell jede erdenkliche Information anbieten, sondern auch das gesamte Farbspektrum. Die Regenbogenfarben, die oft im Zusammenhang mit Greenpeace, Hippie-Movement oder Gay-Rights-Bewegung verwendet werden, sind zudem eine durchweg positiv konnotierte Farbsymbolik. Sie stehen für Toleranz, Erneuerung, Vielfalt und Optimismus.

Die Arbeit Tabula Rasa ist inspiriert durch eine Infotafel, die Bernd Trasberger beim Abbau der Uhr in der HU entdeckt hat. An diese Tafel wurden ursprünglich mit Magneten Zettel angeheftet oder mit durchsichtigem Tesafilm Blätter angeklebt. Die Zettel wurden alle abgerissen, wobei Spuren des Tesafilms und des Papiers zurückblieben. Auch hier entsteht eine Situation, die für neue Informationen offen ist. (Stunde Null) Die Fläche ist wie ein unbeschriebenes Blatt, das jedoch Spuren vergangener Information aufweist. Bernd Trasberger bildet diese Ästhetik der leeren Infotafel nach. Formal wirken die Schnipsel auf der Tafel wie beiläufig abgerissen, jedoch sind die Buntpapierreste sorgsam komponiert. Die Tafel spiegelt den Raum, den Betrachter und das Neonlicht. Der Besucher blickt in einen metaphorischen Spiegel der Vergangenheit der den gerasterten Raum durchbricht und erweitert.

Die gerahmten Collagen in hinteren Galerieraum bestehen aus originalen Blaupausen von geplanten Architektur Großprojekten der 70er Jahre die nie realisiert wurden. Auf diese gezeichneten Megastrukturen und Stadtvisionen hat Bernd Trasberger mit Formen aus Buntpapier reagiert.

Bernd Trasberger hat bereits internationalen Galerien und Institutionen ausgestellt. In Bologna hat er im Frühjahr 2009 ein Außenprojekt (Kunst am Bau) in der Galerie Enrico Astuni realisiert. Zur Zeit nimmt er an der Gruppenausstellung 89 / 09 in der Berlinischen Galerie und der von Karin Sander kuratierten Ausstellung Audioguide in der Temporären Kunsthalle Berlin, teil. Ein Essay über seine Arbeiten in niederländischer Sprache wurde gerade in dem Band Wonen tussen de anderen – een portet van kunststad Berlijn, von Jurriaan Benschop veröffentlicht.

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