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«WHAT THE HELL ARE YOU DOING INSIDE HERE ON A DAY LIKE THIS?» Bethan Huws, Wandschrift 2004

Bethan Huws lebt und arbeitet in Paris. 1961 in Bangor, Wales geboren. Nach Studien an der Middlesex Polytechnic und am Royal College of Art in London zeigt sie in den Riverside Studios, London ihre erste Textarbeit «The Lake Piece» in einer Einzelausstellung. Es folgen zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in Europa und in den USA. Zusammen mit drei anderen Künstlern repräsentiert sie 2003 mit dem Video-Film «ION ON» (2001/03) Wales zum ersten Mal an der Biennale di Venezia. An der diesjährigen ART Basel sowie in ihrer Sommerausstellung zeigte die Galerie Tschudi Zuoz einzelne Werke der Künstlerin. Nun widmet sie dem Werk Bethan Huws' eine erste Einzelausstellung in Glarus.

«Bethan Huws ist eine konzeptuelle Künstlerin. Als solche ist sie nicht auf bestimmte Metiers oder Medien festgelegt, sondern wählt jeweils dasjenige, das ihr bei der Verfolgung und Darstellung eines Konzeptes angemessen zu sein scheint. Die zweite wesentliche Bestimmung ihrer konzeptuellen Tätigkeit ist die, dass es ihr um grundlegende Fragen nach dem Inhalt und der Bedeutung von Kunst an sich geht. Beide Kennzeichen ihrer Kunst hat sie von der ersten Generation konzeptueller Künstler in den sechziger Jahren übernommen, und auch der Bezugspunkt des bahnbrechenden Werkes von Marcel Duchamp spielt in ihrer Entwicklung in den letzten fünfzehn Jahren eine wichtige Rolle. Aus diesem historischen Kontext heraus hat sie jedoch ein sehr spezifisches, die überkommenen Formulierungen konzeptueller Kunst überschreitendes Werk geschaffen.»

Ihre erste Textarbeit, «The Lake Piece», wird 1991 in London ausgestellt. Vier fiktive Erzähler beschreiben dasselbe Phänomen: den Besuch an einem See. Das Werk schildert in allen Einzelheiten die Wahrnehmungen der einzelnen Erzähler: die Veränderung des Wetters, Farben, Vegetation. Die Künstlerin ordnet die Texte, heftet sie an die Wand, bringt das beschriebene Aussen, die natürliche Welt, ins Innere des Ausstellungsraums. Der Besucher erhält den Eindruck, die Welt zuvor nie wirklich bewusst betrachtet zu haben. Eine Anleitung zum Sehen.

1993 wird Huws eingeladen, im Museum Haus Esters in Krefeld auszustellen. Die einstige Privatvilla, entworfen von Mies van der Rohe, ist heute Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst. Huws belässt die Ausstellungsräume leer, konstruiert ein Textblatt, 500fach kopiert, einmal gefaltet. Der Text wird dem Besucher ausgehändigt mit der Aufforderung, die Räume lesend, sehend zu erkunden, die Kunst des Architekten bewusst zu erleben, Zusammenhänge von Ort und Text auszuloten.

Huws' prädominantes Thema ist die Sprache, die Beziehung von Sprechen und Handeln, von Tradition und Bewusstsein, die letztlich das Individuum ausmachen, Ausdruck unserer Identität sind. Ihr Werk umfasst vor allem drei Werkgruppen: Textarbeiten, Readymades/Objekte, Aquarelle.

Die Ausstellung in Glarus umfasst Arbeiten aus allen drei Werkgruppen. Mit ihren «Word Vitrines» setzt Huws die Textarbeit fort, die 1991 mit «The Lake Piece» ihren Anfang nahm. Worte, bzw. Sätze in weissen Plastiklettern auf schwarzem Grund, in verschraubten Aluminiumvitrinen unter Glas gerahmt regen den Betrachter an, sich über die Bedeutung von Kunst in Beziehung zum Leben auseinanderzusetzen. Huws stellt Fragen («WHO IS THE RULER?»), gibt Statements ab («THAT ARTISTS DON'T HAVE MUCH TO SAY: PROVES THAT THEY ARE SPEAKING»). Sie bringt den Leser dazu, das vermeintlich Einfache mehrfach zu verstehen, Antworten zu (er)finden. Die Vitrine «CUBE» drückt einen dreidimensionalen Raum verbal in zwei Dimensionen aus. Der Text ist Auflösung des Werks, das Werk Auflösung des Texts. Die Mehrsprachigkeit der Künstlerin (Walisisch, Englisch, Französisch) macht zudem Verschiebungen, Inkongruenzen in der Wortdeutung sichtbar, die mit der Übertragung von einer Sprache in eine andere entstehen («LLWYNCELYN»). Die Werkgruppe der Readymades und Objekte, die Huws «Figures» nennt, umfasst unter Plexiglas isolierte Arbeiten. Die aus einem Grashalm gefertigten Boote stehen für eine walisische Tradition, Objekte aus Federn für Schreiben, Zeichnen, im ikonographischen Sinn für Gelehrsamkeit, Wissen, Erleuchtung. Im Gegensatz zu den plastischen Objekten stehen Huws' Readymades. Ihre Titel sind Fallen, Anregungen, Bewusstseinerweiterungen (z.B. «THE CARVER», in der Übersetzung sowohl Tranchiermesser als auch Bildhauer). Die dritte, intimste Werkgruppe umfasst Aquarelle, die sich oft auf ein einzelnes, zeichenhaftes Motiv konzentrieren. Zum Teil bestehen zwischen Readymades und skulpturalen Objekten und ihren zarten Arbeiten auf Papier ausmachbare Beziehungen.

Ergänzend zu den beschriebenen drei Werkgruppen umfasst die Ausstellung eine achtteilige Serie von Farbphotographien «Fountain 1917», Hommage an Marcel Duchamps Schlüsselwerk von 1917 sowie den 1993 entstandene Videofilm «Singing for the Sea», der zusammen mit «ION ON» an den diesjährigen Filmtagen in der Tate Modern, London gezeigt wurde. Zu «Singing for the Sea» wurden Video-Stills herausgegeben, die ebenfalls in Glarus ausgestellt sind.

Pressetext

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Bethan Huws
Galerie Tschudi, Glarus