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BEYOND THE PAIN
10.10.20-30.05.21
Eröffnung: 10.10.2020, 18:00 Uhr

Die Ausstellung Beyond the Pain widmet sich dem universellen Thema des Schmerzes und vor allem seiner Überwindung. Die Ausstellung untersucht die zentralen Fragen: Was kommt nach dem Schmerz? Kann Schmerz ein sinnvolles oder gar lustvolles Erlebnis sein, das es schafft Grenzerfahrungen in eine positive Haltung umzuwandeln? Andererseits gibt es aber auch Schmerz, der kaum auszuhalten ist und vermutlich nie überwunden werden kann; so zum Beispiel bei Folter oder Traumata. Dennoch schaffen es Menschen mit dieser allgegenwärtigen Einschränkung ihr Leben positiv zu gestalten.

Schmerz ist genauso wie Kunst ein individuelles Erlebnis, das sich physisch oder psychisch auswirkt. Daher werden vor allem künstlerische Positionen gezeigt, die ein unmittelbares Empfinden bei den Betrachter*innen auslösen und ihr Empathievermögen ansprechen. Sei es auf Grund des visuellen oder akustischen Reizes oder der Geschichte, die das Kunstwerk verhandelt. Es entstehen Ambivalenzen zwischen ästhetischen und physischen sowie psychischen Empfindungen.

In der Ausstellung Beyond the Pain werden jüngere zeitgenössische Positionen mit etablierten Künstlerinnen kombiniert. Da Schmerz eine zeitbasierte Erfahrung ist, nehmen vor allem zeitbasierte Medien wie Performance und Video eine wichtige Rolle ein. Um das breite Feld des Schmerzes zu gliedern, werden an Hand von fünf Themenfeldern psychischer und physischer Schmerz eingegrenzt: Trauer und Weltschmerz beschäftigt sich mit Leiden, die in zwischenmenschlichen Beziehungen entstehen. Die Komponente Weltschmerz umfasst eine umfassendere Melancholie und deren Überwindung, beziehungsweise deren Verarbeitung, wie zum Beispiel in Bas Jan Aders Video „I’m too sad to tell you“ und letztendlich im Kunstprojekt seines tragisches Todes. Folter und Trauma bündelt Arbeiten, die posttraumatische Erlebnisse in Folge von Gewalt, insbesondere Krieg, behandeln. Dabei werden nicht nur die Opfer, sondern auch die Verursacher von körperlicher und seelischer Gewalt ins Auge gefasst; so etwa in Maya Watanabes Video „Liminal“ und dem Projekt „Torture in Sydnaya Prison“ des Künstlerkollektivs Forensic Architecture. Lebensprozesse und Krankheit versammelt unterschiedliche Phänomene, denen gemein ist, dass sie als unmittelbaren Schmerzen am menschlichen Leib erfahren werden und oftmals unvermeidlich sind. Auf eine medikative Überwindung bzw. Behandlung von psychischen und physischen Schmerzen referiert Damien Hirsts Werk „The Quay“. Die Nutzung von Medikamenten ist für viele Menschen fester Bestandteil des alltäglichen Lebens. Indem sich Marianna Simnett in ihren Videos extremen körperlichen Eingriffen einsetzt, ist allein das Zusehen für die Betrachterinnen kaum ertragbar. Grenzerfahrungen und Sexualität beschreiben daran anschließend extreme körperliche Belastungen, die jedoch aus freien Stücken selbst zugefügt sind. Nobuyoshi Araki dokumentiert in seinen Fotografien die sadomasochistische Praktik des Shibari, eine japanische Fesseltechnik. Dies verbindet er in seinen Fotografien mit einem besonderen Blick für Ästhetik. Auch Gabrielle Zimmermann setzt sich in ihrer Soundinstallation mit dem Thema BDSM auseinander. Mit Selbstoptimierung und Schmerzvermeidung oder auch dem Body Enhancement sind letztlich Arbeiten angesprochen, die damit spielen, den menschlichen Körper zu verändern und so Schmerzerfahrungen zu vermeiden. Das Model, Sängerin und Künstlerin Viktoria Modesta präsentiert sich in ihrem Video „Prototype“ als weiblicher Cyborg. Sie ließ sich absichtlich ein schmerzendes Bein amputieren und trägt ihre Beinprothese als Markenzeichen der Stärke. Hier schlägt die Ausstellung auch einen Bogen zu hochaktuellen Fragestellungen, die die Digitalisierung und das Leben als optimierte Version des eigenen Selbst betreffen. Die Möglichkeit, ein selbstgeschaffener Avatar oder eine chirurgisch-modifizierte Version der eigenen Physis zu werden, bietet immer mehr Angebote, um der manchmal schmerzbehafteten Realität zu entkommen. Neben der Ausstellung wird es ein Rahmenprogramm geben, das sich interdisziplinär dem Thema Schmerz widmet. Vorträge, Workshops, Filmvorführungen oder Tanzperformances ergänzen die Ausstellung.

Künstlerinnen:
Bas Jan Ader
1942 in Winschoten, Niederlande / †1975 Atlantischer Ozean)
Nobuyoshi Araki (1940 in Minowa, Präfektur Tokio, lebt und arbeitet in Tokio)
Harun Farocki (
1944 in Neutitschein (heute Nový Jičín, Tschechien) / †2014 bei Berlin)
Forensic Architecture (research agency, based at Goldsmiths, University of London)
Patrycja German (1979 in Wrocław, Polen / lebt und arbeitet in Berlin)
Anna Gohmert (
1983 in Stuttgart / lebt und arbeitet in Stuttgart)
Damien Hirst (1965 in Bristol, Großbritannien / lebt und arbeitet in London)
Viktoria Modesta
1988 in Daugavpils, Lettland / lebt und arbeitet in London)
Barbis Ruder (1984 in Heidelberg / lebt und arbeitet in Wien)
Marianna Simnett (
1986 / lebt und arbeitet in London)
Maya Watanabe (1983 in Peru / lebt und arbeitet in Lima und Amsterdam)
Gabrielle Zimmermann (
1971 in Stuttgart / lebt und arbeitet in Stuttgart)
 
Künstlerische Leitung und Projektleitung: Madeleine Frey
Kurator: Sebastian Schmitt