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Blank & Jeron: Hinter diesem Namen verbirgt sich seit 1996 das Künstlerduo Joachim Blank und Karl Heinz Jeron. Bereits seit 1993 realisierten die beiden zusammen mit verschiedenen anderen Kollaborateuren eine Reihe von Internet-Projekten im Bereich Kunst und Kultur. Neben diesen Projekten speziell im und für das Netz erweitert das Duo seither seinen Bezugs- und Wirkungsrahmen – mit Arbeiten, die Netz, Information, virtuelle Raumbegriffe und medialen Transfer zwar thematisieren, aber nun ebenfalls in den physischen Raum eingreifen. Dabei rekonstruieren sie Benutzeroberflächen als installative Hängungen, informierte Objekte oder performative Skulpturen, die als Settings und Situationen zwischen Raumtableaux und Event pendeln. Blank & Jeron entwickeln reflexive künstlerische Strategien zu Fragestellungen von Informationsrecycling, Content, Vertrieb, Interaktion und Partizipation. Sie benutzen dabei unterschiedliche Methoden, Techniken und Medien, mit denen sie komplexen Mechanismen einer ästhetisierten Wissensgesellschaft dechiffrieren. Derzeit liegt der Schwerpunkt ihrer Arbeit auf der Analyse der zunehmenden Mediatisierung und Ökonomisierung der Kunst in der post-industriellen Gesellschaft.

Im Kunstverein Leipzig sind Arbeiten aus unterschiedlichen Werkgruppen zu sehen, die hier zu der Ausstellung „Bodenbildung“ zusammengeführt werden: Zwei Plexiglassäulenskulpturen „re:represent“, 2000/04 | aus der Serie „Informationslandschaft“ 10 Aquarelle, 2004, 30cm x 40cm | „Scanner Mobile“, 2001: die mobile Version von „Scanner ++“ | und die interaktive Wandskulptur „week 7/24“, 2004

Das vielfältig vernetzte Arbeitsfeld von Blank & Jeron lässt sich um vier Themen-Achsen gruppieren – diskursive Schwerpunkte, die sich in einer Auswahl von vier Arbeiten spiegeln:

Informationsrecycling „Scanner++“, 1998 http://sero.org/scanner ist gleichzeitig Medienskulptur, Relais und Trafostation. Zwölf handelsübliche und betriebsbereite DIN A4-Scanner werden zu einem begehbaren Quadrat zusammengefügt und auf einen Metallsockel montiert. Sie bilden eine Schnittstelle: Die bei der 'Nutzung' durch die Ausstellungsbesucher registrierten Daten werden – gefiltert und modifiziert – an einen Webserver geleitet, auf dem eine visuelle Repräsentation der gescannten Daten zu sehen ist. Dieses Ergebnis wird auch mit kurzer Verzögerung an eine Wand des abgedunkelten Ausstellungsraums projiziert. In der Interaktion konstruiert sich somit ein Bild, das zugleich in der Ausstellung zum Datenbild reinszeniert wird: der Betrachter kontrolliert den 'Content' der Show. Auf formaler Ebene findet die digitale Transformation von Raum, Zeit und Bewegung zum geheimnisvoll choreografierten Bild statt.

Aufmerksamkeit „re:represent“, 2000 http://www.rerepresent.org bildet eine Informations- und Erlebnislandschaft. Unter dem Motto Schönheit durch Information ist diese farbige, dicht mit Text und Diagrammen gefüllte Wandtapete ornamental-informativ umgrenzt. Zusätzlich zeigen frei stehende, illuminierte Säulenskulpturen zu Objekt gewordene Statistiken. Sie sind Resultat einer Datenanalyse der "community boards" der Webseite einer Firma für Online-Börsengeschäfte. re:represent stülpt den Insider-Jive aus den Terminals der Broker – per Statistik scheinbar objektiviert – nach außen, übt über die Affirmation von Bildästhetiken der Informationsgesellschaft spielerische Kritik und macht versteckte Strukturen am Beispiel Sprache förmlich begehbar.

Community “We Care A Lot!”, 2001 http://www.we-care-a-lot.org bietet vor allem Zugänge an. Die Arbeit stellt sich als eine offene Präsentationsplattform, als flexibles Display zur scheinbar vielfältigen Nutzung durch die Betrachter und User zur Verfügung. An die Einführung neuer Medien knüpfen sich oft utopische Erwartungshaltungen; dabei gehen Vision, Emotion und Technik in Engführung wie zum Beispiel im Netz-Optimismus gesellschaftlicher Enthierarchisierung, dem gemeinschaftsstiftenden Effekt mittels Interaktion, Teilnahme und Mitsprache. In diesem Kontext setzt We Care A Lot! am Punkt der Enttäuschung an und greift in Form offensiver Dokumentation die Oberfläche situativer künstlerischer Praktiken ab, indem es die Psychologie individuellen Wollens mit einer soziologischen Fallstudie unter historischer Perspektive mixt.

Dekonstruktion „bad_browser“, 1997 http://www.sero.org/bad_browser/ wurde schon als die „radikalste Arbeit, die sich mit dem Browser beschäftigt,“ bezeichnet. Sie beschränkt sich alleine auf eine Aufforderung: Wer nämlich die entsprechende URL in seinen Browser eingibt, wird aufgefordert, die Software Mosaic, den 'Ur-Browser', der 1994 von amerikanischen Universitäten entwickelt worden war und bis heute noch umsonst und ganz ohne kommerzielle Interessen im Netz steht, herunterzuladen. Diese Arbeit operiert kritisch am Wendepunkt vom Mythos zur Geschichte und verfolgt – mit durchaus aufklärerischer Geste – den Zusammenhang zwischen Utopie und Realität.

Pressetext

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Blank & Jeron  „Bodenbildung“
Karl Heinz Jeron, Joachim Blank