press release only in german

16.08.2022 - 27.09.2022

Boscher Theodor – LichtHof

Vernissage: 16.08.2022, 19:30 Uhr
Einführendes Gespräch: Claudia Dichter und Markus Roentgen
Musikalische Gestaltung: George F. Warren

Boscher Theodors LichtHof (2022) ist eine großformatige Installation im Atrium des Domforums. Die künstlerische Arbeit wurde anlässlich des 700-jährigen Jubiläums der Chorweihe des Kölner Doms konzipiert. Mehrere Aluminiumkeilrahmen wurden jeweils auf eine horizontale und eine vertikale Leiste reduziert, und an die Stelle einer Leinwand sind zumeist transparente, leicht spiegelnde 16mm- und 35mm-Filmstreifen getreten, die in horizontaler und vertikaler Richtung verwoben sind, wobei ihre losen Enden frei herabfallen. Die einzelnen Elemente hängen in vertikaler Staffelung vom dritten Obergeschoss des Atriums herab. Sie reflektieren das von oben durch ein Glasdach einfallende Licht und leiten es bis in die Halle und auf den Boden im Erdgeschoss weiter, sodass ein immer in Bewegung bleibendes Spiel aus Licht, Farbe und Reflexionen entsteht.

Die Betonung der Vertikale und die kaskadierende Hängung der Elemente verweist auf lichtmetaphysische Vorstellungen der Gotik. So erinnerte etwa der französische Historiker Georges Duby in Die Zeit der Kathedralen (1980) an die mittelalterliche Auffassung vom Universum als »ein leuchtender Quell, der in Kaskaden herabstürzt«. Damit nimmt Boscher Theodors LichtHof auch Bezug auf den Kölner Domchor, in dem sich die ältesten, wertvollsten Fenster der gotischen Kathedrale befinden.

Zugleich reflektiert LichtHof die ästhetischen Prinzipien und Funktionen des Domforums. Das 1953 fertiggestellte Gebäude des Architekten Fritz Schaller gehört zu den bedeutenden Bauten der Kölner Nachkriegszeit und steht seit 1990 unter Denkmalschutz. Die Betonrasterfassade und die Transparenz des Erdgeschosses, dessen große Fensterflächen sich allseitig zur Umgebung öffnen, sind beispielhaft für die Formensprache der Moderne. Rasterung und Transparenz charakterisieren auch die beweglichen Elemente der Installation. Aufgrund der Rahmenelemente und der Lichtdurchlässigkeit lassen diese (De-)Konstruktionen an die historische Auffassung des Gemäldes als Fenster denken, die der Renaissancearchitekt und Humanist Leon Battista Alberti in seinem Traktat De pictura (1435) formulierte.

Tatsächlich handelt es sich hier – dank der freien Hängung – jedoch um quasi filmische „Bewegungs-Bilder“. Sie sind weder Malerei noch Film, weder Fenster noch Spiegel. Sie führen vielmehr vor, wie sich deren Möglichkeiten heute durcharbeiten lassen. Mit ihrer Auflösung des modernistischen Rasters schlagen sie eine in die Zukunft weisende Formfindung vor. Durch ihre Transparenz, die „losen Enden“ der Filmstreifen und die an zwei Seiten offen gelassenen Keilrahmen entwickelt die Installation LichtHof charakteristische Merkmale des modernistischen Baukörpers weiter, dessen Mittelachse sie belebt, und spiegelt zugleich die vielfältigen Nutzungen des Domforums als offener Begegnungsort wider.