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In dem heute wiederbelebten Diskurs über den Körper gewinnen die Arbeiten der Body Art der 1960er und 1970er Jahre erneut Aktualität. Bruce Nauman, der zu den bedeutesten Künstlern der zweiten Jahrhunderthälfte gehört, repräsentiert in diesem Zusammenhang eine markante Position; die Auseinandersetzung mit dem Körper durchzieht als zentrales Thema sein gesamtes Werk. Sein Interesse am Körper läßt sich jedoch nicht unabhängig von mentalen Prozessen begreifen; sie organisieren ebenso wie die körperliche Bewegung im Raum die Wahrnehmung und die ästhetische Erfahrung der Betrachter.

Bruce Naumans Werk, das sich im Anschluß an die Minimal Art zwischen Body Art, Aktionskunst und Videokunst der 1960er und 1970er Jahre herausbildet, verschränkt Körpererfahrung und Medienkunst in einer prozessualen Ästhetik: körperliche und mentale Erfahrung ereignen sich permanent aufs neue im Handlungsvollzug.

Die Ausstellung „Bruce Nauman: Mental Exercises“ geht dieser Prozessualität von Werk und Rezeption nach. Sie zeigt am Beispiel ausgewählter Installationen, Filme, Videos, Performances und „Mental Exercises“ den performativen Charakter der Arbeiten Bruce Naumans.

Am Beispiel früher Filme und Videos wird anschaulich, wie Nauman als Akteur eigenen Handlungsanweisungen folgt und die repetitiven Aktionen in endlos laufende Aufzeichnungen überführt. Mit seinem „Performance Corridor“, den er 1969 erstmals ausstellt, weist er dem Museumsbesucher die Rolle des Akteurs zu, die in Naumans Performances und späteren Videoinstallationen auch Tänzer und Schauspieler übernehmen.

Gezeigt werden ausgewählte Installationen,. Videos und Filme Bruce Naumans, die eine bereits im Frühwerk ausdifferenzierte Fragestellung veranschaulichen. Naumans erste Video-Rauminstallation „Art Make Up“, 1967/68, sowie der 1969 erstmals ausgestellte „Performance Corridor“ überführen die in frühen Filmen und Videos thematisierte handlungsorientierte Ästhetik in eine, die Betrachter einbeziehende Interaktion. In der Installation „Body Pressure“ wird der Betrachter selbst zum Performer einer von Nauman beschriebenen „mental exercise“.

In den 1980er und 1990er Jahren greift Nauman wieder die bereits in den frühen Performances thematisierte Frage nach der Möglichkeit (künstlerischen) Handelns im Atelierraum erneut auf. Die Bandbreite reicht von „Double No“, 1982, und „Raw Material – BBRR“, 1990, bis zu jüngeren Arbeiten wie „Mapping the Studio | Office Edit“, 2003, und „Setting a good corner“.

Die Ausstellung zeigt die ganze Bandbreite seiner frühen Filme und Videos. In seinen „Mental Exercises“ werden die Betrachter aufgefordert, gedanklich eine Handlung zu antipizieren. Performances zeigen die Nähe der Arbeiten zur Aktionskunst und zum Tanz. In diesem Ensemble fungiert der „Performance Corridor“ als eine wichtige Gelenkstelle zwischen den frühen Videoarbeiten und den Korridoren, in denen die Betrachter zu „Performern“ werden. Er wird in der Ausstellung – wie erstmals 1969 in der Ausstellung „Anti-Illusion. Procedures Materials“ im Whitney Museum in New York - gemeinsam mit der Videoarbeit „Walk with Contrapposto“, 1968, erfahrbar sein.

Der Katalog beleuchtet die in der Ausstellung anschaulich gemachte Fragestellung, durch Textbeiträge und Bildmaterial zum Thema. Namhafte Autorinnen schreiben zu Teilaspekten wie Aktionskunst und Body Art, über das Umfeld von Minimal Art, Aktionskunst und Conceptual Art, über die Rezeption des Werks Naumans aus psychoanalytischer Sicht und schließlich über Naumans frühe Projekte in der Galerie Konrad Fischer in Düsseldorf.

Bruce Nauman wurde im März 2006 mit dem Kunstpreis der Landeshauptstadt Düsseldorf ausgezeichnet. Die Ausstellung ist ein Projekt der Quadriennale 06 und wird von der Landeshauptstadt Düsseldorf und der Kunststiftung NRW gefördert.

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Bruce Nauman in Düsseldorf Arbeiten aus der Sammlung Dorothee und Konrad Fischer 09.09.06 - 01.10.06

Daß Bruce Naumans Schaffen in Europa und in Deutschland besonders früh wahrgenommen wurde, ist auch darauf zurückzuführen, daß er bereits 1968 seine erste europäische Einzelausstellung in der Galerie Konrad Fischer in Düsseldorf hatte. Daran erinnert das NRW-Forum Kultur und Wirtschaft parallel zur großen Ausstellung „Bruce Nauman: Mental Exercises“ mit einer Galerieausstellung, die nicht nur eben diese erste Ausstellung Naumans „Six Sound Problems for Konrad Fischer“ rekonstruiert, sondern darüber hinaus weitere Arbeiten Naumans aus der Sammlung Dorothee und Konrad Fischer zeigt.

Im Beitrag zum Katalog „Bruce Nauman: Mental Exercises“ läßt die Autorin Brigitte Kölle diese frühen Ausstellungen Naumans in Düsseldorf wieder auferstehen lassen.

Im Sommer 1968 reist Bruce Nauman zum ersten Mal in seinem Leben nach Europa. Im Gepäck hat er seine Geige mit dabei. Auf die Empfehlung von Kasper König, der zu jener Zeit in New York lebt und mit Naumans Werk vertraut ist, hat ihn der Düsseldorfer Galerist Konrad Fischer, der seit Oktober 1967 einen kleinen Raum unter dem Namen „Ausstellungen bei Konrad Fischer" betreibt, zu einer Ausstellung eingeladen.

Nauman ist 26 Jahre alt. Er lebt mit Frau und Kind in San Francisco, erste Einzelausstellungen in renommierten amerikanischen Galerien liegen bereits hinter ihm. Er beginnt, sich in Amerika einen Namen zu machen, aber im Sommer 1968 ist Bruce Nauman auf dem europäischen Kontinent so gut wie unbekannt.

Am 10. Juli 1968 wird in der Neubrückstraße 12 in Düsseldorf, zwischen Kunstakademie und Kunsthalle gelegen, die erste Einzelausstellung von Bruce Nauman in Europa eröffnet. Sie besteht aus einem einzigen Werk, einer Rauminstallation mit dem Titel „Six Sound Problems for Konrad Fischer“. Ein Tonbandgerät ist auf einem Hocker abgestellt; eine Tonschleife windet sich vom Tonbandgerät quer durch den Raum um einen Stift, der wiederum mit Klebeband an einem Stuhl befestigt ist. Der Besucher hört Geräusche, die vom Tonband abgespielt werden. Man vernimmt das Aufschlagen von Bällen, die Schritte eines Menschen im Raum, Geigenklänge.

Es sind sechs Tonbänder unterschiedlicher Länge und Inhalts, die an den sechs Tagen der Woche, an denen die Galerie geöffnet ist, also von Montag bis Samstag, als Loop kontinuierlich abgespielt werden. Während das Tonbandgerät während der Dauer der Ausstellung am gleichen Ort bleibt, ändert sich die Positionierung des Stuhls täglich, und damit auch die diagonale Verspannung der Tonschleifen im Raum, um in der folgenden Woche wieder von neuem zu beginnen.

In der Ausstellung im NRW-Forum wird der Raum in der Neubrückstraße rekonstruiert und täglich wird, so wie der Künstler es 1968 vorgegeben hat, ein anderes Tonband eingelegt.

Zahlrieiche andere Arbeiten aus der Sammlung von Dorothee und Konrad Fischer dokumentieren die konstante Ausstellungstätigkeit Naumans in Düsseldorf; Zeichnungen dokumentieren seine Beschäftigung mit dem Ausstellungsraum, Skulpturen und Objekte zeigen Werkkomplexe, die in „Bruce Nauman: Mental Exercises“ nicht vertreten sind; Dokumente und Einladungskarten erinnern an die zahlreichen Ausstellungen Naumans in Düsseldorf.

Als Bruce Nauman 1968 nach Düsseldorf kam, erhielt er ein besonders preiswertes Ticket, bei dem zwischen Hin- und Rückflug 3 Wochen liegen mussten, so berichtete er bei seiner Rede anläßlich der Verleihung des Kunstpreises der Landeshauptstadt Düsseldorf, im März diesen Jahres. Und er erzählte weiter, daß er diese Zeit auf dem Dachboden über der Wohnung der Fischers verbrachte ... es sei so heiß gewesen, daß er die meiste Zeit damit verbrachte, die Stadt Düsseldorf zu erkunden. Und an seine Ausstellungseröffnungen in Düsseldorf erinnert sich Bruce Nauman so: „Gerhard [Richter] kam zu all meinen Eröffnungen. Auch wenn niemand sonst da war, Gerd war da und wird drei [Gerhard Richter, Konrad Fischer und B.N.] gingen ein Bier trinken. Das war dann die Ausstellungseröffnung (lacht). Manchmal haben auch noch zwei japanische Studenten vorbeigeschaut. Zu jener Zeit kam kaum jemand. Es war sehr ruhig."

Bei dem großen Interessse, das Naumans Werk heute entgegengebracht wird und angesichts der enormen Wertschätzung, die sein Œuvre international erfährt, ist das heute kaum vorstellbar.

Pressetext

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Bruce Nauman
Mental Exercises
Videoarbeiten / Videoinstallationen
Im Rahmen der Quadriennale 06 ArtCity Düsseldorf

&

Bruce Nauman in Düsseldorf
Arbeiten aus der Sammlung Dorothee und Konrad Fischer
Eine Galerieausstellung
09.09.06 - 01.10.06