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Der Tänzer und Schriftsteller Tatsumi Hijikata (1928 – 1986) war die zentrale Figur der japanischen Avantgarde der 60er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Er hatte nicht nur großen Einfluss auf die Avantgarde des Tanzes und auf das japanische Undergroundtheater, sondern er war intellektuelles und produktives Zentrum eines Kreises von Theaterleuten, Schriftstellern, Musikern und Kuenstlern, die zu der Zeit die japanische Avantgarde anfuehrten.

Ausgebildet in Modern Dance und Ausdruckstanz brach Tatsumi Hijikata 1959 radikal mit der westlichen Tradition des modernen Tanzes, der in Japan nur als fremder Stil uebernommen worden war, um einen zeitgenoessischen und genuin japanischen Tanz zu entwickeln, einen Tanz, den er Ankoku Butoh nannte, “Tanz der Dunkelheit”. Hijikata verweigerte alle traditionellen Darstellungs- und Auffuehrungsarten: er setzte keine Tanztechnik ein, keine Choreographie, keine Musik, kein Licht, kein Buehnenbild, kaum Requisiten. Radikal wandte er sich von den Konventionen des Tanzes ab: sein Ankoku Butoh verstand den Koerper des Taenzers nicht mehr als ein abstraktes Instrument oder Werkzeug aesthetischer Figuration, sondern versuchte, im Koerper tiefe, dunkle, unzugaengliche Schichten zur Erscheinung zu bringen, die sich in diesen Koerper eingeschrieben und ihn gepraegt haben.

In den ersten zehn Jahren orientierte sich Hijikata stark an Texten der neueren franzoesischen Literatur, die die großen Themen der (Homo)Sexualitaet und der Gewalt entfalten, an Texten von Jean Genet, von Bataille und Lautréamont, von Antonin Artaud. Nach 1968 verschob sich Hijikatas Suche immer staerker auf die Erforschung der spezifischen Dunkelheit des japanischen Koerpers, eines Koerpers, der sowohl historisch als auch biographisch spezifische Erfahrungen gemacht hat, die vor allem das Bewusstsein gepraegt haben. Die tiefen Spuren koennen mit Hilfe von Techniken wiedergefunden werden, die den Koerper an den Rand der Krise treiben; durch uebermaeßige Anstrengung, Zittern oder Erstarren wird die Kontrolle des Bewusstseins ueber den Koerper ausgeschaltet. Der Koerper wird in dieser Erforschung auch fuer den Taenzer undurchdringlich und dunkel.

Hijikatas “Rebellion des Fleisches”, die in Japan als Tanz rezipiert wurde, steht radikalen performativen Entwicklungen nahe, die um 1960 in Europa und Nordamerika im Bereich der Kunst und des Theaters eingesetzt haben, dem “Wiener Aktionismus”, inbesondere von Guenter Brus, aber auch den fruehen Aktionen von Joseph Beuys sowie den Auffuehrungen des “Living Theatre” in New York. “Ankoku Butoh” ueberragt diese verwandten Bewegungen jedoch in Radikalitaet und Strenge. Waehrend in den vergangenen Jahren in Europa verschiedentlich das traditionelle japanische Nô-Theater, das Kabuki-Theater und das Puppentheater Bunraku vorgestellt wurden, gibt diese Ausstellung erstmals einen Einblick in die Avantgarde der japanischen Tanztheaterszene, die Beziehungen und bewusste Differenzen zur westlichen Avantgarde aufweist.

In der Ausstellung werden Schwarz-Weiß-Fotografien von Hijikatas Auftritten praesentiert, von denen die meisten noch nicht publiziert worden sind. Vor allem aber zeigt die Ausstellung nahezu alle Filme, die mit Tatsumi Hijikatas Tanz zu tun haben: die Aufzeichnungen seiner eigenen Butoh-Auftritte sowie die Aufzeichnungen seiner Choreographien fuer seine verschiedenen Gruppen. Die Filme sind, abgesehen von kurzen Ausschnitten, bislang nicht veroeffentlicht und außerhalb Japans noch nie gezeigt worden.

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Butoh - Tanz der Dunkelheit - Tatsumi Hijikata
Performing Arts in Asien

Stationen:
30.01.04 - 20.03.04 ifa-Galerie Stuttgart
07.04.04 - 23.05.04 ifa-Galerie Bonn
11.06.04 - 15.08.04 ifa-Galerie Berlin