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Cezary Bodzianowski (geb. 1968) gilt als einer der interessantesten und bekanntesten polnischen Künstler im internationalen, zeitgenössischen Kunstbetrieb. Seine Arbeit besteht aus genauen Beobachtungen des Alltags und zurückhaltenden, subversiven Interventionen, die er diesem hinzufügt. Seine Methode ist es dabei, sich so strikt an die Regeln zu halten und das Gegebene so zustimmend zu spiegeln, bis das Absurde der Situation offensichtlich wird. Meist tut er das in Form von Performances, die im öffentlichen Raum stattfinden, ohne dass die Öffentlichkeit sie bemerkt (auch dann nicht, wenn sie selbst eine Rolle darin übernimmt), als Foto oder Film dokumentiert und auf diese Weise in den Ausstellungsraum übertragen werden.

Dazu erschafft er eine Kunstfigur, die gleichermaßen unangreifbar wie greifbar ist: sich selbst. Der Hauptdarsteller Cezary Bodzianowski tritt in den Performances des Regisseurs Cezary Bodzianowski auf. Markenzeichen: seine scheinbare Neutralität. Er kommentiert nichts, sondern bleibt ebenso unbewegt wie stumm. Einen winzigen Hinweis auf die Subversivität seines Handelns gibt sein kleiner Oberlippenbart, Charakteristikum des Absurden von Chaplin bis Hitler. Und eben mit dieser Haltung des scheinbar Zustimmenden schafft er es nachhaltig, die Grenzen des Normalen zu sprengen und einen Hauch von Freiheit und Zauber in alltäglichen Abläufen offen zu legen. Damit reiht sich seine künstlerische Haltung in eine osteuropäische Ausprägung der konzeptuellen Performance beispielsweise eines Július Koller (1939-2007) ein. In eine Tradition der kleinen Gesten also, die mit Humor und einem genauen Blick der sozialistischen Gesellschaft scheinbar die eigene Melodie vorspielte, um sie auf diese Weise zu unterlaufen. Die Zensur wurde so im gleichen Maße umgangen wie gleichzeitig entschiedene Haltungen formuliert werden konnten.

Das Problem der Zensur stellt sich Bodzianowski heute nicht mehr. Dem Vorgehen, mit dadaistischem Humor die kleinen Besonderheiten des Alltags offen zu legen, bleibt er dennoch treu. So wird zum Beispiel eine Absperrung für Kanalarbeiten mitten auf einer Hauptstraße dadurch zur Veranda umfunktioniert, dass der Künstler sich mit Bademantel, Pyjama und Hausschlappen hineinstellt und interessiert den Verkehr verfolgt (Verandah, 2000). Oder er lässt sich um sieben Uhr morgens vom Kranführer einer Baustelle zum fünften Stock eines Hochhauses hinauffahren, klopft so lange an jedes Fenster, bis die völlig verwirrten Bewohner/innen es öffnen, wünscht einen fröhlichen „Guten Morgen“ und fährt auf diese Weise die komplette Fensterfront ab (Good Morning, 1997). Oder er fasst die taoistische Philosophie von der harmonischen Einheit aller Bestandteile der Welt als eine wortwörtliche Einpassung des eigenen Körpers in einen beengten Raum auf, indem er sich in verschiedensten Posen in eine winzige Abstellkammer drückt (Tao, 2007).

Für die Ausstellung in der GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst hat Cezary Bodzianowski mehrere Projekte eigens für Bremen entwickelt. Thematisch nähern sie sich den städtischen Gegebenheiten, wenn sie etwa die maritime Tradition der Hansestadt, die Lage der GAK auf einer Insel inmitten der Weser oder das Grimm’sche Märchen der Bremer Stadtmusikanten in den Vordergrund stellen. So veranstaltet Bodzianowski etwa einen Rettungsringweitwurf auf Fußgängerpollern, unternimmt seltsam eingeschränkte Spaziergänge auf einem Binnenschiff, steht in Erobererhaltung in einem harmlosen Seitenarm der Weser, verlegt das Szenario einer Wasserschlacht in die heimische Badewanne oder spielt die Geschichte der Bremer Stadtmusikanten weiter, indem er sich als nach Bremen gelangter Esel in verschiedene Situationen des städtischen Raumes integriert. Mit ihrer für Bodzianowskis künstlerisches Vorgehen typischen slapstickhaften Anmutung siedeln sich auch diese Eingriffe in alltägliche Situationen zwischen lustvollem Scheitern und eben dadurch gewonnener Freiheit an. Bodzianowski lässt sich von den Einschränkungen, die der Alltag ihm auferlegt nicht abhalten – er scheint sie sogar im Gegenteil nicht als hindernd wahrzunehmen, sondern erkennt vielmehr ihr Potential. Die Dinge werden umgewertet und für seine Zwecke genutzt. Und so wird ein Binnenschiff zu einer Lustwandelplattform, ein seichtes Gewässer zu einem Podest für Eroberergesten, ein Schaumbad zu einem Hintergrund für dramatische Feuerspiele oder städtische Wasserstege mutieren zu einem Laufsteg für geheimnisvolle Erscheinungen. Bodzianowskis Interventionen in Bremen wurden durch seine Partnerin Monika Chojnicka aufgenommen und werden als Filme in den Ausstellungsräumen der GAK gezeigt. Ergänzt werden sie durch eine Wandzeichnung der etwas anderen Art und ein Künstlerbuch. Umsetzung und Präsentation der für Bremen entstandenen Arbeiten führen dabei Bodzianowskis Interesse an kleinen Gesten konsequent fort und fordern eingefahrene Sehgewohnheiten heraus, indem sie sie auf überraschende Weise hinterfragen.

In den vergangenen Jahren war Cezary Bodzianowski auf international wichtigen Gruppenausstellungen wie der Berlin Biennale, im Städtischen Museum Abteiberg Mönchengladbach, im ICA Boston (alle 2008), im Museum Sztuki Lodz, in der Tate Modern London, im MUMOK Wien (alle 2007) oder in der Kunsthalle St. Gallen (2005) vertreten. 2005 hatte er eine institutionelle Einzelausstellung im Kölnischen Kunstverein.

Zur Ausstellung erscheint ein Künstlerbuch, das eine weitere, für und in Bremen entstandene Arbeit enthält.

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Cezary Bodzianowski
MAYBE
Kurator: Janneke de Vries