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Memmingen, 18. Januar 2007 – Erstmals werden die auf der 48. Biennale in Venedig entstanden Terrecotte Cinesi und Fotoarbeiten Qingsong Wangs in einer gemeinsamen Ausstellung gezeigt. Von Samstag, den 3. Februar bis 7. Oktober zeigt die MEWO Kunsthalle Memmingen 50 Fotoarbeiten des chinesischen Shootingstars der aktuellen chinesischen Kunstszene und 13 Terrakotta-Figuren bzw. Figurengruppen. Letztere entstanden unter Anleitung Cai Guo-Qiangs durch ein Team chinesischer Bildhauer während der Biennale 1999. Bis dato einmalig ist nicht nur die gemeinsame Präsentation dieser Werke, vielmehr werden die Terrecotte Cinesi zum ersten Mal außerhalb Italiens, Qingsong Wangs Arbeiten hingegen erstmalig in einer Werkschau in Deutschland gezeigt.

Vom Kurator der 48. Biennale, Harald Szeemann, eingeladen, schuf ein Team chinesischer Bildhauer unter Anleitung von Cai Guo-Qiang ein begehbares Atelier, in dem sie die berühmte Skulpturengruppe „Hof zur Eintreibung der Pacht“ aus der Zeit Maos nachbildeten. Diese besteht aus 114 lebensgroßen Tonfiguren und stellt verarmte Bauern und ihre feudalistischen Großgrundbesitzer dar. Das mit dem Goldenen Löwen prämierte vielfigurige Projekt wurde nach der Biennale von den Keramikern Lee Babel und Alessio Tasca für das "Museo Civico della Ceramica" in Nove/Italien erworben. Durch den Brand der Figuren haben sie ihnen eine definitive Ästhetik geschaffen.

Der Fotokünstler Qingsong Wang kombiniert in seinen großformatigen, opulent beladenen, teils riesigen Fotoplakaten traditionelle Techniken der chinesischen Malerei und der europäischen Kunstgeschichte mit einer tief verwurzelten Protesthaltung gegenüber allem "Offiziellen". Skurril und farbenfroh integriert er Warenzeichen mit typischen Pop-Art-Charakteristika und kommentiert so seine sich rasant verändernde Umgebung.

Der übergreifende Gesamttitel der Ausstellung – Past, Present & Future – ist einem Triptychon Qingsong Wangs aus dem Jahr 2001 entlehnt. In dieser Arbeit ist Chinas Weg aus der Vergangenheit Maos als traditioneller Bildtopos vom Dreischritt aller Geschichte dargestellt. Die Ironie Wangs lässt jedoch auch die romantische Lesart dieses Bildtopos zu. Hier steht das Goldene Zeitalter am Beginn aller Geschichte, die dann von ihren Verlusten gezeichnet ist und von der Anstrengung, wieder in ihren Ursprung zurückzukehren.

Die gemeinsame Präsentation dieser zweier Werkkomplexe zeigt einerseits Chinas Weg von Konfuzius zu Marx und Mao und zu Coca Cola andererseits. Überdies gibt es einige Korrespondenzen der Werkgruppen. Beide sind völlig unbeeindruckt vom europäischen Weg in die Abstraktion. In beiden steht der Mensch im Mittelpunkt, der sich fast immer im Kontrast von plastischer Dreidimensionalität und fotografischer Zweidimensionalität zu seiner vollen Lebensgröße in horizontal breit ausgerichteten Panoramaformaten erhebt. Reizvoll ist auch der Kontrast in Materialität und Farbwirkung, nicht minder der von Pathos und witzig-ironischem Zitatenspiel.