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In seiner zweiten Einzelausstellung bei Frehrking Wiesehöfer bearbeitet der in Berlin lebende Künstler Christof Zwiener (*1972) das Spannungsfeld zwischen den Monumenten und Fragmenten einer kollektiven Erinnerungskultur. Indem er die unbeachteten, vermeintlich unbedeutenden Details, das Fragmenthafte dieser Kultur ästhetisiert, führt er uns Konventionen und Aggregatzustände unserer Wahrnehmung auf sie vor.

Die Arbeit "Monument" (2006) besteht aus zwei Teilen: einer schlichten, laborartig anmutenden Apparatur, an deren Ende ein nicht einmal 10 cm langer, seltsam geformter Eisstift an einem Faden hängt - und schmilzt; und einer nicht ganz lebensgroßen, gerahmten Fotografie, die das Bronzedenkmal der politischen Ikonen Karl Marx und Friedrich Engels auf dem nach ihnen benannten Forum zwischen Alexanderplatz und Palast der Republik zeigt. Eine weitere Arbeit besteht aus einer Dia-Projektion mit scheinbar beliebigen Motiven aus dem urbanen Raum. Erst auf den zweiten Blick wird deutlich, dass jede Aufnahme ein Detail enthält, in dem sich die Nutzungs- und Abnutzungserscheinungen von Objekten im öffentlichen Raum offenbart.

Dieser zweite Blick scheint umso erforderlicher, als die Details einer Fotografie unzählbar sind. Das zumindest zeichnete für den Kritiker Jules Janin die fotografische Abbildung in den Anfangstagen dieser Technik aus. Von Janin stammt auch der Satz, dass die Fotografie das treue Gedächtnis aller Denkmäler sei. Auf beide Aussagen des Franzosen scheint Zwiener sich zu beziehen - nicht ohne sie zu dekonstruieren. Die Fotografie des Marx-und-Engels-Denkmals stellt in diesem Sinne ein Suchbild dar, das die Frage nach dem entscheidenden Detail stellt.

Das gesuchte Detail stellt Zwiener im Modus des Verschwindens dar: als schmelzendes Eis. Der Eisstift weist in seiner Ausgangsgröße exakt die Form eines Risses im bronzenen Daumen des Engels-Denkmals auf - ein Riss, der im Laufe der Zeit durch das Frost ist. Nun hängt der Eisstift in ungeschmolzenem Zustand in genau 159,7 cm über dem Boden - und damit in derselben Höhe wie Engels Daumen auf dem Berliner Alexanderplatz.

Die von Zwiener erarbeitete Ästhetik des Partikularen und des Details erfordert einen genauen Blick - und ermöglicht damit eine neue Sicht auf das Ganze.

Rebekka Ladewig

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Christof Zwiener "Monument"