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Cranachs Bildnisse von Martin Luther prägen die Vorstellung vom Aussehen des Reformators bis heute. Den Anstoß zum ersten Lutherporträt gab möglicherweise Albrecht Dürer. Im Jahr 1520 wandte sich Dürer in einem Schreiben an den Humanisten Georg Spalatin, Geheimsekretär Kurfürst Friedrichs des Weisen in Wittenberg, dankte ihm für die Zusendung reformatorischer Schriften, darunter auch solcher von Luther, und äußerte die Hoffnung, den Reformator einmal porträtieren zu können. Dieser Wunsch Dürers blieb unerfüllt, wies aber Spalatin möglicherweise auf den Bedarf an Bildnissen des zunehmend prominenten Luther hin. Nahe lag, diese Aufgabe dem kurfürstlichen Hofmaler Lucas Cranach d. Ä. (1472–1553) anzutragen. Cranach schuf wohl deshalb im selben Jahr einen ausdrucksstarken Kupferstich, der Luther als Augustinermönch zeigt. Weimar besitzt von diesem seltenen Blatt das einzige bekannte Exemplar des überarbeiteten, zweiten Zustandes, ein kostbares Unikat, auf dem oben links ein kleiner bärtiger Kopf in Profilansicht eingefügt wurde. Ob diese spätere Zufügung von Cranach selbst oder einem Mitglied seiner Werkstatt stammt, muss offen bleiben. Im Jahr 1520 jedenfalls stach Cranach noch ein zweites Blatt. Diesmal platzierte er den Reformator im Habit der Augustiner vor einer Nische, die als überhöhende Würdeformel dient. Zugleich zeigt Cranach ihn mit Buch und einem Gestus der beteuernden Rede, die auf seine Gelehrsamkeit und rhetorische Kraft verweisen.

Dieses Blatt fand offenbar besonderen Widerhall. Zur Zeit des Wormser Reichstages (1521), auf dem sich Luther vor Kaiser Karl V. verantworten musste, fand das Motiv durch eine Vielzahl von Kopien und Variationen von verschiedenen Künstlern und Druckern weite Verbreitung, die in einigen Beispielen vorgestellt werden. Im Mittelpunkt dieser Kabinettausstellung steht jedoch das berühmte Gemälde Martin Luthers als Junker Jörg. Luther hat die rechte Hand in stummer Ansprache erhoben und umgreift mit der linken ein Schwert. Das Bildnis entstand wohl im Frühjahr 1522, unmittelbar nach dem geheim gehaltenen, zehnmonatigen Aufenthalt Luthers auf der Wartburg. Dorthin war er von Worms zurückkehrend auf Geheiß Kurfürst Friedrichs III., des Weisen gebracht worden. Luther, inzwischen der Reichsacht verfallen, wurde durch diesen vorgetäuschten Überfall dem Zugriff der kaiserlichen Gefolgsleute entzogen. Eng zusammen hängt mit diesem Gemälde ein 1522 datierter Holzschnitt Cranachs, der ebenfalls zu sehen ist. Im Sinne eines Propagandablattes sollte er nicht zuletzt beweisen, dass Luther am Leben war und sein Reformwerk fortsetzte. Entsprechend bezeugt das emblematisch aufgebaute Blatt durch Beischriften die Glaubensfestigkeit des Dargestellten und erläutert die aktuellen Geschehnisse. Nicht zuletzt dieser Holzschnitt ist Ausweis der gezielten, reformatorischen Bildstrategie, an der die Cranach-Familie herausragenden Anteil hatte.

Die Kabinettausstellung »Cranach zeigt Luther. Bildstrategien der Reformation« wird eröffnet anlässlich der Tagung »Weimar und die Reformation. Luthers Obrigkeitslehre und ihre Wirkungen von Weimar in die Moderne«, 24. bis 26. Oktober 2014, veranstaltet von der Evangelischen Akademie Thüringen, Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Klassik Stiftung Weimar. Sie geht zugleich der großen Ausstellung »Cranach in Weimar« voraus (3. April bis 14. Juni 2015, Schiller-Museum, Weimar).