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Eröffnung: Donnerstag, 4. September, 19 Uhr

Das Künstlerhaus Stuttgart zeigt die erste Einzelausstellung des in Chile geborenen Künstlers Cristóbal Lehyt in Europa. Cristóbal Lehyt arbeitet mit den Medien von Zeichnung, Fotografie und Installation und hat in den letzten Jahren vor allem in den USA und Südamerika an wichtigen Ausstellungen teilgenommen. In der Ausstellung in Stuttgart zeigt Cristóbal Lehyt die fortlaufende Serie "El Norte" (Der Norden) sowie neue Arbeiten, die vor Ort in Stuttgart entstehen.

Die Arbeiten von Cristóbal Lehyt kreisen um die Frage, wie das eigene subjektive Empfinden mit kulturellen Prägungen, aber auch mit Projektionen und Erwartungen zusammenhängt. So zeigt die Serie "El Norte" Fotografien und Zeichnungen der großen Wüste im Norden von Chile sowie gefundene Motive, etwa abfotografierte Zeitungsausrisse, die der Künstler assoziativ in den Zusammenhang der Serie bringt. Die Wüste, die ein Drittel der Fläche Chiles ausmacht, ist ein ebenso faszinierender wie lebensfeindlicher Ort und kann symbolhaft für die widersprüchliche Entwicklung Südamerikas gelesen werden. Obwohl Cristóbal Lehyt mit einem offensichtlichen Interesse an den politischen und sozialen Konflikten vorgeht, verweigern sich seine Arbeiten einer narrativen, dokumentarischen Lesart. In der Ausstellung in Stuttgart verdeutlichen die Bilder die Distanz zu einem Land, das von einer bewegten Geschichte gekennzeichnet ist, die sich jedoch nicht unmittelbar aus den Bildern herauslesen lässt. Während von Künstlern aus fremden Ländern häufig erwartet wird, über ihre Herkunft zu sprechen, stellt "El Norte" vielmehr die Dynamik von Peripherie und Zentrum in den Vordergrund, die den Künstler erst zu einem "exotischen Informanten" macht.

Für die Ausstellung in Stuttgart entsteht eine Reihe von großformatigen Portraits mit dem Titel "Drama Projection", die sich dem Thema der Subjektivität über die Tätigkeit des Zeichnens nähern. Die Zeichnungen, nach denen die Ausstellung benannt ist, entstehen in einem tranceähnlichen Zustand, in dem sich der Künstler vorstellt, eine andere Person zu sein. Gegenstand der Projektion sind dabei Menschen aus dem jeweils aktuellen lokalen Umfeld. Die Projektion setzt sich bin in den Zeichenstil fort, der von Zeichnung zu Zeichnung stark differiert. Gleichzeitig bleibt die künstlerische Handschrift jedoch notwendigerweise dem Wissen des Künstlers verhaftet. Eigenes und Fremdes vermischen sich in den Zeichnungen zu einer eigenständigen, fast unheimlichen Form. Eine zweite, für die Ausstellung im Künstlerhaus produzierte Arbeit ist ein aus tausenden von kleinen Elementen zusammengesetztes subjektives Modell der Stadt Stuttgart. Das Modell erinnert in seiner Form und Größe an die bekannten, raumfüllenden Stadtmodelle, wie sie insbesondere im letzten Jahrhundert auf Weltausstellungen gezeigt wurden. Das Modell von Cristóbal Lehyt entstand aus Material, das der Künstler während ausgedehnter Spaziergänge durch Stuttgart gesammelt hat. Deutlicher noch als die anderen Arbeiten verunsichert das Modell die gewohnte Stabilität von Bildern, "wie es an einem anderen Ort ist", und eröffnet stattdessen neue Möglichkeiten, die Orte in ihrer subjektiven Wahrnehmung zu zeigen und auszudeuten.

Cristóbal Lehyt (* 1973) lebt und arbeitet in New York. Zu seinen bisherigen Ausstellungen zählen "New Ghost Entertainment Entitled", Or gallery und Kunsthaus Dresden (2006), "Metaphysics of Youth", Fuori Uso, Pescara (2006), Shanghai Biennale (2004) und "The American Effect", Whitney Museum of American Art New York (2003). Derzeit arbeitet er an Einzelausstellungen für die Fundación Telefonica und das Centro Cultural Matucana in Santiago Chile (2009) sowie das Carpenter Center der Harvard University, Cambridge/MA (2010).

Zur Ausstellung erscheint im Verlag JRP-Ringier ein Katalog mit Texten von Julia Bryan-Wilson, Sabeth Buchmann und Javier Tellez.

Mit freundlicher Unterstützung durch die Akademie Schloss Solitude.

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Cristobal Lehyt: Dramaprojektion