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Die Moderne lebt.

Die Avantgarden sind immer präsent. Malewitschs Grundformen, die konstruktivistischen Tendenzen des 20. Jahrhunderts, die geometrischen Kompositionen vom Bauhaus bis zur Op Art, die Raster und die serielle Ästhetik des Industrie- und Computerzeitalters – all dies klingt in DAGs Malerei an.

Unwillkürlich denkt man an den britischen Kunsthistoriker Timothy J. Clark, der die klassische Moderne als unsere Antike bezeichnet hat – ein universaler Formen- und Ideenkanon, aus dem sich unsere Kultur nach all den Jahrzehnten immer noch beharrlich speist. Die ergraute, ehrwürdig gewordene Moderne rekurriert auf sich selbst und erneuert sich dadurch; sie produziert ihre eigenen Frischzellen. Das Thema ist hochaktuell, denn mit ganz unterschiedlichen Ansätzen bedienen sich heute zahllose Künstler in diesem Fundus, der zwar sein utopisches Potenzial von einst eingebüßt hat, nicht aber seinen Reiz als identifikatorisches Kultur- und Daseinsmodell.

Und auch das ist DAGs Werk ohne Zweifel: Kunst in der Epoche der unbegrenzten Reproduzierbarkeit. Die Handschrift scheint getilgt, manche Bilder wirken auf den ersten Blick, als seien sie digital erstellt. Doch geht DAG den Weg in die Gegenrichtung. Er thematisiert das Kopierbare, Wiederholbare, aber er stellt es nicht her. Was technisch aussieht, ist es nicht. Vertieft man sich in die Arbeiten, dann erkennt man schnell ihre individuelle Methodik und das Manuelle, das alle Werke prägt – auch wenn vorgefertigte Elemente und einfache Grundmodule eine entscheidende Rolle spielen. DAG benutzt Bögen von farbigen Klebepunkten, arbeitet mit Lineal und Schablonen und beschränkt sich auf die essentiellen geometrischen Einheiten: Kreis, Dreieck, Raute oder Parallelogramm. Daraus setzt er alles zusammen, zum Auftrag auf die weiß grundierte Leinwand nutzt er einfache Grafik-Filzstifte. Das mag banal klingen, ist aber ein höchst komplexer Vorgang. DAG entwickelt eine Dialektik, die er sel bst gar nicht so konkret in Worte fassen mag: Einerseits löscht er alles Figürliche, Darstellerische, alles aufwendig Kunstvolle konsequent aus – um dann aber, gleichsam durch die Hintertür, doch zu malerischen Effekten zu gelangen, zu persönlichen Reflexen und vielen eigentümlichen Stellen, über die das Auge stolpert. Alles ist einzigartig, nichts wiederholbar.[...]

Sebastian Preuss