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Die Ausstellung „Das Große Rasenstück – Zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum“ ist das zentrale Kultur-Projekt der WM-Stadt Nürnberg. Zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 wird dieses „Kunst im öffentlichen Raum“-Projekt von den Kuratoren Raimar Stange (Berlin) und Florian Waldvogel (Frankfurt a.M.) realisiert.

Die Ausstellung beschäftigt sich mit den Themen „Nürnberg“, „Sport“ und (selbstverständlich vor allem) „Fußball“. Hierfür wurden (internationale) Künstler und Künstlerinnen eingeladen, die nicht nur durch ihre spannenden ästhetischen Ansätze auch weltweit längst für Furore sorgen, sondern sich schon weit im Vorfeld der Ausstellung mit diesen Inhalten auseinandergesetzt haben. Die beteiligten internationalen Künstlerinnen und Künstler sind in alphabetischer Reihenfolge:

Alexandra Bircken, Köln, D Neville Gabie, Gloucestershire, UK Olaf Metzel, München, D Jonathan Monk, Berlin, UK Olaf Nicolai, Berlin, D Dan Perjovschi, Bukarest, RO Elizabeth Peyton, New York, USA Uri Tzaig, Tel Aviv, IL Rirkrit Tiravanija, New York, USA Silke Wagner, Frankfurt a.M., D

Auf einer Achse zwischen Hauptbahnhof und Burg, der touristischen „Laufmeile“ Nürnbergs also, reihen sich vom 6. Mai bis 9. Juli 2006 zehn Arbeiten, die avancierte Positionen zeitgenössischer Kunst vorstellen. Damit ermöglicht die Fußball-Weltmeisterschaft, dank einer großzügigen Förderung durch den Deutschen Fußball-Bund, das Thema „Kunst im öffentlichen Raum“ so augenfällig wie intelligent zu platzieren.

Die Fragen nach der geschichtlichen und architektonischen Situation Nürnbergs sind ein Teil des Konzeptes. Zentral jedoch ist die Frage nach der Qualität von Kunst im öffentlichen Raum am Anfang des neuen Jahrtausends. Was kann Kunst im öffentlichen Raum noch leisten, wie politisch darf und muss sie sein, wie ästhetisch avanciert, oder, auf der anderen Seite: Wie populistisch, unterhaltend, ja dekorativ gibt sie sich zwangsläufig? Und: Was überhaupt noch ist öffentlicher Raum heute? All dies wird auf der Folie des Themas Fußball abgehandelt, der dabei mehr ist als bloßer MOTIVator, spielt er sich doch selbst prominent im öffentlichen Raum ab.

Die Kunstwerke:

Vier Kunstwerke der Ausstellung "Das Große Rasenstück" besetzen zentrale Plätze in der Nürnberger Altstadt.

Frauentorturm gegenüber dem Nürnberger Hauptbahnhof

Die Frankfurter Künstlerin Silke Wagner wird auf dem Frauentorturm eine 8 x 12 Meter große Neoninstallation verwirklichen. „When Saturday comes“ stellt Porträts, u. a. von Diego Maradona, Johann Cruyff und Symbole aus der Welt des Fußballs vor. Sie verwendet dabei eine Symbolik, die witzig-hintersinnige, aber auch kritische oder tragische Aspekte dieses Sports im wahrsten Sinne des Wortes „beleuchtet“. So z.B. die Flamme, die für das Unglück im Hillsborough-Stadion von Sheffield steht: Beim FA-Spiel (Football Association Challenge Cup, entspricht dem DFB-Pokal-Wettbewerb) FC Liverpool vs. Nottingham Forrest, bei dem mehrere Tausend Fans zuviel im Stadion waren, starben in Folge einer Massenpanik 96 Liverpooler Fans. Dürers „Betende Hände“ wiederum stehen für Diego Armando Maradona, der die „Hand Gottes“ für das Zustandekommen seines ersten Tores im Spiel Argentinien vs. England bei der WM 1986 in Mexiko bemühte.

Wagner, die sich mit der Neonarbeit der Sprache herkömmlicher Werbebotschaften auf Fassaden bedient, dreht deren „anpreisenden“ Charakter in einen kritisch-aufklärerischen um.

Insel Schütt

Der documenta-Teilnehmer Olaf Nicolai stellte fest, dass einige Plätze in der Nürnberger Altstadt nur als verwaiste Durchgangssituation verstanden werden und kaum zum Verweilen einladen. Daher war es sein Anliegen, die Insel Schütt als Ort einer urbanistischen Intervention mit Hilfe seiner Arbeit „Pavillons“ neu zu beleben. „Pavillon“, ein Begriff, der dem Vokabular der Gartenarchitektur entlehnt ist, wird hier übersetzt in den Sportbereich, denn in den Nicolai’schen „Pavillons“ kann man eine besondere Form des „street football“ spielen. Der Künstler wird gleichsam zum Städteplaner, der dem urbanen Raum einen neuen, lustbetonten Gebrauchswert verleiht.

Hauptmarkt

Der international renommierte documenta-Teilnehmer Olaf Metzel hat seine skulpturale Arbeit „Auf Wiedersehen“ für den Hauptmarkt entworfen. 780 Stadionsitze, Tribünenelemente und ein Stahlrohrgerüst bilden die 17 Meter hohe Skulptur, die an den WM-Pokal, an zerstörte Stadien oder an den legendären Tatlin-Turm erinnert. (Das 5 m hohe Monument „Mit voller Kraft“ wurde 1919 von Vladimir Tatlin für die III. Internationale entworfen, ein kleiner Nachbau steht heute im Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg). So treffen hier nicht nur High and Low, sowie Geschichte und Gegenwart aufeinander, sondern es wird zudem mit den ZuSCHAUersitzen der Moment der Wahrnehmung (von Zeit) thematisiert: Wie idyllisch etwa ist Geschichte, wie brisant Gegenwart – ein Denkmal im besten Sinne. Olaf Metzel zählt zu den renommiertesten deutschen Künstlern. Der Künstler beschäftigt sich immer wieder intensiv mit dem Thema Sport, so in Istanbul, wo er mit Christoph Daum den Kiosk „Besiktas Jimnastik Kulübü“ einrichtete, in dem man Fandevotionalien erwerben konnte.

Sebalder Platz

Ganz ruhig hingegen ist die Arbeit des Briten Jonathan Monk. Auf dem Sebalder Platz und im Brunnengässchen steht das Skulpturenpaar „Altered to Suit (Sol LeWitt incomplete open cube 6/23, 1974)“: Zwei pulverbeschichtete Aluminiumtore, im Abstand von 105 Metern (Länge eines Fußballfelds) aufgestellt, erinnern an das Champions-League-Spiel Real Madrid gegen Borussia Dortmund am 1. April 1998, bei dem eines der beiden Fußballtore zusammenbrach, aber auch an Skulpturen des im Titel angesprochenen US-amerikanischen Minimal-Art-Künstlers.

Zwei Werke dienen als Klammer oder „Roter Faden“, welche die Werke auf der Achse Hauptbahnhof – Burg quasi verbinden:

Der in England lebende Südafrikaner Neville Gabie wird mit zwölf großen Werbetafeln im öffentlichen Raum mit Fotografien aus seiner Publikation "Posts" und weiteren Bildern von Toren, die er in Nürnberg gemacht hat, vertreten sein.

Der Rumäne Dan Perjovschi ist als Nürnberger „Stadtzeichner“ mit seiner Arbeit „Lets try Football, my foot!“ während der gesamten Ausstellungsdauer aktiv. Seine mit Kreide gezeichneten und deshalb flüchtigen Kommentare zum Alltagsgeschehen und zur Fußball-WM tauchen überall in der Altstadt auf.

Ganz besonders deutlich für die mit der Ausstellung "Das Große Rasenstück" verbundene Frage nach dem, was öffentlicher Raum heute ist und welche Funktion Kunst in ihm haben kann, stehen drei Kunstwerke:

Pünktlich zur WM 2006 erstellt der Fußballfan und aktuelle Hugo-Boss-Preisträger Rirkrit Tiravanija für „Das Große Rasenstück“ ein „Kochbuch für die Halbzeitpause“. Es enthält 16 Rezepte – für jedes Spiel ab Achtelfinale bis zum Finale eines – und vier zusätzliche für eventuelle Verlängerungen. Das Kochbuch erscheint im Verlag für Moderne Kunst und ist in den Buchhandlungen erhältlich.

Uri Tzaig hinterfragt in seiner künstlerischen Arbeit sportliche Spielregeln und deckt deren Funktion auf, Wettbewerb nicht nur zu leiten, sondern auch zu initiieren. So in seinem Video „The Universal Square“ (1996/2006), in dem die Mannschaften mit zwei Bällen spielen müssen. Das Video „staring“ wird auf Monitoren in vier Bussen der Linie 36 gezeigt.

Elizabeth Peyton, eine der derzeit weltweit erfolgreichsten Malerinnen, wird ihre Arbeit „George (George Best)“ in einem der bekanntesten öffentlichen Orte einer Stadt zeigen – dem Rathaus.

Den Schlusspunkt der Ausstellung setzt die junge Kölner Künstlerin Alexandra Bircken. Sie knüpft eine Skulptur aus Tornetzen, die in den Durchgang des Tiergärtnertors gehängt wird.

Auch der Katalog vereinigt die Schnittpunkte des öffentlichen Raums, des Sports und der Kunst: Als Stadtführer konzipiert, wird die Publikation Texte zur Urbanität, zu den Themen Fußball, WM, Nürnberg, natürlich Texte zu den Künstlern und deren für Nürnberg erstellte Arbeiten enthalten. Um die Funktion als Fußballbuch zu unterstreichen, sind die Abbildungen der Kunstwerke als Klebebilder beigefügt.

Pressetext

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Das Große Rasenstück – Zeitgenössische Kunst im öffentlichen Raum
Eine Ausstellung der Stadt Nürnberg und des Deutschen Fußball-Bundes in der Nürnberger Altstadt
Kuratoren: Raimar Stange, Florian Waldvogel

mit Olaf Metzel, Olaf Nicolai, Silke Wagner, Alexandra Bircken, Jonathan Monk, Dan Perjovschi, Rirkrit Tiravanija, Neville Gabie, Uri Tzaig, Elizabeth Peyton