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TERMINE

Donnerstag, 4. Juli 2019, 19 Uhr
»Das Fahrrad» (Evelyn Schmidt, DDR 1981)
Im Rahmen der Filmreihe DEFA-Frauenfilme
SCALA Programmkino, Apothekenstrasse 17, 21335 Lueneburg
Länge: 89 min
Eintritt frei
Im Rahmen der Filmreihe DEFA-Frauenfilme, die sich mit dem Frauenbild sozialistischer Gesellschaften beschaeftigt, zeigt die Halle fuer Kunst »Das Fahrrad» von Evelyn Schmidt aus dem Jahr 1981.
Susanne ist alleinerziehende Mutter. Als ungelernte Arbeiterin steht sie auch in der DDR am unteren Ende der beruflichen und sozialen Hierarchie. Freundinnen und Bekanntschaften sucht sie unter Außenseiterinnen. Nachdem sie ihre monotone Arbeit als Stanzerin gekuendigt hat, wird das Geld immer knapper. Von einer Freundin ermuntert, meldet sie ihr Fahrrad als gestohlen und kassiert die Versicherungssumme. Gerade als sie sich zu fangen scheint und in einer Beziehung mit dem strebsamen Ingenieur Thomas gluecklich zu werden hofft, fliegt der Betrug auf. Susanne droht ein Strafverfahren. Als sie Thomas die Sache gesteht, stoeßt sie auf Unverstaendnis. Er unterstuetzt sie zwar, vermag ihre Lebensweise jedoch nicht zu akzeptieren. Sie trennt sich und ist entschlossen, ihr Leben zu veraendern. Als praezise Sozialstudie zeichnet »Das Fahrrad» ein realistisches Bild der DDR - ihrer sozialen Verkrustungen wie alternativen Freiraeume -, ohne diese zu idealisieren. Dem Film gelingt es dabei, die Kluft zwischen den Klassen in der DDR-Gesellschaft sensibel nachzuzeichnen und damit ein Tabuthema anzusprechen.
Evelyn Schmidt (*1949 in Goerlitz) studierte Regie an der Hochschule fuer Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg. Sie war die erste Absolventin der Filmhochschule. Im Anschluss an ihr Studium arbeitet sie als Regisseurin bei der DEFA und drehte dort zwischen 1980 und 1990 vier Spielfilme: »Seitensprung», »Das Fahrrad», »Auf dem Sprung» und »Der Hut». Es sind eigenwillige, sozialkritische Filme, und vor allem »Das Fahrrad» wurde von der DDR-Kritik ueberwiegend abgelehnt und als »verwirrend» und »misslungen» eingestuft. Nach der Wiedervereinigung konnte Evelyn Schmidt keinen Spielfilm mehr realisieren.

Donnerstag, 27. Juni 2019, 19 Uhr
»Solo Sunny» (Konrad Wolf, DDR 1980)
Im Rahmen der Filmreihe DEFA-Frauenfilme
SCALA Programmkino, Apothekenstrasse 17, 21335 Lueneburg
Länge: 116 min
Eintritt frei
Im Rahmen der Filmreihe DEFA-Frauenfilme, die sich mit dem Frauenbild sozialistischer Gesellschaften beschaeftigt, zeigt die Halle fuer Kunst »Solo Sunny» von Konrad Wolf aus dem Jahr 1980.
Die fruehere Arbeiterin Ingrid, hat es - so scheint es - »geschafft». Sie tourt unter dem Namen »Sunny» als Saengerin mit den »Tornados» durch die Tanzsaele und Klubhaeuser der Doerfer und Kleinstaedte der DDR. Sie ist ehrgeizig und selbstbewusst. Vormachen und vorschreiben laesst sich Sunny nichts, auch nicht, mit wem sie schlaeft. Aber sie ist auch verletzlich und sehnt sich nach persoenlichem Glueck und Anerkennung. Der Taxifahrer Harry himmelt sie an, doch seine Lebensmaxime, die »schnelle Mark», ist nicht die ihre. Sunny verliebt sich in Ralph, einen Philosophen. Dessen halbherzige Erwiderung ihrer Gefuehle reicht Sunny aber nicht. Auch muss sie sich den staendigen Nachstellungen ihres Kollegen Norbert erwehren. Die Einzige, die zu ihr steht, ist ihre Freundin und fruehere Kollegin Christine. Als ein Streit mit Norbert eskaliert und der dreiste Moderator und Chef der Gruppe Sunny auf der Buehne beleidigt, fliegt sie aus der Band. Sunny kehrt in ihren alten Beruf zurueck, kuendigt jedoch bald wieder. Sie gibt aber nicht auf, sondern beginnt mit einer neuen Band im Hinterhaus am Prenzlauer Berg zu proben.
»Solo Sunny» ist ein Film ueber eine Außenseiterin der DDR-Gesellschaft und ihre Ansprueche an das Leben. Er ist ein Plaedoyer gegen gesellschaftliche Bevormundung und fuer Individualitaet sowie dafuer, den eigenen Weg zu gehen. »Solo Sunny» gewann 1980 den Filmkritikerpreis auf der Berlinale und Renate Kroeßner fuer ihre Verkoerperung der »Sunny» den »Silbernen Baeren» als beste Darstellerin.
Konrad Wolf ( 1925 in Hechingen; † 1982 in Ost-Berlin) emigrierte 1933 als 8-jaehriger mit seiner Familie zunaechst nach Frankreich und von dort aus nach Moskau, wo er die sowjetische Staatsangehoerigkeit erwarb. Mit 17 Jahren trat er in die Rote Armee ein und gehoerte 1945 zu den Truppen, die Berlin einnahmen und befreiten. Weiter in Armeeuniform arbeitete Wolf nach Ende des Zweiten Weltkrieges zunaechst als Sonderkorrespondent bei der Berliner Zeitung, spaeter als Pressezensor und Kulturreferent der Sowjetischen Militaeradministration in Halle (Saale). 1946 wurde er als Oberleutnant aus der Roten Armee entlassen. Bis 1948 war er Referent fuer Jugenderziehung, Studentinnen und Sport in der Abteilung Agitation und Propaganda des Hauses fuer Kultur der Sowjetunion in Berlin. 1952 nahm er die Staatsbuergerschaft der DDR an und wurde zugleich Mitglied der SED. Von 1965 bis 1982 war er Praesident der Akademie der Kuenste der DDR. Konrad Wolf studierte von 1949 bis 1954 an der Moskauer Filmhochschule und arbeitete im Anschluss als Regisseur bei der DEFA, wo er zu einem der wichtigsten Regisseure wurde. Mit »Solo Sunny» drehte Konrad Wolf seinen letzten Film.

Donnerstag, 20. Juni 2019, 19 Uhr
»Unser kurzes Leben» (Lothar Warneke, DDR 1981)
Im Rahmen der Filmreihe DEFA-Frauenfilme
SCALA Programmkino, Apothekenstrasse 17, 21335 Lueneburg
Länge: 116 min
Eintritt frei
Im Rahmen der Filmreihe »DEFA-Frauenfilme», die sich mit dem Frauenbild sozialistischer Gesellschaften beschaeftigt, zeigt die Halle fuer Kunst »Unser kurzes Leben» von Lothar Warneke aus dem Jahr 1981. »Unser kurzes Leben» ist eine DEFA-Literaturverfilmung nach Motiven des autobiografisch gepraegten, unvollendeten Romans »Franziska Linkerhand» von Brigitte Reimann, der 1974 posthum in Ost-Berlin erschien.
Die junge, ehrgeizige Architektin Franziska Linkerhand entschließt sich nach ihrer Scheidung fuer ein Jahr in die Provinz zu gehen. Sie will sich von der Ehe aber auch von ihrem Professor, mit dem sie bisher zusammen gearbeitet hat, freimachen. Dort angekommen wird sie dem bestehenden Stadtarchitekturbuero zugewiesen. Sie trifft auf ein Kollektiv, das laengst vor den Zwaengen der Praxis kapituliert hat. Doch Franziska moechte ihren Traum vom menschenfreundlichen Bauen nicht aufgeben. Sie vertritt rigoros ihren Anspruch, Ideal und Wirklichkeit in Uebereinstimmung zu bringen und moechte die Trennung von Wohnen, Arbeiten und Leben, wie sie in der Plattenbausiedlung in der Vorstadt gerade in Beton gegossen wird, aufheben. Ihr Anspruch geraet in scharfen Konflikt mit den oekonomischen Zwaengen, mit ideologischer Verkrustung und der resignativen Haltung ihrer Architekten-Kollegen. Auseinandersetzungen sind vorprogrammiert. Im Kipperfahrer Trojanovicz lernt sie einen neuen Partner kennen, doch die Beziehung scheitert an dessen angepasster Haltung. Die Zusammenarbeit mit ihrem neuen Chef entwickelt sich hingegen nach anfaenglichen Schwierigkeiten deutlich positiver. Franziska entschließt sich nach dem Jahr in der Provinz zu bleiben und nicht nach Ost-Berlin zurueckzugehen. Lothar Warneke (* 1936 in Leipzig; † 2005 in Potsdam) studiert zunaechst Theologie in Leipzig, gefolgt von einem Regie-Studium an der Hochschule fuer Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg. Nach dem Studium ist er erst mal als Regieassistent bei der DEFA taetig, bevor er eigene Filme zu realisieren beginnt. Warneke zaehlt zu den wichtigsten DEFA-Regisseuren der 1970er und 1980er Jahre. 1980 wird er Vizepraesident des Verbandes der Film- und Fernsehschaffenden der DDR. Zudem lehrt er an der Hochschule fuer Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg. Nach dem Zusammenbruch der DDR erhaelt Lothar Warneke keine Filmfoerderungen mehr und realisiert aufgrund dessen keine weiteren Spielfilme.

Donnerstag, 13. Juni 2019, 19 Uhr
»Karla» (Herrmann Zschoche, DDR 1965)
Im Rahmen der Filmreihe DEFA-Frauenfilme
Ort: SCALA Programmkino, Apothekenstrasse 17, 21335 Lueneburg
Eintritt frei
Im Rahmen der Filmreihe DEFA-Frauenfilme, die sich mit dem Frauenbild sozialistischer Gesellschaften beschaeftigt, zeigt die Halle fuer »Kunst Karla» von Herrmann Zschoche aus dem Jahr 1965.
Die junge Lehrerin Karla Blum tritt nach ihrem Studium ihre erste Stelle mit großen Ambitionen in einer Kleinstadt im Norden der DDR an. Sie moechte ihren Schuelerinnen nicht nur Fakten vermitteln, sondern sie vor allem zu selbstaendigem und kritischem Denken anregen. Doch bei allen – Jugendlichen, Kolleginnen, Direktor wie Schulraetin – stoeßt sie auf Unverstaendnis, steht doch ihr unkonventionelles Verhalten im Widerspruch zu den staatlich verordneten Prinzipien. Nur der von Krieg und Nachkriegszeit gepraegte Rektor, der alles Staatsbuerokratische verabscheut und noch der Generation angehoert, auf der der antifaschistische Gruendungsmythos der DDR beruhte, versucht Karla zunaechst noch zu unterstuetzen. Und auch in der gleichberechtigten Beziehung zu ihrem Freund Kaspar, einem Journalisten, der, da er die Verbrechen Stalins nicht aufdecken durfte, aus Protest seinen Beruf an den Nagel haengte, findet Karla Rueckhalt. Nach einer Niederlage passt sie sich jedoch an, gibt Stueck fuer Stueck ihre Ideale und ihre unbequeme Haltung auf. Als sie fuer ihren Unterricht einen Preis erhaelt, merkt Karla aber, dass sie den Forderungen der Schulleitung nachgegeben und innerlich resigniert hat. Diese Erkenntnis laesst sie zu ihrer urspruenglichen, nach Ehrlichkeit strebenden Haltung und damit zu ihrer Persoenlichkeit zurueckfinden. Am Ende wird Karla in eine andere Schule zwangsversetzt.
Nicht nur die junge, unbequeme Lehrerin Karla Blum, auch der Film »Karla“ hatte Mitte der 1960er Jahre in der DDR keine Chance. Wegen seines Plaedoyers fuer Meinungsfreiheit und seinem ungebremsten Anspruch auf Individualitaet fiel seine Auffuehrung der Zensur des 11. Plenums des Zentralkomitees der SED zum Opfer und wurde in der DDR verboten. Damit zaehlt »Karla» zu den sogenannten Kellerfilmen der DEFA. Seine Premiere fand erst im Juni 1990 im Berliner Kino International statt.
Herrmann Zschoche (geb.1934 in Dresden) begann seinen beruflichen Werdegang als Assistent und Kameramann bei der Nachrichtensendung des Fernsehens der DDR, der »Aktuellen Kamera». Nach einem Regiestudium an der Hochschule fuer Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg kam Zschoche als Regieassistent zum DEFA-Studio fuer Spielfilme, wo er ab 1961 selbst als Regisseur taetig war. Bekannt wurde er sowohl fuer seine Kinder- und Jugendfilme als auch fuer seine kritischen Gegenwartsfilme. Zschoche gehoerte zu den produktivsten und erfolgreichsten Filmemacher*innen der DDR. Nach der Wende war er vor allem an Fernsehserien und -reihen beteiligt, bevor er sich 1997 weitgehend aus dem Filmgeschaeft zurueckzog. Seither ist Zschoche als Autor taetig und veroeffentlichte mehrere Sachbuecher: Unter anderem Reiseberichte und Lebenserinnerungen unterschiedlicher Maler, darunter mehrere Werke zu Caspar David Friedrich. »Karla» war der erste große Spielfilm Herrmann Zschoches, gedreht nach einer Vorlage des Autors Ulrich Plenzdorf.

Donnerstag, 06. Juni 2019, 19 Uhr
»Kaskade rueckwaerts» (Iris Gusner, DDR 1984)
Im Rahmen der Filmreihe DEFA-Frauenfilme
SCALA Programmkino, Apothekenstrasse 17, 21335 Lueneburg
Eintritt frei
Im Rahmen der Filmreihe »DEFA-Frauenfilme», die sich mit dem Frauenbild sozialistischer Gesellschaften beschaeftigt, zeigt die Halle fuer Kunst »Kaskade rueckwaerts» von Iris Gusner aus dem Jahr 1984.
Die verwitwete, allein erziehende Maja Wegner faengt noch einmal von vorne an: Sie will ihre eingefahrenen privaten und beruflichen Gleise verlassen und ein neues Leben beginnen. Ihre Stellung als Dispatcherin beim Kraftverkehr gibt sie auf, verkauft ihr Haus auf dem Land, zieht mit ihrer pubertierenden Tochter, die ihr vorwirft, ihr Leben nur noch der »Grabpflege» zu widmen, in die Großstadt nach Ostberlin und sucht sich als Zugschaffnerin Arbeit bei der Reichsbahn. In dem großen Mietshaus, in dem beide in Berlin schließlich landen, schließt sie schnell Freundschaften. Um eine Partner zu finden, gibt sie eine Annonce auf, befindet jedoch zusammen mit ihrer neuen Freundin, der Professorengattin Carola, den Bewerber fuer ungeeignet. Und auch der Musiker Toni, der ueber ihr wohnt, entpuppt sich als Enttaeuschung.
Der Filmtitel »Kaskade rueckwaerts» ist dem Reitsport entlehnt. Mithilfe einer Kaskade rueckwaerts kann derdie Reiterin in ausweglosen Situationen mit einer Rolle rueckwaerts vom Pferd abspringen. Dieser Bezug dient als stilistisches Mittel, um auf die Dringlichkeit aber auch die Moeglichkeit eines Neuanfangs der Hauptfigur Maja Wegner zu verweisen. Eine Frau, die sich selbst finden und verwirklichen wollte, stieß im sozialistischen Alltag jedoch auf wenig Gegenliebe. So wurde der Film nach vielen negativen Kritiken in den Kinos der DDR nicht mehr gezeigt.
Iris Gusner (geb. 1942 in Trautenaz, Tschechien) studierte an der Deutschen Hochschule fuer Filmkunst in Potsdam-Babelsberg und an der Filmhochschule Moskau Regie und bekam ihre beiden Toechter waehrend des Studiums. Ihr aelteste Tochter, Amina Gusner, hatte in »Kaskade rueckwaerts» ihren ersten Filmauftritt. Gusner war seit 1970 beim DEFA-Studio fuer Spielfilme taetig und eine der wenigen Regisseurinnen, die bei der DEFA Spielfilme realisieren konnten. Ihren ersten eigenen Film drehte sie mit »Die Taube auf dem Dach» im Jahr 1973. Dieser wurde jedoch nicht zur Auffuehrung freigegeben, sondern zensiert und vernichtet. Erst 1990 gelangt eine Arbeitsfassung zur Auffuehrung. Danach inszenierte Iris Gusner noch sechs weitere Spielfilme fuer die DEFA bevor sie im Sommer 1989 die DDR verließ und nach Koeln ging. Heute lebt sie wieder in Berlin.

Die Filmreihe sowie das Jahresprogramm der Halle fuer Kunst Lueneburg werden ermoeglicht durch die grosszuegige Foerderung des Landes Niedersachsen, der Sparkassenstiftung Lueneburg und der Hansestadt Lueneburg.

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AUSSTELLUNG

DEFA-Frauenfilme
Filmreihe der Halle fuer Kunst im SCALA Programmkino

06.06.2019 - 11.07.2019
jeweils Donnerstags, 19 Uhr
Ort: SCALA Programmkino, Apothekenstrasse 17, 21335 Lueneburg
Eintritt frei

Die Filmreihe beschaeftigt sich anhand von Frauenfilmen der DEFA – der staatlichen Filmgesellschaft der DDR – mit dem Frauenbild sozialistischer Gesellschaften.

Wie in der BRD entstanden auch in der DDR Frauenfilme; womit Filme gemeint sind, die ueberwiegend in den 1970er und 80er Jahren gedreht wurden und mit emanzipatorischer Zielsetzung um weibliche Figuren kreisen. Damit standen Frauenfilme im starken Gegensatz zum »klassischen» Film, dessen Frauenbild meist auf Rollenklischees - etwa der Frau als Mutter oder Femme fatale - basierte. Im Zuge der zweiten Frauenbewegung, die sich parallel zum gesellschaftlichen Aufbruch der 1960er Jahre vollzog, versuchten Frauenfilme so eindimensionale und klischeehafte Darstellungen von Frauen zu durchbrechen. Interessant ist hier, dass sich die Voraussetzungen des Frauenfilms in West- und Ostdeutschland jedoch maßgeblich unterschieden. Waehrend das offizielle Frauenbild der DDR spaetestens seit Beginn der 1970er Jahre die Vereinbarkeit von Berufstaetigkeit und Mutterschaft propagierte, gruendete das noch in der jungen BRD geltende buergerliche Frauenbild hingegen in patriarchalischen Ehe- und Familienstrukturen. Frauen waren entsprechend sozial und oekonomisch vom Mann abhaengig und vor allem fuer den haeuslichen und familiaeren Bereich zustaendig.

Das in der DDR propagierte sozialistische Frauenbild stand jedoch im Widerspruch zum Alltag der meisten Frauen. Denn Gleichberechtigung vollzog sich lediglich in der Teilhabe an bezahlter Produktionsarbeit, nicht aber in Beziehung, Familie, Kindererziehung und Verrichtung von »unproduktiver» Hausarbeit. Das sozialistische Frauenbild verdankte sich naemlich mitnichten einem emanzipatorischen Denken, sondern lediglich einem sich immer staerker zuspitzendem Geburtenrueckgang sowie oekonomischen Engpaessen, weshalb die Frauen schlichtweg als Arbeitskraefte fuer die strauchelnde sozialistische Planwirtschaft gebraucht wurden.

Wenn folglich, trotz behaupteter Gleichstellung und flaechendeckender Frauenerwerbstaetigkeit, auch in sozialistischen Gesellschaften traditionelle Geschlechterverhaeltnisse letztlich nicht in Frage gestellt wurden, fuehrte das gewuenschte und gefoerderte Frauenbild dennoch zu einer (finanziellen) Unabhaengigkeit, sodass sich Frauen in der DDR schon sehr frueh nicht mehr allein ueber den privaten und familiaeren Bereich definierten, sondern ihr Selbstverstaendnis stark an ihre Berufstaetigkeit gekoppelt war, mit der sowohl Selbstbestaetigung als auch Selbstverwirklichung einherging. Diese Diskrepanz wie auch die daraus resultierenden Schwierigkeiten – etwa Mehr- und Ueberbelastung, Lohnungleichheit und schlechtere berufliche Aufstiegschancen – wurden in den Frauenfilmen der DEFA explizit thematisiert und stehen somit im Fokus der gezeigten Filme.

Ausgangspunkt der Filmreihe ist ein Nachdenken darueber, dass all die beschriebenen Probleme, Fragen und Zwiespaelte genau dieselben sind, mit denen wir heute – 50 Jahre spaeter und unter komplett anderen gesellschaftlichen Bedingungen – immer noch zu kaempfen haben und an denen wir immer noch scheitern. Von Interesse ist aber auch die Idealisierung oder Behauptung, dass viele Leben in einem moeglich waeren. Und wie verwirrend ist es, dass genau dieses Konzept der Vereinbarkeit von Beruf und Familie – ebenso wie Konzepte der Selbstverwirklichung und Sexuellen Befreiung –, fuer die Dekaden gekaempft wurden, nun im (Selbstverwirklichungs-)Forderungskatalog neoliberalisierter Gesellschaften integriert zum Zerrbild verkommen sind; wobei die daraus resultierenden Widersprueche nach wie vor individualisiert dem Einzelnen ueberlassen und eben nicht gesellschaftlich aufgeloest werden.

Termine

»Kaskade rueckwaerts», DDR 1984, Regie: Iris Gusner, 94 min
Donnerstag, 06. Juni 2019, 19 Uhr

»Karla», DDR 1965, Regie: Herrmann Zschoche, 128 min
Donnerstag, 13. Juni 2019, 19 Uhr

»Unser kurzes Leben», DDR 1981, Regie: Lothar Warneke, 116 min
Donnerstag, 20. Juni 2019, 19 Uhr

»Solo Sunny», DDR 1980, Regie: Konrad Wolf, 104 min
Donnerstag, 27. Juni 2019, 19 Uhr

»Das Fahrrad», DDR 1982, Regie: Evelyn Schmidt, 90 min
Donnerstag, 04. Juli 2019, 19 Uhr

»Bis dass der Tod euch scheidet», DDR 1979, Regie: Heiner Carow, 96 min
Donnerstag, 11. Juli 2019, 19 Uhr

Die Filmreihe sowie das Jahresprogramm der Halle fuer Kunst Lueneburg werden ermoeglicht durch die grosszuegige Foerderung des Landes Niedersachsen, der Sparkassenstiftung Lueneburg und der Hansestadt Lueneburg.