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Die Ausstellung Derridas Katze beschäftigt sich mit dem Verhältnis zwischen Mensch und Tier. Grundlage bildet die Annahme einer Interdependenz zwischen Mensch und Tier, welche sich – aus der Sicht des Menschen – nicht ausschliesslich utilitaristisch begründen, und in Sprache oder wissenschaftlichen Modellen alleine festhalten lässt. For thinking concerning the animal, if there is such a thing, derives from poetry. – Jacques Derrida

Anhand von 24 künstlerischen Positionen und Projekten wirft die Ausstellung Derridas Katze, einen kritischen Blick auf den etablierten Narzissmus des Menschen und dessen begriffliche Wurzeln. Der Mensch braucht und gebraucht Tiere als Nahrung, als Liebesspender und Arbeiter, er nutzt sie als Projektionsfläche oder auch als Symbol seiner Überlegenheit. Ob die Tiere den Menschen brauchen, ist hingegen fragwürdiger - und auch abhängig von der jeweiligen Rasse. Der Hund beispielsweise lebt seit 130.000 Jahren mit dem Menschen; er sucht dessen Gesellschaft von sich aus, während manch bedrohte Tierart den Menschen nur braucht, weil dieser seine Lebenswelt verändert hat. Dies ist ein Faktum, aus dem eine ethische Forderung entstehen dürfte, über deren theoretischer Begründung in der Ausstellung Derridas Katze reflektiert werden soll. In ironischer Bestätigung des Postulats der Überlegenheit des Menschen, wird der menschliche Blick auf andere Lebewesen – analytisch und darum distanziert – als Ausgangspunkt und Blickachse zum Thema der Ausstellung. (à suivre) / (to be continued) In Anlehnung an den Philosophen Jacques Derrida, der die begrifflichen Grundlagen des menschlichen Herrschaftsgedankens dekonstruiert und neu entwirft, ist die Ausstellung Derridas Katze als offene Materialsammlung konzipiert und dabei betont unvollständig gehalten.

Der Mensch war in unserer Kultur (...) stets das Resultat einer Teilung und zugleich einer Gliederung des Animalischen und Humanen, wobei einer der beiden Begriffe jeweils auf dem Spiel stand. Die herrschende Machine unserer Konzeption des Menschen auszuschalten, bedeutet also nicht, nach neuen, effizienteren und authentischeren Verbindungen zu suchen, als vielmehr die zentrale Leere auszustellen, den Hiat, der – im Menschen – den Menschen vom Tier trennt, bedeutet also, sich in dieser Leere aufs Spiel zu setzen: Aufhebung der Aufhebung, shabbat sowohl des Tieres als auch des Menschen. – Giorgio Agamben

Derridas Katze Jacques Derrida geht in sein Badezimmer. Er ist nackt. Im Badezimmer sitzt seine Katze, sie betrachtet ihn. Nicht irgendeine Katze, sondern eine ganz konkrete Katze, welche mit ihm den Lebensraum teilt. Sie sieht ihn nackt. Das Gefühl der Nacktheit, evoziert durch den Blick eines anderen Wesens (des ganz Anderen), gibt Derrida Anlass, über die Frage nachzudenken, warum er sich nackt (verletzlich) fühlt, und warum dieser Moment des Betrachtetwerdens, von dem Blick (s)einer Katze gefangen zu sein, entscheidend ist für das Denken der Beziehung zwischen Mensch und Tier. Das autobiographische Tier, der Mensch, definiert sich - verankert in der Geschichte der Genesis - durch das Sonderrecht, anderen Wesen Namen zu geben und sie in objektivierbare Kategorien zu unterteilen. Denkende Subjektivität und Individualität gehören nach humanistischen Idealen zum Menschen. Sie werden unhinterfragt zur Begründung und Rechtfertigung einer gewaltsamen Praktizierung von Vorherrschaft genutzt.

... que donc je suis / das was ich bin und dem ich folge Doch die Katze sieht auch ihn. Auch als er ihr den Rücken kehrt, betrachtet sie ihn. So ist auch er ein Objekt des individuellen Blickes (s)eines Tieres. In dem Gewahrwerden der Einmaligkeit, der Individualität und der Autonomie des Tieres, bricht vielleicht sogar das Argument der menschlichen Herrschaft weg. Denn wo autonome Individuen sich treffen, ist die Möglichkeit eines Austausches, die Möglichkeit von Rede und Antwort, gegeben - auch zwischen Mensch und Tier?

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Derridas Katze ... que donc je suis (à suivre)
Kuratoren: Alice Goudsmit, Barbara Buchmaier

Künstler: Carla Ahlander, China Ahlander, Gehrd Grothusen, Ethan Hayes-Chute, Sylvia Henrich, Herorats , Ingvild Hovland Kaldal, Ane Lan, Lotte Konow Lund, Tea Mäkipää, Ulrike Mohr, Susanne Nissen, Yuka Oyama & Becky Yee, Juan Pancorbo, Lucy Powell, Petri Raappana, Peter Nansen Scherfig, Louise Schrader, Nino Sekhniashvili, Starship  (Ariane Müller & Martin Ebner), Lisa Strömbeck, Eve K. Tremblay, Gernot Wieland