press release only in german

Deutsche Afrikanische Demokratie

Die Ausstellung “Deutsche Afrikanische Demokratie“ präsentiert aktuelle Film- und Collagearbeiten von BitteBitteJaJa. Ulu Braun und Roland Seidel arbeiten seit 1997 unter diesem Künstlernamen zusammen. BitteBitteJaJa reflektieren poetisch die Mittel der Bildproduktion in Malerei, Grafik, Performance und Film. Unter Verwendung der Collage-Technik setzten sie sich mit den Phänomenen des Alltags auseinander und haben damit alles in der Hand: Produktion, Dekonstruktion, Realität und Fiktion.

Der experimentelle Dokumentarfilm “Rekorder“, mit dem Untertitel “noch mal durchs Herz führen“, thematisiert die Verschmelzung von Gegenwart und Geschichte mittels einer fiktiven Reise nach Afrika. Konzept und Handlung des Videos sind während des Drehs entwickelt und unterliegen der Improvisation. Produzenten, Team und Akteure sind identisch, der Arbeitsprozess wird enthüllt und thematisiert. Zusätzlich zu den eigenen Green Screen Aufnahmen verwendet BitteBitteJaJa Material das einem Bild- und Videoarchiv aus TV und dem Internet entstammt. Der erste Teil von “Rekorder“ behandelt die technischen und kreativen Bedingungen der Produktion. Schwierigkeiten mit der Hard- und Software werden dokumentarisch offen gelegt und versinnbildlichen den Prozess von der Idee zum Resultat. BitteBitteJaJa loten aus wie weit man mit den Werkzeugen der „Neuen Medien“ gehen kann. Der Film entwickelt sich während des Drehs, kreative Gespräche und performative Elemente vermischen sich. Die Autoren bewegen sich in der Ateliersituation, innerhalb der Software sowie in der Stadt. Im Mittelteil des Videos verschmelzen zunehmend Mystik, Realität, Analyse, Dokumentation und Fiktion zu einer dichten Abfolge sich gegenseitig bedingender Bilder. Im letzten Teil verknüpfen sich poetische Bilder mit kunsthistorischen Zitaten unterlegt mit der Kantate 106 Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit von J.S. Bach. BitteBitteJaJa verfremden bestehende Videoszenen durch Verschränkung digitaler Bildmedien mit herabstürzenden Alltagsobjekten wie Holz und Zuckerwürfeln.

Wir begeben uns auf eine Reise, wir erkennen, assoziieren, versuchen zu benennen. Doch BitteBitteJaJa machen uns für Momente orientierungslos, gleichzeitig sind wir nicht verloren auf der Suche nach der einen Wahrheit. Der Betrachter ist herausgefordert die unterschiedlichen Realitäten als eine Wirklichkeit wahrzunehmen. Ob die Bilder ursprünglich der Fiktion oder der Realität entspringen spielt keine Rolle mehr: Die Wirklichkeit ist eine Collage, auch der Ausstellungstitel. Die Worte „Deutsch“, „Afrikanisch“ und „Demokratie“ sind weder antonym noch synonym, noch beschreiben sie etwas real Existierendes. Die Wahl der Worte ist eine intuitiv Ästhetische und gerade dadurch schimmert ein Funke Wahrheit hervor.

Der Medienwechsel ist ein wichtiges Ausdruckmittel BitteBitteJaJas. Mit der Edition “Rekorder - Fotos“, die parallel zu den Dreharbeiten entstanden sind, bieten sie uns einen weiteren Blick auf die Produktion. Die Fotografien betonen das Performative und die Aktion am Set. Der Fall und “Hiesige Hornissen“, zwei weiterführende Arbeiten, sind durch Bildelemente, wie Schokolade bzw. Bienen, mittels digitaler Bildbearbeitung transferiert worden. “Mars“, ein Objet Trouvé, ist ein fremder Planet über dem Kühlschrank in heimischer Küche. Im Untergeschoß befindet sich das Buch von 1998, eines der ersten gemeinsamen Bücher von BitteBitteJaJa. Eine Fortführung der Auseinandersetzung mit dem Medium des Buches findet sich in der Fotografie “Perpetuum Mobile“. Die Arbeit “Afrika bei Nacht“ ist eine textuelle Neuvermessung des afrikanischen Kontinentes.

Existenz, Aktivität und Ort sind das Thema der Collagen “Cadavre Exquises“. Getreu der surrealistischen Methode bauen BitteBitteJaJa das Bild einer Figur in mehreren Schritten auf. Diese Vorgehensweise bietet ein unfehlbares Mittel kritisch- kontrollierendes Denken zu umgehen. BitteBitteJaJa praktizieren diese Methode der kollektiven Collage seit 1997 kontinuierlich. Die “Cadavre Exquises“, die in der Ausstellung präsentiert werden, sind zwischen Canterbury (Kopf), Potsdam (Körper), Wien (Füße) entstanden. Deutsche Afrikanische Demokratie eben!

Sonja Vohland

only in german

Deutsche Afrikanische Demokratie
BitteBitteJaJa